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es sich etwa um eine Wallbox, „klassische“ Lade-
säule oder eine Schnellladesäule handelt. Die
bauplanungsrechtliche Zulässigkeit ergibt sich
i.d.R. aus § 14 BauNVO (Nebenanlagen). Öffent-
lich zugängliche Ladepunkte müssen darüber hi
naus die Anforderungen der Ladesäulenverord-
nung (LSV) erfüllen.
Das Steuerrecht hingegen ist eine „echte“ recht-
liche Hürde, jedenfalls für die Konstellationen, in
denen Wohnungsunternehmen selbst als E-Mo-
bilitätsdienstleister aktiv werden wollen. Für die
genaue rechtliche Bewertung bedarf es aufgrund
der verschiedenen Rechtsformen und Konstel-
lationen immer einer Einzelfallprüfung. Zu den
zentralen steuerlichen Hürden zählen jedoch – je
nach Rechtsform des Wohnungsunternehmens –
folgende Regelungen des Gewerbe- und Körper-
schaftssteuerrechtes.
Für voll bzw. partiell steuerpflichtige Wohnungs-
unternehmen greifen i.d.R. die Vorschriften zur
sog. erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9
Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz. Danach können
Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grund-
besitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes
Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder
daneben Wohnungsbauten betreuen oder Ein-
familien-, Zweifamilienhäuser oder Eigentums-
wohnungen errichten und veräußern, auf Antrag
den steuerpflichtigen Gewerbeertrag umden Teil
kürzen, der auf diese Geschäfte entfällt. Der „Aus-
schließlichkeit“ sind dabei enge Grenzen gesetzt,
um Umgehungen vorzubeugen. Das Angebot von
Ladeinfrastruktur und E-Carsharing durch Woh-
nungsunternehmen fällt wohl nicht mehr unter
die „ausschließlich“ zulässigen Tätigkeiten der
Wohnungsunternehmen, die von der erweiterten
Gewerbesteuerkürzung Gebrauchmachenwollen.
Wohnungsgenossenschaften sind nach § 5 Abs. 1
Nr. 10 Körperschaftssteuergesetz von der Körper-
schaftssteuer befreit, wenn ihre Einnahmen aus
dem „steuerpflichtigen Geschäftsbereich“ – also
dem Geschäft, das nicht in der Herstellung, dem
Erwerb und der Gebrauchsüberlassung von Woh-
nungen besteht – 10% der gesamten Einnahmen
nicht übersteigen. Angebote im Bereich Elek
tromobilität zählen zu den steuerpflichtigen
Geschäften. Im Zuge der Förderung von solarem
Mieterstrom hatte der Bundestag im November
2018 den Entwurf eines Gesetzes zur steuerli-
chen Förderung des Mietwohnungsneubaus an-
genommen, nach dem die Einnahmenobergrenze
für Wohnungsgenossenschaften auf 20% erhöht
werden soll, soweit die Einnahmen aus Mieter-
strommodellen stammen. Der Entwurf wurde
jedoch im Dezember 2018 kurzfristig von der
Tagesordnung des Bundesrates genommen und
liegt derzeit auf Eis. In beiden Fällen – also bzgl.
der „Ausschließlichkeit“ im Gewerbesteuerrecht
bzw. der 10%igen Einnahmenobergrenze im Kör-
perschaftssteuerrecht führt schon die kleinste
Übertretung zum vollständigen Verlust der Steu-
erprivilegierung.
Gestaltungsmöglichkeiten für Elektro-
mobilität in der Wohnungswirtschaft
Bereits nach geltendem Recht stehen der Woh-
nungswirtschaft verschiedene Wege offen, um
Elektromobilitätsangebote in Neubau und Be-
stand ohne steuerliche Nachteile zu integrieren.
Welche Organisationsform die passende ist, ist
dabei immer eine Frage des Einzelfalls. Die An-
gebotsoptionen reichen dabei von Stellplätzen
mit Ladeinfrastruktur für einzelne Mieter, über
solche, die für größere Benutzergruppen, wie
alleMieter oder die Kunden eines kooperierenden
E-Carsharers offen stehen, bis hin zum Angebot
von eigenen elektrischen Quartiersfahrzeugen
wie etwa im Domagkpark in München oder bei
der Wohnungsgenossenschaft Viersen.
Zu erwägen ist insbesondere auch die Kombination
mit Mieterstrommodellen und damit die Nutzung
der energierechtlichen Privilegierung von lokal
erzeugtem Solarstrom. Um die mit dem Eigenbe-
trieb verbundenen Nachteile zu vermeiden, sind
die organisatorischen Optionen dabei insbesonde-
re die Auslagerung der Elektromobilitätsangebote
auf externe Dienstleister (etwa Contractoren oder
andere Elektromobilitätsdienstleister), dieMieter
selbst oder separate, ohnehin gewerbliche Toch-
terunternehmen.
Fazit und Ausblick
Soweit dieWohnungswirtschaft selbst als Elektro-
mobilitätsdienstleister tätigwerdenwill, müssen
insbesondere die steuerrechtlichen Hürden besei-
tigt werden. Soweit die Branche jedoch – wie im
Beitrag von Herrn Prill in dieser Ausgabe gezeigt
– bevorzugt auf „fertige Mobilitätslösungen“ zu-
rückgreifen möchte, bestehen bereits jetzt Ge-
staltungsmöglichkeiten, umverschiedene Formen
von Elektromobilitätsangeboten in Neubau und
Bestand zu integrieren. Die Wohnungswirtschaft
sollte diese Gestaltungsspielräume und finanziel-
len Förderprogramme mit Blick auf einen im Jahr
2050weitgehend dekarbonisierten Gebäude- und
Verkehrssektor aktiv und kreativ nutzen, Erfah-
rungen mit Pionieren der Branche austauschen,
mit neuen Elektromobilitätsdienstleistern koope-
rieren und auch kommunale Energie- und Mobi-
litätskonzepte sowie deren Umsetzung in diesem
Sinne konstruktiv mitgestalten.
Ein Ausbau von Elektromobilitätsangeboten in der Wohnungswirtschaft ist machbar –
das zeigen die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt e-Quartier Hamburg, ...
... welches sich mit den rechtlichen Treibern, Hürden und Gestaltungs-
möglichkeiten für Wohnungsunternehmen befasst
Quelle: Daniel Kulus