Immobilienwirtschaft 11/2015 - page 44

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Rechtsanwältin Constanze Becker
Fachanwältin für Miet- und Wohnungs-
eigentumsrecht, München
Maklerrecht
Maklervertrag auch ein selbstständiges
Provisionsversprechen abgeschlossen
wurde. Da der Beklagte im Prozess selber
bestätigte, dass er von der Verflechtung
des Maklers mit dem Verkäufer, der Im-
mobilienholding, Kenntnis gehabt habe,
kann er sich im Nachhinein nicht mehr
auf diese Verflechtung berufen. Da sich
der Beklagte trotz dieser Kenntnis in sei-
nem E-Mail-Verkehr zur Zahlung einer
Provision verpflichtet hat, liegt ein selbst-
ständiges Provisionsversprechen vor, so-
dass es auf eine schädliche Verflechtung
nicht ankommt.
PRAXISHINWEIS:
Man unterscheidet
grundsätzlich die Fälle der echten und un-
echten Verflechtung. Bei der echten Ver-
flechtung liegt ein gesellschaftsrechtliches
Beherrschungsverhältnis vor. Bei der un-
echten Verflechtung fehlt es an einem Be-
herrschungsverhältnis, aufgrund dessen
der Makler und eine Hauptvertragspartei
keine Fähigkeit mehr zu selbstständiger,
voneinander unabhängiger Willensbil-
dung haben. Dennoch ist auch bei der
unechten Verflechtung die Verbindung
des Maklers mit der Gegenseite derart,
dass sich der Makler in einem instituti-
onalisierten Interessenkonflikt befindet,
der ihn zur sachgerechten Wahrung der
Interessen seines Auftraggebers unge-
eignet erscheinen lässt. Auch derjenige
kann nicht als Makler für die andere Par-
tei gegen Entlohnung tätig sein, der zum
Vertragsgegner seines Kunden in einer
solchen Beziehung steht, dass er sich im
Falle eines Streits bei regelmäßigem Ver-
lauf auf die Seite des Vertragsgegners stel-
SACHVERHALT:
Der klagende Makler ver-
langt von dem Käufer für die Vermittlung
des Kaufes von drei Mehrfamilienhäusern
eine Käuferprovision. Der Käufer bestrei-
tet, mit dem Makler überhaupt einen
Vertrag geschlossen zu haben; jedenfalls
sei ein solcher Vertrag wegen einer Ver-
flechtung zwischen demMakler und dem
Verkäufer unwirksam.
Der Makler ist gleichzeitig als Asset-Ma-
nager für 731 Einheiten einer großen Im-
mobilienholding gegen eine monatliche
Vergütung tätig.
Diese Holding bittet den Makler zur Ver-
marktung von 44 Wohneinheiten gegen
Innenprovision. Diese 44 Wohneinheiten
verwaltet der Makler auch als „Asset-Ma-
nager“ für die Immobilienholding.
Der Makler übersandte dem beklagten
Käufer zunächst ein Exposé mit einem
Provisionshinweis. Der klagende Makler
bat den Käufer später, die Provisions-
abrede zu bestätigen, indem er ihm eine
E-Mail schrieb:
„Bitte bestätigen Sie, dassmir aus demAn-
kauf der Häuser ein Provisionsanspruch
von 3 % zzgl. Mehrwertsteuer vom beur-
kundeten Kaufpreis zusteht.“
Der Beklagte antwortete ebenfalls per E-
Mail kurz und knapp: „o. k.“
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Beide Instanzen
gaben dem Makler Recht. Denn mit dem
E-Mail-Verkehr haben der Makler und
der Beklagte einen Maklervertrag ab-
geschlossen. Der Provisionsanspruch
scheitert auch nicht an der hier tatsäch-
lich vorliegenden unechten Verflechtung
des Maklers mit dem Verkäufer, weil zum
len wird. Ein solcher institutionalisierter
Interessenkonflikt wird in der Rechtspre-
chung insbesondere im Fall des Handels-
vertreters bejaht, der zugleich als Makler
für Dritte fungieren will.
Im hiesigen Fall ist ausschlaggebend,
dass unabhängig von einem Maklerver-
trag eine Provision verdient werden kann,
wenn der die Provision Versprechende sie
in Kenntnis der Umstände abgibt, die den
Provisionsempfänger an einer Maklertä-
tigkeit hindern, weil es ihm dennoch und
gerade auf die Einschaltung dieser Person
ankommt.
Für ein selbstständiges Provisionsverspre-
chen reicht aus, dass der Maklerkunde die
tatsächlichen Umstände kennt, die die Er-
bringung der Maklerleistung und infol-
gedessen die Käuferprovision ausschlie-
ßen. Bei hinreichender Kenntnis der die
Verflechtung begründenden Umstände,
worüber nach Lage des Einzelfalls zu ent-
scheiden ist, kann sich der Maklerkunde
schlüssig darüber werden, ob es ihm auf
eine echte Maklerleistung ankommt oder
ob er sich auch unabhängig hiervon zur
Zahlung einer Provision für den Erwerb
des Kaufobjekts bereitfindet.
BERATERHINWEIS:
Der Makler, dem be-
wusst ist, dass eine wirtschaftliche Ver-
flechtung vorliegt, sollte diesen Umstand
offenlegen und darauf hinwirken, dass
zwischen ihm und seinemMaklerkunden
ein selbstständiges Provisionsversprechen
geschlossen wird. Denn die Vertragsfrei-
heit erlaubt es den Parteien, trotz einer
provisionsverhindernden Verflechtung
eine Provision zu vereinbaren.
«
Maklerprovision bei Verflechtung mit dem Verkäufer
Wer als Asset-Manager für den Veräußerer eine Vielzahl von Wohneinheiten bei einer monatlichen Vergütung betreut,
kann eigentlich nicht als Makler für den Käufer gegen Entlohnung tätig werden, da zwischen dem Veräußerer und dem
Makler eine dauerhafte wirtschaftliche Verflechtung anzunehmen ist (unechte Verflechtung). Ein Provisionsanspruch
kann sich aber gleichwohl nach den Umständen des Einzelfalls ergeben.
OLG Schleswig, Urteil vom 19.03.2015 - 16 U 117/14
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