STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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10|2018
Ein attraktiver öffentlicher Raum kann maß-
geblich dazu beitragen, sich in einem Quartier
wohlzufühlen. Dazu gehören neben Grünflächen
und Ruhezonen mit komfortablen Stadtmöbeln
differenzierte Angebote für unterschiedliche Ziel-
gruppen: bspw. ein Aktivpark, ein Andachtsort, ein
Streichelzoo, ein Jugendtreff, ein Werkhof oder
ein Schreberpark.
Sprache und Bildung sind elementar für das Ge-
lingen von Integration in einemQuartier – was im
Handlungsfeld „Bildung“ Berücksichtigung findet.
Stadtplaner und Immobilienwirtschaft können ih-
ren Teil dazu beitragen, indem sie Bildungseinrich-
tungen baulich einladender gestalten („Betonein-
gänge zurückbauen“) und eine Mehrfachnutzung
von Gebäuden anstreben: „Kindergärten, Schulen,
Volkshochschulen, Bibliotheken könnten sich für
sekundäre Nutzungen öffnen, um im Alltagsle-
ben der Bewohner präsent zu sein“, schlägt Bernd
Lohse vor, Projektleiter bei RAGMontan Immobi-
lien. Auch der Austausch und die Vernetzung von
Bildungsinstitutionen mit Vereinen, Kirchen und
anderen Akteuren seien wünschenswert.
Wohnen und Arbeiten sollten in enger Nachbar-
schaft erfolgen, ist doch Arbeit ein Schlüssel für
Integration und gesellschaftliche Teilhabe. Im
Handlungsfeld „Lokale Ökonomie“ wird die Schaf-
fung von niedrigschwelligen gemeinschaftlichen
Produktionsstandorten vorgeschlagen, die allen
Bewohnern offen stehen. Kostengünstige und
platzsparende Lösungsansätze für kleingewerb-
liche Nutzungen können beispielsweise per Mo-
dulbauweise errichtete Gebäude darstellen oder
Gewerbehöfe in nicht mehr genutzten Gebäuden.
Managementansätze
Jeder einzelne Griff in die Toolbox, so die Empfeh-
lung der Initiatoren, sollte über Managementan-
sätze koordiniert erfolgen. Es bedürfe einer Stelle,
die das „große Ganze“ im Blick behalte. Es müsse
deshalbAkteure vor Ort geben, die sich kümmern –
engagierte Leute, „lokale Helden“ möglichst, die
gut vernetzt seien und bei der Realisierung der Pro-
jekte mitwirken. „Die Lösungsansätze und Umset-
zungsideen sind von uns auf Übertragbarkeit auf
andereQuartiere überprüftworden und lassen sich
in Abhängigkeit der Bedarfe eines Quartiers kom-
binieren und zu einemspezifischen ganzheitlichen
Konzept zusammenfügen“, betont Dr. Rainer Fuchs.
Von der Denkfabrik bis zum fertigen Produkt
Die Toolbox ist das Ergebnis des Projekts „Glück-
auf Nachbarn – Modellquartier Integration“ (siehe
auch DW 9/2017, S. 14), das Anfang 2016 im
Rahmen der Initiative „Glückauf Zukunft“ ent-
standen ist. Die Initiatoren RAG-Stiftung, RAG
Montan Immobilien und VIVAWEST wollen da-
mit richtungsweisende Impulse setzen, wie sich
das Ruhrgebiet auch nach dem Ende des aktiven
Bergbaus als attraktive und lebenswerte Region
weiterentwickeln kann.
Das Projekt folgte einem innovativen 2-stufigen
Prozess: In der ersten Phase, der „Denkfabrik“,
entwickelten sechs Experten aus unterschiedli-
chen Fachdisziplinen Thesen, wie Integration im
Quartier gelingen kann. In der darauffolgenden
„Werkstattphase“ erarbeiteten vier internationa-
le Planungsteams aus Architekten, Stadtplanern
und Soziologen auf Basis dieser Thesen umfas-
sende Konzepte mit Lösungsansätzen für eine in-
tegrationsfördernde Gestaltung von Quartieren.
Dabei wurden die Bewohner miteingebunden.
„Ich kenne kein Beispiel in der Quartiersentwick-
lung, das eine derart breite Allianz von interdis-
ziplinäremExpertenwissen in der Denkfabrik mit
planerischer Konzeption in der Werkstattphase
verbindet“, betont VIVAWEST-Geschäftsführerin
Claudia Goldenbeld.
Die Quartiere von heute auf die Herausforderun-
gen von morgen vorzubereiten, ist für VIVAWEST
die zentrale Zukunftsaufgabe. Die Frage, in wel-
chen Nachbarschaften und in welcher Art von
Wohnumfeld die Menschen heute und in zehn bis
20 Jahren leben möchten, in welchem Quartier
sie sich deshalb niederlassen, beschäftigt das
Unternehmen grundsätzlich und bei jeder Inves-
tition, die in einem der ca. 600 Quartiere geplant
wird. Die soziodemografischen Veränderungen,
die durch die Alterung der Gesellschaft, durch
Migration und zunehmende Segregation sowie
durch erodierende gesellschaftliche Stabilisie-
rungsmechanismen in den Statistiken der Kom-
munen ablesbar sind, finden letztendlich in den
Quartieren statt. Sie zu „modernisieren“ heißt
nicht allein, Gebäude undWohnungen zu sanieren,
sondern vielmehr, diese auch somit ihremUmfeld
zu vernetzen, dass Nachbarschaften gestärkt und
Interaktionen gefördert werden.
Das Unternehmen investiert daher zunehmend
in die kommunikationsfördernde und auf Sicher-
heit ausgelegte Gestaltung des Wohnumfelds und
macht die Quartiere damit zu Treffpunkten mit
öffentlichemCharakter auf der einen, und privaten
Rückzugsräumen auf der anderen Seite. Beglei-
tet wird dies durch den verstärkten Einsatz von
Menschen vor Ort – den sog. Quartiersmeistern.
Das Projekt „Modellquartier Integration“ ist bei-
spielgebend für diesen aus Sicht von VIVAWEST
zentralen Erfolgsfaktor bei der Gestaltung zu-
kunftssicherer und lebenswerter Quartiere.
Im Rahmen des Symposiums „Glückauf
Nachbarn – Impulse für erfolgreiche
Integration im Quartier“ auf der
Zeche Zollverein in Essen diskutierten
Fachöffentlichkeit und Initiatoren Ende
Juni 2018 die Ergebnisse des Glückauf-
Nachbarn-Projekts
Weitere Informationen:
projekte/glueckauf-nachbarn/
toolbox-glueckauf-nachbarn
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Quelle: VIVAWEST/ Lina Nikelowski