Immobilienwirtschaft 11/2017 - page 50

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Laut Gemeinschaftsordnung ist bei Veräußerung die Zustimmung der übrigen
Eigentümer erforderlich. Einer der Eigentümer wollte seine Wohnung veräußern. Er
initiierte eine Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren des § 23 Abs. 3 WEG. Ein
Eigentümer wollte seine Unterschrift nicht beglaubigen lassen. Er hatte seine Zustim­
mung nur mittels eingescannter Unterschrift erteilt und diese später widerrufen. Der
veräußernde Eigentümer hatte ihn daher gerichtlich in Anspruch genommen. Die Klage
war erfolgreich. Die Richter meinten, dass der Beschluss im schriftlichen Verfahren
wirksam war, obwohl der klagende Eigentümer seine Zustimmung später widerrufen
hatte. Auch die in einer Eigentümerversammlung abgegebene Stimme kann dann nicht
mehr widerrufen werden, wenn sie dem Versammlungsleiter zugegangen ist.
FAZIT:
Ein Mangel der Schriftform im Fall der schriftlichen Beschlussfassung führt nur
zur Anfechtbarkeit des Umlaufbeschlusses und nicht zu seiner Nichtigkeit. EinVerwalter
muss einen etwaigen Widerruf der Stimmabgabe eines Eigentümers nicht beachten,
wenn ihm zuvor bereits die Zustimmung dieses Eigentümers zugegangen war.
VERÄUSSERUNGSZUSTIMMUNG
DURCH UMLAUFBESCHLUSS
Unterschriften der Eigentümer
müssen beglaubigt werden
Ist zur Veräußerung von Sondereigen-
tumseinheiten die Zustimmung der
übrigen Eigentümer erforderlich und
wird ein entsprechender Beschluss im
Umlaufverfahren gefasst, so sind dem
Grundbuchamt die Unterschriften der
Eigentümer in öffentlich beglaubigter
Form nachzuweisen.
LG Karlsruhe, Urteil v. 07.07.2017, 7 S 74/16
FAKTEN:
Die Teilungserklärung enthält diverse Bezeichnungen der einzelnen Sonder­
eigentumseinheiten. Sie sollten etwa als „Wohnung“ oder „Dachraum“ genutzt werden.
Die Teilungserklärung ermächtigt die Dach-Eigentümer zum nachträglichen Ausbau
auch ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer. Einer baute aus und begehrt die Anle­
gung eines entsprechenden Eigentumsgrundbuchblatts. Das Grundbuchamt verweigert
dies. Eine Eintragungsbewilligung der übrigen Eigentümer liege nicht vor. Die Richter
teilten die Auffassung des Grundbuchamts. DieUmwandlung vonTeileigentum in Eigen­
tum– und umgekehrt – bedarf einer Vereinbarung allerWohnungs- und Teileigentümer
und grundbuchrechtlich deren Bewilligung nach den Vorschriften der §§ 19, 29 GBO.
FAZIT:
Davon kann nur abgesehen werden, wenn die Mitwirkungsbefugnis der übrigen
Wohnungs- und Teileigentümer durch die imGrundbuch eingetragene Gemeinschafts­
ordnung mit Bindung für die Sondernachfolger ausgeschlossen ist. Dies ist dann der
Fall, wenn die Teilungserklärung einen entsprechenden Änderungsvorbehalt enthält.
Das war aber vorliegend nicht der Fall.
UMWANDLUNG VON TEILEIGENTUM
Vereinbarung nebst Eintra-
gungsbewilligung erforderlich
Die Umwandlung von Teileigentum in
Eigentum – und umgekehrt – bewirkt
eine Inhaltsänderung des Sonderei-
gentums bei allen Wohnungs- und
Teileigentümern. Sie bedarf einer
Vereinbarung aller Wohnungs- und
Teileigentümer und grundbuchrecht-
lich deren Bewilligung nach den
Vorschriften der §§ 19, 29 GBO.
OLG München, Urteil v. 15.05.2017, 34 Wx 207/16
FAKTEN:
Für den Betrieb einer Zirkulationspumpe existiert eine Gebrauchsregelung,
nach der die Pumpe zwischen 23.30 Uhr und 5.30 Uhr ausgeschaltet ist. Ein Eigentümer
monierte die unzureichende Warmwasserversorgung. Doch die Eigentümer beschlos­
sen, die Pumpe nachts ausgeschaltet zu lassen. Der vermietende Eigentümer begehrt
die gerichtliche Verpflichtung der übrigen, die Pumpe permanent in Betrieb zu halten.
Seine Klage war erfolglos. Der Anspruch auf abweichende Gebrauchsregelung würde
voraussetzen, dass der bestandskräftige Beschluss der Eigentümergemeinschaft nichtig
wäre. Dies ist nicht der Fall. Der vermietende Eigentümer ist darauf verwiesen, von
seinem Antragsrecht in der nächsten Eigentümerversammlung Gebrauch zu machen.
FAZIT:
Immer wieder beschreiten Eigentümer voreilig den Rechtsweg, wenn sie nicht
das bekommen, was sie wollen. Eine Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG
hat aber in aller Regel nur dann Erfolg, wenn der Eigentümer die übrigen Eigentümer
mit seinem Begehren vorbefasst hat.
BESTANDSKRÄFTIGE
GEBRAUCHSREGELUNG
Keine Abänderung von
Gericht möglich
Haben die Eigentümer bestandskräftig
eine Gebrauchsregelung hinsichtlich
des gemeinschaftlichen Eigentums
getroffen, ist es einem Eigentümer ver-
wehrt, unmittelbar das Gericht zwecks
Änderung dieser Gebrauchsregelung in
Anspruch zu nehmen.
AG Remscheid, Urteil v. 04.05.2017, 7 C 152/16
1...,40,41,42,43,44,45,46,47,48,49 51,52,53,54,55,56,57,58,59,60,...84
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