Immobilienwirtschaft 11/2015 - page 43

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tionellen Vermietern ändert sich ohnehin
wenig, weil diese entweder eigene Mitar-
beiter beschäftigen oder Verwaltungsfir-
men bezahlen, die für das Vermietungs-
management zuständig sind.“
DIE SCHWARZEN SCHAFE DER BRANCHE
Und gibt es sie oder nicht oder nur an-
geblich: die schwarzen Schafe der Bran-
che? Die raffiniert durch die Hintertür
kreativ Gebühren erfinden und damit
den Grundgedanken des Bestellerprin-
zips konterkarieren? Eher nein, lauten
fast einhellig die Aussagen der Befragten,
etwa von Burkhard Blandfort: „Der IVD
rät allen seinenMitgliedern, sich gesetzes-
konform zu verhalten und sichmit der ak-
tuell gültigen Rechtslage zu arrangieren.
Von erfolgreichen und rechtlich sauberen
,Umwegen‘ umdas Bestellerprinzip ist uns
nichts bekannt“, sagt er.
Die „Süddeutsche Zeitung“ wurde
allerdings durchaus fündig. Sie berich-
tet von der Erfindung neuer Gebühren,
beispielsweise Vertragsausfertigungsge-
bühren in Höhe von mehreren hundert
Euro. Gern ließen sich manche Makler
auch im Nachhinein einen Suchauftrag
ausfüllen, um dann dem geneigten Inte-
ressenten die gegebenenfalls umkämpfte
Wohnung zuzuschlagen. In Abrede stellte
diese Vorkommnisse keiner der Befragten.
Fairerweise muss aber angemerkt werden,
dass sich die Szenen einer trickreichen
Maklerprovision eher in den wohnraum-
knappen Ballungsgebieten wie Hamburg,
München und zunehmend wohl auch in
Berlin finden lassen.
NEUE PLATTFORMEN AUF DEM MARKT
Des
einen Freud, des anderen Leid: So lassen
sich die Auswirkungen des Bestellerprin-
zips auch bewerten. Der Branchendienst
Deutsche Startups meldete schon im Juli
2015 mehr als 30 Firmen, die sich im
Zuge der Gesetzesänderung gegründet
haben. Prinzipiell funktionieren diese
Plattformen wie Partnersuchbörsen. Be-
stimmte Informationen oder Individua-
lisierungen sind kostenpflichtig, jedoch
weitaus günstiger als die gängigen Mak-
lercourtagen. Diemeisten dieser Neulinge
agieren regional mit Achtungserfolg. Das
wird sich möglicherweise ändern, wofür
der Anbieter Immobilienscout24 als Be-
weis steht.
NISCHENMAKLER FÜRS MÖBLIERTE
Für Jörg
Schnorrenberger sind auch die Vermitt-
ler von möblierten Wohnungen Nischen-
makler, die durch die Gesetzesänderung
besonders angesprochen sind und ex-
trem viel Kommunikationsarbeit leisten
müssen. Davon kann Karin Grossmann,
Geschäftsführerin der HomeCompany
Agentur Essen und Bochum, ein Lied
singen. „Ich bin seit 20 Jahren selbststän-
dig und stelle fest, dass ich in den letzten
20 Jahren noch nie so viel gearbeitet habe
wie jetzt. Die Gesetzesänderung hat uns
ein erhebliches Mehr an Erklärungsarbeit
abverlangt. Jeder Vermieter und Mieter
musste einzeln auf die Veränderungen
hingewiesen werden. Mittlerweile hat
sich ein ansehnlicher Bestand an möb-
lierten Wohnungen gesammelt, Tendenz
steigend. Statistisch gesehen wechselt
heutzutage jeder Dritte unter 30 Jahren
bis zu fünf Mal denWohnort. Theoretisch
müsste der Vermieter, der mehrmals im
Jahr einen Mieterwechsel bekommt, die
Courtage dafür bezahlen. Das ist aber
praktisch so nicht umzusetzen. Wir legen
eine Staffelprovision um und berechnen
dem Vermieter je nach gemieteten Mo-
naten rund 15 Prozent pro monatlicher
Mietzahlung. Bislang können damit alle
leben. Interessant ist, dass sich jetzt ver-
stärkt auch Universitäten an uns wenden.
Es hat sich dort herumgesprochen, dass
dieMieter qua Gesetz von Courtagen frei-
gestellt sind.“
SUMMARY
»
Was das Bestellerprinzip für Makler bedeutet,
ist im Moment empirisch noch nicht zu belegen.
»
Schwarze Schafe,
die durch
die Hintertür kreativ Gebühren erfinden und damit den Grundgedanken des Bestellerprinzips konterkarieren, gibt es, allerdings seien dies Ausnahmen,
meint der Maklerverband IVD.
»
Es gibt auch Profiteure
des neuen Gesetzes: Der Branchendienst Deutsche Startups meldete schon im Juli 2015
mehr als 30 neue Firmen. Prinzipiell funktionieren diese Plattformen wie Partnersuchbörsen.
Bestimmte Informationen sind kostenpflichtig,
jedoch weit günstiger als die gängigen Maklercourtagen. Die meisten dieser Neulinge agieren regional mit Achtungserfolg.
Fotos: beziehungswerk
«
Rolf Steinebach, Essen
Stimmen
Aus meiner Erfahrung hat
sich der Markt vehement
verändert und die Ange-
botslage verschlechtert.
Wolfgang Zass,
Anbieter von
Immobiliendienstleistungen in
Nürnberg und Pfarrkirchen
Verbands-Makler sind die
Profiteure des Bestellerprin-
zips. Viele „Küchentisch-
makler“, also Makler ohne
Servicedienstleistungen,
verschwinden vom Markt.
In vielen Bereichen unseres
Berufsverbandes hat sich
nichts geändert, da dort
seit geraumer Zeit provisi-
onsfrei für Mieter angebo-
ten wird.
Jörg Schnorrenberger,
Vorstand des RDM Bezirksver-
bandes Düsseldorf
1...,33,34,35,36,37,38,39,40,41,42 44,45,46,47,48,49,50,51,52,53,...84
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