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0.2016
Weniger Barrieren,
mehr Ideen und Engagement
D
er Bedarf an geeignetemWohnraum für ältere Menschen steigt deutlich. Senioren-
wohnen ist längst kein Nischenprodukt mehr, sondern Teil unseres diversifizierten
Wohnungsmarktes. Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ist wichtiger Im-
pulsgeber und Kooperationspartner bei der Gestaltung des Wohnens älterer Menschen.
Welche Rolle sie einnehmen kann, zeigt die jüngst vorgelegte Expertise des Deut-
schenVerbandes zumProgramm„Anlaufstellen für ältereMenschen“ des Bundesfamili-
enministeriums. Darin hat der Deutsche Verband als Geschäftsstelle anhand ausgewähl-
ter Praxisbeispiele unterschiedliche Handlungsansätze beleuchtet. Diese reichen von
baulichen Umbaumaßnahmen zur Schaffung von altersgerechtem und barrierefreiem
Wohnraum bis hin zu Beratungs-, Informations- und kulturellen/kommunikativen An-
geboten. Diese stärken die Gemeinschaft der gesamten Mieterschaft und lösen insbe-
sondere ältere Menschen aus ihrer Isolation.
Somit tragenWohnungs- und Immobilienunternehmen auch dazu bei, älterenMen-
schen ein selbstbestimmtes Altern in vertrautem Umfeld zu ermöglichen. Triebfeder
für ihr Engagement ist die Stärkung der Wirtschaftlichkeit und Marktgängigkeit des
Bestandes. Die erwähntenMaßnahmen dienen alsMittel zur Leerstandsminderung. Der
Leerstand des kommunalenWohnungsunternehmensWBGCalau in Brandenburg wur-
de so ummehr als die Hälfte reduziert. Im Regelfall sind die Kosten zur altersgerechten
Entwicklung des Bestands günstiger als Leerstandskosten. Besonders in Regionen mit
hohen Leerstandsquoten sind solche Unternehmen erfolgreich, die sich die Kompetenz
für dasWohnen imAlter aneignen und vermarkten. InWachstumsräumenwird altersge-
rechter Wohnraum zu einem Standortvorteil und trägt zu stabilen Nachbarschaften bei.
Soziale und kulturelle Angebote werden meist über Partner offeriert. So bietet die
Wohnungsgenossenschaft Adorf im Vogtland zusammen mit dem im eigenen Bestand
ansässigen Verein Kulturwerk e.V. zahlreiche Freizeitangebote und Dienstleistungen an.
Treten Wohnungsunternehmen selbst als soziale Dienstleister auf, werden oft Organi-
sationsformen außerhalb des Wohnungsunternehmens gefunden, häufig in Form eines
Vereins. Der Verein WoHL e.V. wurde von der WBG Plauen gegründet, um nachhal-
tig seniorengerechte Dienstleistungen anzubieten. Erfolgreiche Unternehmen haben ein
enges Netzwerk mit vielen lokalen Akteuren. Das macht sie vor Ort zu einem wichtigen
Mitgestalter. Das belegt auch ein Beispiel aus Niedersachsen. In Varel bietet die Woh-
nungsbaugesellschaft Friesland mbH als gemeinsames Unternehmen von Landkreis und
Gemeinden gemeinschaftliches Wohnen mit einer Beratungsstelle in einer ehemaligen
Schule an. Kooperationen senken die Kosten für die verschiedenen Services. So setzt auch
die Hamburger Wohnbaugenossenschaft Bauverein der Elbgemeinden eG. auf eine enge
Zusammenarbeit und schafft Angebote für Ältere, junge Familien und Pflegebedürftige.
Ohne die Einbindung Ehrenamtlicher ist eine wirtschaftlich tragbare Umsetzung
vieler Strategien nicht möglich. Sie werden daher von Wohnungsunternehmen aktiv
eingebunden. So haben Wohnungsunternehmen im Kontakt mit ihren Kunden eine
aufsuchende Rolle und geben Beratung und Information vor Ort.
Zukunftsfähige Angebote müssen daher auf die individuellen Bedarfe der Bewoh-
nerschaft in verschiedenen Lebenslagen und die differenziertenWohnungsmärkte in den
Beständen eingehen. Mit einem„langen Atem“ und kreativen Ideen könnenWohnungs-
und Immobilienunternehmen ihre Position als wichtiger Akteur der Stadt- und Quar-
tiersentwicklung weiter stärken. Wohnen ist ein entscheidender Standortortfaktor.
Christian Huttenloher, Deutscher Verband
für Wohnungswesen, Städtebau und Raum-
ordnung e.V.
Deutscher Verband
Für
die Wohnungswirtschaft ist
das altersgerechte Wohnen
ein zentrales Handlungsfeld.
Dieses umfasst nicht alleine
die Gestaltung der Wohnung,
sondern auch weitere Bera-
tungs- und Unterstützungs
angebote für den Alltag.
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Christian Huttenloher
Foto: Deutscher Verband