Immobilienwirtschaft 11/2015 - page 47

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den muss. Schriftform bedeutet hier Ori-
ginalvollmacht mit Originalunterschrift.
Der Verwalter sollte insbesondere
beim vereinbarten Schriftformerforder-
nis Vollmachten, die dem nicht genügen,
zurückweisen. Dies gilt besonders dann,
wenn ihm selbst Vollmacht erteilt wird.
Er muss eine formunwirksame Vollmacht
aber so rechtzeitig zurückweisen, dass es
dem Eigentümer möglich ist, einen an-
deren mit der Vertretung zu bevollmäch-
tigen. Einem Eigentümer steht es frei,
mehrere Personen zur Teilnahme an der
Versammlung zu bevollmächtigen. Die
Zurückweisung einzelner Vollmachten ist
nur in wenigen Einzelfällen rechtmäßig.
RICHTIG ZITTERN, DER VORSCHALTBE-
SCHLUSS
Der BGHhat mit seiner Jahrhun-
dertentscheidung vom 20.09.2000 (ZWE
2000, 518) den Anwendungsbereich so
genannter Zitterbeschlüsse eingeschränkt.
Er liegt vor, wenn von Gemeinschaftsord-
nung oder Gesetz abgewichen wird. Er
erwächst nach Ablauf der Anfechtungs-
frist in Bestandskraft. Voraussetzung ist
aber, dass für die zu regelnde Angelegen-
heit Beschlusskompetenz besteht. Trifft
das nicht zu, ist der Beschluss nichtig.
Zitterbeschlüsse sind praxisrelevant bei
baulichen Veränderungen, nicht be-
schlussfähiger Eigentümerversammlung,
Beschlüssen, die nicht Gegenstand des
Einberufungsschreibens sind, und vielem
mehr. Es ist ein Fehler des Verwalters,
Zitterbeschlüsse ohne vorherige Aufklä-
rung der Eigentümerversammlung zu
verkünden. Ein grobes Verschulden dürf-
te ausscheiden, wenn der Verwalter nach
erfolgter Aufklärung einen Beschluss zur
Geschäftsordnung fassen lässt, wonach die
Mehrheit darüber entscheidet, dass der
Beschluss trotz Aufklärung und Risiko
als „angenommen“ verkündet werden soll.
Dies hindert nicht die Rechtswidrigkeit
des daraufhin erfolgten Beschlusses, die-
ser ist auf Anfechtung hin regelmäßig für
unwirksam zu erklären. Es zeugt aber von
der Kompetenz des Verwalters, die bei der
Überprüfung des grobenVerschuldens im
Sinne des § 49 Abs. 2 WEG positiv zu be-
rücksichtigen sein wird.
VERPFLICHTUNGSBESCHLÜSSE DER EIGEN-
TÜMERVERSAMMLUNG
Der BGH hat in
der so genannten „Kehrwochenentschei-
dung“ entschieden, dass die Eigentü-
merversammlung keine Kompetenz hat,
einzelne Eigentümer zur tätigen Mithilfe
zu verpflichten. Ein entsprechender Be-
schluss ist nichtig. Mit Entscheidung vom
18.06.2010 – 2010 VZR 193/09 – bestätigt
der BGH diese Rechtsauffassung auch für
Verpflichtungsbeschlüsse, wonach ein Ei-
gentümer verpflichtet sein soll, eine bau-
liche Veränderung zu entfernen. Auch
dieser Beschluss ist nichtig. Die Vorgaben
des BGH werden in der Verwaltungspra-
xis kaum beachtet. Rechtmäßig ist nur ein
Beschluss, der den Verwalter ermächtigt,
einen Eigentümer aufzufordern, eine bau-
liche Veränderung (unter Fristsetzung)
zurückzubauen. Widrigenfalls soll ein
Rechtsanwalt mit der Vertretung der In-
teressen derMitglieder der Eigentümerge-
meinschaft beauftragt werden. Enthalten
die Beschlüsse Verpflichtungen, kannKla-
ge aus § 1004 BGB nicht erhoben werden.
WIE VIELE BEIRÄTE NOCHMAL?
Der BGH
hat mit Urteil vom 04.12.2009 - V ZR
44/09 bestätigt, dass der Verwaltungsbei-
rat aus drei Mitgliedern zu bestehen hat,
was sich aus § 29 Abs. 1 WEG ebenfalls
ergibt. Weniger oder mehr Verwaltungs-
beiräte können nur durch nicht angefoch-
tenenMehrheitsbeschluss bestellt werden.
Erreichen also nicht drei Eigentümer die
einfacheMehrheit, sind nicht automatisch
diejenigen bestimmt, die über die Mehr-
heit verfügen, vielmehr wäre die Beirats-
wahl insgesamt als „abgelehnt“ zu ver-
künden. Zittern (siehe oben) ist möglich,
ratsam indessen nicht. Eine Blockwahl des
Verwaltungsbeirates ist nur dann zulässig,
wenn sämtliche im Block gewählten Ei-
gentümer über die einfache Mehrheit ver-
fügen. Auch dies wird in der Praxis quasi
ignoriert.
Dem Verwalter sei Trost gespendet. Die
vorstehenden Beispiele belegen, wie ein-
fach es ist, ohne Sünde zu sein. Es reicht
völlig aus, das Gesetz und die Gemein-
schaftsordnung zu beachten.
SUMMARY
»
Jahresabrechnung, Beschlussfähigkeitsarithmetik, Nichtöffentlichkeitsgrundsatz,
Schriftformerfordernis, Zitterbeschluss, Verpflichtungsbeschlüsse der Eigentümerversammlung, Zahl der Beiräte:
Überall gibt es Fallstricke. Der Beitrag nennt zumindest die wichtigsten ...
«
Stephan Volpp, Rechtsanwalt, Stuttgart
Foto: Peter Doomen/shutterstock
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