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der Keller wieder etwas feuchter ist, dann wissen
wir: Wir wohnen in einem Denkmal.“
Die Sanierung des Hauses 2016 sei eine Heraus-
forderung gewesen, weil alle Fenster erneuert
wurden. Gerne hätten sie im Zuge der Arbeiten
auch einen direkten Zugang aus der Wohnung zum
Garten bekommen – das sei bei einem Denkmal
aber nicht möglich. „Wir wohnen gerne hier. Das
Umfeld ist toll und mit dem Bauverein haben wir
einen Vermieter, der sich kümmert und viel dazu
beiträgt, dass das Quartier in Schuss bleibt“, sagt
Marten Gäde. Die Gartenstadt sei aus seiner Sicht
etwas Besonderes, weil „man sich hier kennt und
hilft“. Aus Begegnungen würden schnell auch
Freundschaften.
Denkmalbehörde lobt Partnerschaft
Damit die Strukturen erhalten bleiben, nimmt
der Bauverein Jahr für Jahr viele Millionen Euro
in die Hand. Die 55 Gründerzeithäuser sind in den
vergangenen Jahren mit etwa 13 Mio. € energe-
tisch saniert und die Grünanlagen, Beleuchtungen
und Wege auf Vordermann gebracht worden. Der
Bauverein agierte dabei in enger Abstimmung
mit der Unteren Denkmalschutzbehörde. Dort
ist man sehr zufrieden über die Entwicklung in
den vergangenen Jahren. „Es läuft sehr gut“,
lobt Ruth Bohlke aus dem Bereich Bauaufsicht/
Denkmalpflege bei der Stadt Wilhelmshaven den
Erhalt der Gartenstadt. Für sie sei spürbar, dass
der Bauverein auf seine Wohnanlagen „durchaus
stolz ist und großes Interesse hat, die Gartenstadt
in der ursprünglichen Form zu erhalten“.
Die Gartenstadt stehe als gesamte Siedlungsan-
lage unter Denkmalschutz. Bei der Konzeption
seien seinerzeit bis zu Gartenlauben, Zäunen,
Sandkästen und Spielplätzen alle Details geplant
worden. Bohlke: „Das Konzept ist damals aus der
Erkenntnis entstanden, dass die Menschen statt
enger Bebauung frische Luft, Sonne und Gärten
zur Selbstversorgung brauchen.“ Bis heute seien
fast alle Gebäude – bis auf die nach dem Ende des
Zweiten Weltkrieges erstellten Ersatzbauten –
und die umfangreichen Außenanlagen in ihrem
Gesamteindruck erhalten. „Mit dem Bauverein
werden alle Details besprochen. Das reicht von
der Fassadengestaltung bis hin zur optischen und
farblichen Gestaltung der Eingangstüren.“ So sei-
en einige Häuser, nachdem dort vor Jahrzehnten
große Fenster eingebaut wurden, wieder in den
Urzustand zurückgebaut worden. „Wir haben
immer gemeinsam Lösungen und Kompromisse
gefunden“, so Bohlke. Ein Beispiel sind die Kel-
lereingangstüren, die heute nicht mehr die ori-
ginale Bauweise haben. Es sei aber im Interesse
des Denkmalschutzes, dass die Objekte bewohn-
und vermietbar bleiben und für den Bauverein
die Kosten auch wirtschaftlich tragbar sind. „Wir
kümmern uns um das äußere Erscheinungsbild“,
sagt sie. Im Innern könne der Bauverein durch
Grundrissänderungen oder Baderneuerungen die
Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Woh-
nungen zeitgemäß sind.
Liebe zum Detail ist kostspielig
Bisher ist die Kombination aus Denkmalschutz und
Modernisierung offenbar gelungen. Auch Sigrid
Linsen-Steiner und Robert Steiner wohnen seit
13 Jahren gerne hier. „Als ich die weißen Häuser
mit den grünen Fenstern das erste Mal gesehen
habe, dachte ich: Da wohnen bestimmt ganz rei-
che Leute“, erzählt die Seniorin. Für sie sei es ein
Geschenk, so schön und mit Garten zu wohnen.
Die Sanierung des Hauses habe viele Vorteile ge-
bracht. „Früher waren die Fenster schon ein biss-
chen zugig.“ Für ihren aus den USA stammenden
Mann ist die Umgebung einzigartig. „Man wohnt
NEUBAU UND SANIERUNG
250 Häuser in Klinkerbauweise charakterisieren den zweiten Bereich der Gartenstadt,
der von 1936 bis 1939 gebaut wurde
Viel Liebe zum Detail und großes
Engagement der Bewohner sorgen für ein
besonderes Wohnumfeld in der Gartenstadt –
auf 1 m
2
Wohnfläche kommen
„Auf Siebethsburg“ 1,5m
2
Grünfläche
Das Zuhause für die Werftarbeiter der Kaiserlichen Werft:
die Middelsfährstraße 9 um 1910
Quelle: Stadtarchiv Wilhelmshaven
Quelle: Bauverein Rüstringen
Quelle: Bauverein Rüstringen