Immobilienwirtschaft 12/2017 1/2018 - page 56

56
TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
DIGITAL REAL ESTATE
VERTRAGSMANAGEMENT
Und obwohl
C4RE nun ein cloudbasiertes Produkt
ist, bleibt etwa das Vertragsmanagement
weiterhin sehr bodenständig. RE-FX wird
nämlich über Apps auf Basis des User-
Interface-Standards FIORI unsichtbar im
Hintergrund abgerufen. Somit verbleiben
zwar die Stammdaten in der Wolke. Doch
das SAP ERP liefert dann weiterhin die
notwendigen Grundlagen, um Verträge
zu verwalten. SAP hat für ihre aktuellste
Neuentwicklung den Weg gewählt, das
komplexe ERP in einzelne Apps zu zerle-
gen. Diese werden dann transaktionsweise
zusammengefügt. Das ist für den Anwen-
der elegant. Doch die Zukunftsfähigkeit
dieses Ansatzes wird sich über die sehr
strikte Einhaltung der Designrichtlinien
definieren. Anderenfalls droht der bereits
imaktuellen ERP-SystemkritisierteWild-
wuchs an unterschiedlichen Benutzerfüh-
rungen weiter zuzunehmen.
Um C4RE richtig einschätzen zu kön-
nen, muss neben Marktpositionierung
und derzeitigem Leistungsumfang auch
die Produktweiterentwicklung genau be-
trachtet werden. An dieser Stelle spielt der
Softwarekonzern neben der Integrations-
karte auch dieMöglichkeiten von Partner-
schaften geschickt aus. C4RE soll nämlich
der Ausgangspunkt für eine Vielzahl von
Erweiterungen durch Partner-Lösungen
werden. So sollen nicht nur alphanume-
rische Daten angezeigt, sondern mit der
Navvis-Indoor-Digitalisierung durch das
Gebäude gewandert, grafische 3D-Model-
le mit Visual Enterprise dargestellt und
mit künstlicher Intelligenz von Leverton
gelesene Verträge integriert werden. Mit
dieser erweiterten Offenheit gegenüber
Drittanbietern könnte C4RE in der Tat zu
einer Plattform für die Integration unter-
schiedlichster gebäuderelevanter System-
dienste werden.
INTEGRATION
Die geplante Integration der
C4RE mit der im Aufbau befindlichen
SAP-eigenen IoT-Plattform Leonardo
wird zukünftig denUmgangmit Sensoren
in den Gebäuden ermöglichen. Hier ha-
ben die erwähnten Marktteilnehmer im
CAFM- und IWMS-Umfeld schon teil-
weise umfassende Lösungen im Angebot.
Auf mittlere Sicht wird sich aller Erfah-
rung nach dieser Vorsprung durch die
gut laufende Entwicklungsmaschinerie
der SAP deutlich verringern.
Die SAP-Cloudprodukte, wie Cloud­
4Analytics, Ariba Network und Cloud-
4Customers, und die anderer Anbieter
orchestriert der hauseigene HANA Cloud
Connector und verbindet C4RE bei Bedarf
mit weiteren SAP-ERP-Installationen.
Dies wird insbesondere mittelständische
Unternehmen und Großkonzerne mit
unterschiedlich ausgeprägten nationalen
SAP-Instanzen freuen. Denn mit C4RE
liefert die Softwareschmiede entspre-
chende Konnektoren zum Auslesen der
Finanzdaten gleich mit.
C4RE gibt es allerdings nicht mehr
im gewohnten On-Premise-Modell. SAP
kann also nicht mehr im eigenen Unter-
nehmen oder zumindest als Private Cloud
bei einem selbst ausgewählten IT-Dienst-
leister gehostet werden. Das neue SAP-
Abonnement-Modell wird für Kunden
zu einer spürbaren Umstellung werden.
Gezahlt wird etwa pro App. Dieses Preis-
modell wird sich je nach Anzahl der ge-
nutzten Anwendungsbereiche, der Nutzer
und verwaltetenGebäude unterschiedlich
stark auf den Geldbeutel der Anwender
auswirken. Das Lizenzmanagement wird
für Kunden also noch deutlich komplexer.
VERÄNDERUNGEN IM PARTNERSYSTEM
Es
verändert sich derzeit also einiges funkti-
onal imnunmehr auch konzernintern auf-
gewerteten SAP-Immobilien-Universum.
Dieses ist bislang stark auch von externen
Partnern geprägt. Daher stellt sichmit der
Umstellung auf die Cloud auch die Frage
nach möglichen Veränderungen in dem
mit SAP RE-FX gewachsenen Dienst-
leisterumfeld. Denn anstatt beratungs-
intensiver Implementierungsprojekte in
SAP-typischen Vorgehensmodellen steht
nun eine schnell verfügbare, aber wenig
konfigurierbare Software aus der Steck-
dose im SAP-Marktplatz zur Verfügung.
Dies verringert den IT-Beratungsbedarf
und das Umsatzpotenzial der Partner
merklich. Durch die automatischen Soft-
ware-Upgrades ist auch kein langfristiges
Application-Management-Geschäft zu
erwarten.
Gefragt sind eher wieder Berater mit
Fach- und Change-Management-Kompe-
tenz. Denn auch zukünftig werden Con-
trolling- und Vertragsmanagement-Kon-
zepte benötigt. Nur müssen diese Berater
es schaffen, den Kunden noch mehr als
bisher an den vom System vorgegebenen
Standard anzupassen. Auch bei SAP RE-
FXwar der avisierteMarkt die ersten Jahre
gegenüber den vorgegebenen Prozessen
skeptisch. Doch die Anzahl der Installa-
tionen zeigt im Nachhinein, dass diese zu
einem De-facto-Standard geworden sind.
DIGITAL TWIN
Sollte also dem Entwickler-
team nicht die gute Laune aufgrund der
noch zu erwartenden hartenDiskussionen
über den angebotenen Funktions- und
Leistungsumfang ausgehen, dann hat
C4RE aller Voraussicht nach gute Chan-
cen, den Softwarestandard für Corporate
Real Estate Management zu setzen. Und
damit rückt auch die im Immobilienmarkt
verbreitete Vision des Digital Twins, also
des digitalen Abbilds eines Gebäudes, und
des erleichterten Benchmarkings von Im-
mobilienkosten in diesem Marktsegment
näher.
«
Robert Betz, München
C4RE
Das Produkt RE-FX (flexibles
Immobilienmanagement)
wurde seit 2002 überwie-
gend in Walldorf entwickelt
und gewartet. C4RE ist die
Start-up-like entwickelte
Software aus Potsdam.
1...,46,47,48,49,50,51,52,53,54,55 57,58,59,60,61,62,63,64,65,66,...76
Powered by FlippingBook