Immobilienwirtschaft 12/2017 1/2018 - page 49

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2-01.2018
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
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FAKTEN:
Der Rechtsstreit betrifft ein Mietverhältnis über eine Wohnung. Das Wohnge­
bäude gehört der A-KG. Ebenso das Nachbargebäude, das an die B-KG vermietet ist. A
und B sind wirtschaftlich eng verflochten. Die A-KG kündigte das Mietverhältnis über
die Wohnung. In dem Kündigungsschreiben wird ausgeführt: „Durch die langfristige
Verpachtung an die B-GmbH & Co. KG ist ein deutlich höherer Ertrag zu erwirtschaf­
ten als bei Fortführung der bisherigen Mietverhältnisse. Durch die Fortsetzung Ihres
Mietverhältnisses entsteht uns daher ein erheblicher Nachteil.“ Der BGH hat die Räu­
mungsklage zurückgewiesen. Es genügt nicht, wenn der Vermieter – wie vorliegend –
lediglich pauschal auf die Möglichkeit zur Erzielung höherer Mieteinnahmen verweist.
Es stellt sich auch die Frage, ob bei der Würdigung der Interessen des Vermieters (hier:
der A-KG) auch Interessen der B-KG zu berücksichtigen sind. Dies ist nicht der Fall.
FAZIT:
Die persönliche undwirtschaftlicheVerflechtung der beidenGesellschaften ändert
an der Feststellung des BGH nichts. Maßgeblich ist allein, dass es sich bei den beiden
Handelsgesellschaften um jeweils eigenständige Rechtssubjekte handelt.
WIRTSCHAFTLICHE VERWERTUNG
Kündigung setzt Nachteil
bei Vermieter voraus
Die Kündigung nach § 573 Abs. 2
Nr. 3 BGB setzt einen erheblichen
Nachteil beim Vermieter selbst
voraus; ein Nachteil bei einer mit
der vermietenden Gesellschaft
persönlich und wirtschaftlich ver-
bundenen „Schwes
tergesellschaft“
reicht insoweit nicht aus.
BGH, Urteil v. 27.09.2017, VIII ZR 243/16
FAKTEN:
Der Formularmietvertrag über eine preisgebundene Wohnung enthält eine
Klausel, die den Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet. Die
ist jedoch unwirksam. Deshalb hat der Vermieter die Kostenmiete umden gesetzlich vor­
gesehenen Zuschlag für Schönheitsreparaturen erhöht. DerMieter nimmt denVermieter
auf Rückerstattung der unter Vorbehalt gezahlten Beträge in Anspruch. Er meint, der
Vermieter müsse ihm vor dem Erhöhungsverlangen eine wirksame Abwälzungsklausel
anbieten. Die Instanzgerichte wiesen die Klage ab. Die Revision desMieters war erfolglos.
Nach § 28 Abs. 4 II. BV kann der Vermieter eine um höchstens 8,50 Euro/qm erhöhte
Kostenmiete verlangen, wenn er die Kosten dieser Schönheitsreparaturen trägt. Der
Vermieter kann sich dabei auf eine Klauselunwirksamkeit berufen. Das wäre nur dann
nicht der Fall, wenn der Mieter die konkret vereinbarte (unwirksame) Klausel gegen
sich gelten lassen wolle. Eine diesbezügliche Erklärung desMieters sei aber nicht erfolgt.
FAZIT:
Der Kostenansatz für Schönheitsreparaturen beträgt „höchstens“ 8,50 Euro/qm
jährlich. Nach Ansicht des BGH darf der Vermieter stets den Höchstsatz ansetzen.
UNWIRKSAME RENOVIERUNGSKLAUSEL
Preisgebundener Wohnraum:
Schönheitsreparaturen-Zuschlag
Der Vermieter ist grundsätzlich nicht
gehindert, gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1
WoBindG die Kostenmiete einseitig
um den Zuschlag nach § 28 Abs. 4 Satz
2 II. BV zu erhöhen, wenn sich die im
Mietvertrag enthaltene Formularklau-
sel über die Abwälzung der Pflicht zur
Vornahme von Schönheitsreparaturen
auf den Mieter als unwirksam erweist.
BGH, Urteil v. 20.09.2017, VIII ZR 250/16
FAKTEN:
Der Mieter minderte wegen diverser Mängel. Der Vermieter kündigte das
Mietverhältnis. Jetzt betrug der Rückstand noch 101 Euro. Das Berufungsgericht wies
die Räumungsklage ab. Die Revision des Vermieters hatte Erfolg. Nach § 543 Abs. 2
kann der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende
Termine mit der Miete bzw. einem erheblichen Teil in Verzug ist. Der rückständige Teil
der Miete ist erheblich, wenn er die Miethöhe für einen Monat übersteigt (§ 569 Abs. 3
BGB). Diese Voraussetzungen lagen imVorfeld der Kündigung vor. Muss der Rückstand
auch zum Zeitpunkt des Kündigungs-Zugangs diese Höhe haben? Der BGH verneinte:
Ist einmal ein Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung entstanden, wird es nur
durch vollständige Zahlung des Rückstands vor Zugang der Kündigung ausgeschlossen.
FAZIT:
Hat derMieter dieMiete gemindert, so schließt sich der BGHderMindermeinung
an, hinsichtlich der Höhe des Verzugs richte sich der zur Kündigung berechtigende
Rückstand nach der vertraglich vereinbarten und nicht nach der geminderten Miete.
KÜNDIGUNGWEGEN ZAHLUNGSVERZUGS
Zur Berechnung des
Zahlungsrückstands
Ist durch Zahlungsrückstand des
Mieters ein Recht des Vermieters
zur fristlosen Kündigung des Mietver-
hältnisses entstanden, wird dieses
nach § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB nur
durch eine vollständige Zahlung des
Rückstandes vor Zugang der Kündi-
gung ausgeschlossen.
BGH, Urteil v. 27.09.2017, VIII ZR 193/16
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