1.2017
49
den müssen. Seine Klage war erfolgreich.
Der Gesellschaft steht ein Stimmrecht
zu. Unter der Geltung des Kopfstimm
rechts kann eine nachträgliche Vermeh
rung von Stimmrechten eintreten, wenn
ein Eigentümer mehrere Einheiten hält
und diese veräußert. Die Gesellschaft
war auch nicht aus dem Gesichtspunkt
einer Majorisierung vom Stimmrecht
ausgeschlossen. Ein Stimmrechtsaus
schluss wegen rechtsmissbräuchlichen
Verhaltens kommt nur ausnahmsweise in
Betracht. Dabei muss die Art und Weise
der Stimmrechtsausübung die übrigen
Eigentümer so offenkundig benachteili
gen, dass der Ausgang eines gerichtlichen
Verfahrens nicht abgewartet werden
kann. Dies kann insbesondere dann der
FAKTEN:
Die Wohnanlage besteht aus vier
Wohnungen. Zwei davon stehen im Ei
gentum eines Wohnungseigentümers. Es
gilt das Kopfstimmrecht. Der Eigentümer
übertrug eine seiner Wohnungen an eine
KG, deren Komplementärin eine Unter
nehmensgesellschaft ist. DerenGeschäfts
führer ist der Eigentümer A.
In einer Eigentümerversammlung be
schlossen die Eigentümer der beiden wei
teren Wohnungen, dass die Gesellschaft
des Eigentümers A vom Stimmrecht aus
geschlossen sei. Sodann wurden gegen die
Stimme des Eigentümers A Beschlüsse
über die Jahresabrechnung und die Ver
walterbestellung gefasst. Diese Beschlüsse
hatte A angefochten. Er meint, die Stimme
der Gesellschaft hätte berücksichtigt wer
Entscheidung des Monats:
Kopfprinzip und weitere Stimmrechte
Bei Geltung des Kopfstimmrechts entsteht ein neues Stimmrecht, wenn ein Wohnungseigentümer das Alleineigentum an
einer von mehreren Einheiten auf eine von ihm beherrschte juristische Person überträgt; die juristische Person ist von der
Ausübung ihres Stimmrechts nicht allgemein ausgeschlossen.
BGH, Urteil v. 14.07.2017, V ZR 290/16
FAKTEN:
Die Mitarbeiterin der Vorverwalterin hatte eine Fehlbuchung in Höhe von
3.000 Euro zulasten der ehemals verwalteten Eigentümergemeinschaft veranlasst. Für
dieWirtschaftsperiode war der Verwalterin Entlastung erteilt worden. Die Eigentümer
gemeinschaft begehrte neben den unterschlagenen Geldern auch Ersatz für die 3.000
Euro. Die Klagemusste scheitern. Der entstandene Schadensersatzanspruchwar nämlich
durch die Entlastung der Vorverwalterin für das betreffende Geschäftsjahr nachträglich
erloschen. Ein Eigentümerbeschluss über die Entlastung des Verwalters befreit diesen
von der Pflicht zur Erklärung über Vorgänge, die für die Gemeinschaft bei Anwendung
zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren. Die Fehlbuchung hätte hier imRahmen der Kas
senprüfung ohne Weiteres erkannt werden können.
FAZIT:
Die Entscheidung verdeutlicht die Brisanz der Kassenprüfung durch den Verwal
tungsbeirat. Es kommen Schadensersatzansprüche gegen den Beirat in Betracht, wenn
er Fehlbuchungen einfach hätte erkennen können und dem Verwalter Entlastung für
die Abrechnungsperiode erteilt wurde.
NACH ENTLASTUNG
Kein Anspruch auf Erstattung
von Fehlbuchung
Ein Eigentümerbeschluss über die
Entlastung des Verwalters bedeutet
im Regelfall die Billigung der Verwal-
tertätigkeit und befreit den Verwalter
von der Pflicht zur weiteren Erklärung
über Vorgänge, die bei der Beschluss-
fassung bekannt oder für die Eigen-
tümergemeinschaft bei Anwendung
zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren.
LG Krefeld, Urteil v. 03.05.2017, 7 O 20/16
Fall sein, wenn ein Mehrheitseigentümer
gegen die Stimmen der übrigen Ei
gentümer eine wegen gravierender
Vermögensdelikte vorbestrafte Person
aufgrund einer persönlichen Nähe zum
Verwalter bestellt, oder wenn mit den
Stimmen eines Mehrheitseigentümers
ein Beschluss gefasst wird, der diesem
unangemessene Vorteile verschafft.
FAZIT:
Der BGH hat klargestellt, dass von
einer unzulässigenMajorisierung – ein Ei
gentümer verfügt über einÜbergewicht an
Stimmen – lediglich imAusnahmefall aus
gegangenwerden kann. Und dies auch nur
punktuell bezogen auf einen konkreten
Beschlussgegenstand und nicht grund
sätzlich generell.
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Wohnungs-
eigentumsrecht
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
»