Immobilienwirtschaft 11/2015 - page 51

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1.2015
Gibt der Mieter die Mietsache nach Be-
endigung des Mietverhältnisses nicht zu-
rück, so kann der Vermieter für die Dauer
der Vorenthaltung als Entschädigung die
vereinbarte Miete verlangen. In Recht-
sprechung und Literatur ist streitig, ob
dieNutzungsentschädigung gemindert ist,
wenn die Mietsache in der Zeit der Vor-
enthaltung mangelhaft wird.
Der BGH vertritt jedoch die Auffassung,
dass die Gebrauchserhaltungspflicht
grundsätzlich mit der Beendigung des
Mietverhältnisses entfalle; deshalb schul-
de der Mieter die Nutzungsentschädi-
gung auch dann in voller Höhe, wenn
die Mietsache bei Beendigung des Miet-
verhältnisses mangelhaft wird. Auf diese
Weise soll unter anderem der Druck zur
FAKTEN:
Zwischen den Parteien bestand
ein Mietverhältnis über Räume zum Be-
trieb eines Lebensmittelgeschäfts. Das
Mietverhältnis ist aufgrund einer Kündi-
gung des Vermieters beendet; der Mieter
räumte jedoch nicht. Er zahlte nur teilwei-
se. Er ist der Ansicht, dass dieMiete wegen
mehrerer in der Zeit von September 2011
bis April 2012 eingetretener Wasserschä-
den gemindert sei. Durch eindringendes
Niederschlagswasser seienWaren imWert
von 62.000 Euro vernichtet worden. Scha-
densursächlich seien verstopfte Fallrohre,
was vom Vermieter zu vertreten sei. Mit
einem daraus folgenden Schadensersatz-
anspruch hat der Mieter hilfsweise aufge-
rechnet. Die Klage des Vermieters hatte
Erfolg.
Urteil des Monats:
Mietmangel nach Vertragsbeendigung
1. Eine erstmals nach Vertragsbeendigung eingetretene Verschlechterung der Mietsache, die beim Fortbestehen des
Mietverhältnisses eine Minderung der Miete zur Folge gehabt hätte, führt grundsätzlich nicht dazu, den Anspruch des
Vermieters auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in entsprechender Anwendung von § 536 BGB herabzusetzen.
2. Etwas anderes gilt nur dann, wenn den Vermieter nach Treu und Glauben im Rahmen des Abwicklungsverhältnisses
ausnahmsweise eine nachvertragliche Pflicht zur Beseitigung von Mängeln der vorenthaltenen Mietsache trifft.
BGH, Urteil v. 27.05.2015, XII ZR 66/13
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
In einem Mietvertrag über Gewerberäume ist unter der Überschrift „Miet-
gegenstand“ Folgendes geregelt: „Die Mieterin ist berechtigt und verpflichtet, auf dem
Mietgegenstand ... eine Apotheke zu betreiben oder betreiben zu lassen“.
Die Mieterin unterließ den Betrieb der Apotheke. Daraufhin kündigte der Vermieter
das Mietverhältnis fristlos. Das Gericht hatte über die Wirksamkeit der Kündigung
zu entscheiden. Als Kündigungsgrund kam § 543 Abs. 1 BGB in Betracht. Danach ist
ein Vermieter dann zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn ihm die Fortsetzung
des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Das Gericht führt aus, dass die
unter der Überschrift „Mietgegenstand“ vereinbarte Klausel („ist ... verpflichtet“) eine
Betriebspflicht begründet. Danach ist der Mieter gehalten, die Apotheke tatsächlich zu
betreiben. Eine solche Verpflichtung kann auch bei der Miete von Räumen zum Betrieb
einer Apotheke wirksam durch Formularklausel vereinbart werden.
FAZIT:
Der vertragswidrige Nichtgebrauch rechtfertigt die fristlose Kündigung, ohne dass
es darauf ankommt, in welchem Maß der Vermieter beeinträchtigt wird.
KÜNDIGUNG
Verstoß gegen die
Betriebspflicht
Ein Verstoß gegen eine formularver-
traglich vereinbarte Betriebspflicht
rechtfertigt die fristlose Kündigung
eines Gewerbemietvertrags, ohne
dass es darauf ankommt, in welchem
Maß der Vermieter durch die Vertrags-
verletzung beeinträchtigt wird.
OLG Dresden, Beschluss v. 15.07.2015, 5 U 597/15
Erfüllung der Rückgabepflicht verstärkt
werden.
FAZIT:
In besonderen Ausnahmefällen
soll allerdings etwas anderes gelten. So
soll der Mieter auch während der Zeit der
Vorenthaltung einen aus § 242 BGB (Treu
und Glauben) ableitbaren Anspruch auf
Instandhaltung und Instandsetzung ha-
ben, etwa wenn durch das Unterlassen
von Maßnahmen zur Instandhaltung
oder Instandsetzung schwerwiegende
Gefahren für Leben drohte. Im Entschei-
dungsfall lag diese Ausnahme nicht vor.
Weil der Vermieter nicht zur Beseitigung
der Dachrinnenverstopfung verpflichtet
war, hat er den Wasserschaden nicht zu
vertreten. DemMieter steht deshalb auch
kein Schadensersatzanspruch zu.
»
Präsentiert von:
Hubert Blank
Richter am Landgericht
Mannheim
Mietrecht
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