Die Wohnungswirtschaft 5/2019 - page 36

STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
34
5|2019
Welche Bedeutung haben moderne Mobi-
litätslösungen für die Entwicklung Ihrer
Bestände in der Sennestadt? Welche portfo-
liostrategischen Hintergründe gibt es für Ihr
Engagement?
Kai Schwartz:
Die Sennestadt liegt heute ja noch
vor den Toren der Stadt. Da spielen solche Mobili-
tätslösungen eine große Rolle, denn sie bieten un-
serenBewohnern eine kostengünstigeMöglichkeit,
die City zu erreichen. Unabhängig davon bieten sie
dieMöglichkeit, den Stellplatzbedarf zu reduzieren.
Das schafft Raum für Nachverdichtung.
In Verbindung mit weiteren Mobilitätsangeboten
schaffenwir außerdemattraktive kostengünstige
Alternativen zum privaten Pkw. Dadurch können
unsere Mitglieder erhebliche Kosten sparen.
Das Ziel, aktiv dabei zu helfen, dass Ihre
Mieter und die Quartiersbewohner ihr Mobi-
litätsverhalten überdenken, ist vorbildlich.
Ist die gesellschaftliche und stadtentwick-
lungspolitische Verantwortung der zentrale
Beweggrund? Und was erhoffen Sie sich
konkret von der wissenschaftlichen Projekt-
begleitung?
Sabine Kubitza:
Gesellschaftliche und stadtent-
wicklungspolitische Verantwortung sind sicherlich
wichtige Gründe, umdas Projekt zu unterstützen.
Daneben spielt allerdings auch der umweltpoliti-
sche Gedanke eine große Rolle. Wir wünschen uns,
dass ein Großteil der Bewohner das kostenfreie
Ticket nutzt und den Pkw dafür stehen lässt. Von
der wissenschaftlichen Begleitung erhoffen wir
uns natürlich auch belastbare Ergebnisse. Wenn es
tatsächlich Ansätze gibt, den Stellplatzbedarf zu
reduzieren können Baukosten eingespart werden.
Das wiederum führt zu bezahlbaren Mieten.
Kooperieren Sie auch über das Sennestadt-
ticket hinaus beim Carsharing oder bei Lade-
stationen für Elektrofahrzeuge? Entwickeln
Sie gemeinsamMobilitätshubs oder gute
Fahrradstellplätze?
Kai Schwartz:
Ja, z. B. mit Cambio in Sachen
Carsharing. Darüber hinaus haben wir mit den
städtischen Verkehrsbetrieben MoBiel ein sog.
„Scholle-Abo“ vereinbart. Dadurch bekommen
unsere Mitglieder das Abo 10% günstiger. Und
schließlich kooperieren wir mit den Stadtwerken
Bielefeld bei der Installation von E-Ladesäulen.
Sabine Kubitza:
Die genannten Kooperationen
gelten auch für die BGW. Man kann sie zukünf-
tig auch noch erweitern, z.B. im Rahmen von
Quartiersentwicklungen. Sowohl bei der Projek-
tierung neuer Wohngebiete als auch im Rahmen
von Modernisierungsarbeiten können Synergien
gebündelt werden. Ladestationen, abgeschlos-
sene Fahrradstellplätze bzw. Fahrradboxen und
Carsharing-Angebote können an zentralen Plätzen
für alle Bewohner eines Quartiers bereitgestellt
werden. Das spart nicht nur Kosten, sondern
vermindert auch die Versiegelung von Flächen.
Nicht nur die Anbieter profitieren langfristig da-
von, sondern auch für die Bewohner der Quartiere
reduzieren sich die Kosten.
Sie überlegen derzeit, ob Mobilität eine
umlagefähige Komponente des Wohnens
werden kann. Können Sie sich vorstellen,
dass Angebote wie Inklusivmietenmodelle
mit Energieflatrate und ÖPNV-Nutzung in
Bielefeld funktionieren? An welche Zielgrup-
pen denken Sie dabei?
Kai Schwartz:
Jeder Beitrag zur Förderung von
Mobilität macht den ÖPNV preiswerter und at-
traktiver. Wäre es möglich, die Kosten für solche
Mobilitätskomponenten mit den Betriebskosten
umzulegen, könnteman als regionaleWohnungs-
wirtschaft einen erheblichen Beitrag zur Kos-
tendämpfung bei den Preisen für Bus und Bahn
erzielen und damit einen wichtigen Anreiz zum
Umstieg auf den ÖPNV geben. Was beim Semes-
terticket schon heute funktioniert, sollte in der
Wohnungswirtschaft auch möglich sein.
Vielen Dank für das Interview.
Die Fragen stellte Olaf Berger.
Interview mit Sabine Kubitza und Kai Schwartz
„Wir wünschen uns, dass ein Großteil der Bewohner das
kostenfreie Ticket nutzt und den Pkw dafür stehen lässt“
Neben Carsharing-Modellen, Ladestationen für Elektrofahrzeuge und guten Unterstellmöglichkeiten für
Fahrräder in den Wohngebieten, stellt das nun eingeführte Sennestadtticket einen weiteren Baustein für
eine Mobilitätswende und für attraktivere Städte und Quartiere dar. Warum, erklären die BGW-Geschäfts-
führerin und der Vorstandsvorsitzende der Freien Scholle.
Weitere Informationen:
,
un
d
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
1...,26,27,28,29,30,31,32,33,34,35 37,38,39,40,41,42,43,44,45,46,...84
Powered by FlippingBook