Immobilienwirtschaft 12/2017 1/2018 - page 48

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Hubert Blank
Richter am Landgericht
Mannheim
Mietrecht
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
Vermieter macht geltend, dass eine Schlie­
ßung gegen die vertraglich vereinbarte Be­
triebspflicht verstoße, und beantragte den
Erlass einer einstweiligen Verfügung zur
Durchsetzung der Betriebspflicht. Das Ge­
richt hat dem Antrag entsprochen. Nach
dem Wortlaut des § 13 sind dem Mieter
auch „zeitweise Schließungen“ untersagt.
Er leitet hieraus ab, dass er deshalb auch
an der Durchführung etwa von Instand­
haltungen gehindert werde. Dies führe zur
Unwirksamkeit der Klausel. Das Gericht
teilt diese Ansicht nicht. Denn ein verstän­
diger Vertragspartner würde bei der Klau­
sel nicht annehmen, dass sich das Verbot
zeitweiser Betriebsschließungen auch auf
Gründe der Instandhaltung erstrecken
FAKTEN:
In einem Mietvertrag zwischen
dem Eigentümer eines Einkaufszentrums
und dem Betreiber eines Supermarkts ist
vereinbart:
Der Mieter ist verpflichtet, das Mietob­
jekt … weder ganz noch teilweise unge­
nutzt oder leer stehen zu lassen (Betrei­
bungspflicht).
Das Geschäftslokal ist … an allen Ver­
kaufstagen so lange offen zu halten, wie
die überwiegende Anzahl aller Mieter
ihr Geschäft offen hält … Zeitweise
Schließungen (z.B. wegen Inventuren)
sind nicht zulässig (§ 13).
Die Mieterin teilte dem Vermieter später
mit, sie werde den Supermarkt aus wirt­
schaftlichen Gründen bald schließen. Der
Urteil des Monats:
Betriebspflicht: Ladenräume in Einkaufszentrum
Stellt eine Betriebspflichtklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Vermieters auf die Öffnungszeiten der
„überwiegenden Anzahl der Mieter“ in dem Einkaufscenter ab, ist diese Klausel jedenfalls dann nicht intransparent und
nach § 307 BGB unwirksam, wenn das Einkaufscenter bei Abschluss des Mietvertrages schon länger betrieben wird.
OLG Hamm, Urteil v. 09.08.2017, 30 U 53/17
FAKTEN:
Die Vermieterin vermietete die im 1. OG gelegene Wohnung an eine Familie
mit mehreren Kindern. Seit dieser Zeit beklagt sich die Mieterin der EG-Wohnung über
wiederkehrende Lärmbelästigungen durch heftiges Stampfen, Schreie und aggressive fa­
miliäre Auseinandersetzungen. Die Störungen trätenmehrmals amTag auf und dauerten
dabei größtenteils zwischen einer und vier Stunden. Die Mieterin der EG-Wohnung
nimmt die Vermieterin auf Beseitigung der Störungen in Anspruch und begehrt die
Feststellung, dass die Miete um 50 Prozent gemindert sei. Das Landgericht wies die
Klage ab: Die Störungen seien bei kinderreichen Familien nicht zu vermeiden. Der BGH
hob das Urteil auf. Mieter müssten erhebliche Gebrauchsstörungen nicht akzeptieren.
Das Berufungsgericht habe den Anspruch des Mieters auf Gewährung von rechtlichem
Gehör verletzt.
FAZIT:
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH reicht es aus, wenn der mangelhafte
Zustand hinreichend genau beschrieben wird. Der Mieter muss weder zur Ursache der
Mängel noch zur Höhe der Minderung etwas ausführen.
PROTOKOLLPFLICHT?
Lärmstörungen im
Mehrfamilienhaus
Bei wiederkehrenden Beeinträchti-
gungen durch Lärm bedarf es nicht der
Vorlage eines detaillierten Protokolls.
Es genügt vielmehr eine Beschrei-
bung, aus der sich ergibt, um welche
Art von Beeinträchtigungen es geht
und zu welchen Tageszeiten, über
welche Zeitdauer und in welcher
Frequenz diese ungefähr auftreten.
BGH, Urteil v. 22.08.2017, VIII ZR 226/16
soll, nur weil für sie nicht explizit Gegen­
teiliges zum Ausdruck gebracht wird.
FAZIT:
Laut BGH verstößt die verwendete
Klausel in § 13 gegen das Transparenz
gebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), wenn in
den Mietverträgen mit der Mehrzahl der
anderen Mieter vereinbart ist, dass dem
Vermieter hinsichtlich der Öffnungszeiten
ein Weisungsrecht zusteht. Nach Ansicht
des Gerichts gilt dieser Grundsatz nur,
wenn derMietvertrag ein neu gegründetes
Einkaufszentrumbetrifft. Hier handelte es
sich um ein seit zirka 50 Jahren bestehen­
des Einkaufszentrum, bei dem ein Neu­
mieter ohne Weiteres erkennen könne,
welche Öffnungszeiten gelten.
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