DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 7/2015 - page 59

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Für Unternehmen anderer Rechtsformen kann
eine vergleichbare (Berichts-)Pflicht zur Unter-
nehmensplanung zum einen aus der analogen
Anwendung des Aktienrechts abgeleitet werden.
Zum anderen wird eine solche Verpflichtung aus
den allgemeinen gesetzlichen Sorgfaltspflichten
der Unternehmensleitung durch das Schrifttum
zu den gemäß § 53 Genossenschaftsgesetz und
§ 53Haushaltsgrundsätzegesetz durchzuführenden
Geschäftsführungsprüfungen bekräftigt. Hier wird
die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften
Geschäftsleiters zum Maßstab für die Ordnungs-
mäßigkeit der Geschäftsführung erhoben.
Mittelbare Rechtspflichten zur (längerfristigen)
Unternehmensplanung ergeben sich aus der Er-
füllung weiterer Vorschriften. Nur mit Hilfe einer
aussagefähigen Unternehmensplanung ist die
Einhaltung nachfolgender gesetzlicher Bestim-
mungen zu gewährleisten:
• Beurteilung der Fortführungsprämisse bei Auf-
stellung des Jahresabschlusses (§ 252 Abs. 1
Nr. 2 Handelsgesetzbuch (HGB)),
• Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung
im Lagebericht (sog. Prognosebericht; § 289
Abs. 2 Nr. 2 HGB),
• Berichterstattung über wesentliche Risiken der
künftigen Entwicklung im Lagebericht (sog.
Risikobericht; § 289 Abs. 1 HGB) und
• Implementierung eines Risikofrüherkennungs-
systems (§ 91 Abs. 2 AktG).
Ziel der Unternehmensplanung
Wesentliche Ziele der Unternehmensplanung sind
die Sicherung der Unternehmenszukunft, die Er-
reichung der Unternehmensziele und die Erhö-
hung der Wirtschaftlichkeit.
Eine sorgfältige Unternehmensplanung dient der
Insolvenzprophylaxe und Existenzsicherung des
Wohnungsunternehmens. Die Unternehmens-
planung kann insofern auch als ein wesentlicher
Bestandteil des Risikofrüherkennungssystems im
Sinne des § 91 Abs. 2 AktG angesehen werden:
• Verminderung bzw. Vermeidung von Fehlent-
scheidungen durch eine hinreichende Entschei-
dungsvorbereitung,
• rechtzeitige Anpassung an sich verändernde
Marktbedingungen und
• Schaffung von effizienten Kontrollmöglich-
keiten mittels Plan-Ist-Vergleichen.
Ausgestaltung der Unternehmensplanung
Die Ausgestaltung der Unternehmensplanung
liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Unterneh-
mensleitung, die amMaßstab der konkreten Ver-
hältnisse des einzelnen Unternehmens auszuüben
ist. Unternehmen der Wohnungswirtschaft sollten
über eine langfristige Unternehmensplanung von
fünf bis zehn Jahren verfügen. Gerade die Woh-
nungswirtschaft hat eine Vielzahl von verlässlich
ableitbaren Parametern für die Unternehmens-
planung.
Vor dem Hintergrund der Prämissen der Demo-
grafie und der Stadtentwicklung sind speziell
folgende Faktoren in die Planung mit einzube-
ziehen:
• Entwicklung der Bestände in den einzelnen
Stadtteilen,
• Mieten- und Leerstandsentwicklung und
• Notwendigkeit und Zeitpunkt von Erhaltungs-
und Erweiterungsinvestitionen
Grundlage für eine systematische Planung, Steu-
erung und Kontrolle des Wohnungsbestandes ist
das
Portfoliomanagement
. Auf der Grundlage
der Portfolioanalyse wird der Investitionsplan
erstellt. Dieser fließt dann in den mehrjährigen
Wirtschafts- und Finanzplan ein.
Wirtschaftsplan
Der Aufbau des Wirtschaftsplanes sollte sich
grundsätzlich am handelsrechtlichen Gliede-
rungsschema
(Plan-Bilanz und Plan-Gewinn-
und Verlustrechnung)
orientieren. In diesem
Zusammenhang ist die Prüfung der Aktivierungs-
fähigkeit von Modernisierungsmaßnahmen von
besonderer Bedeutung, da diese direkten Einfluss
auf zukünftige Jahresergebnisse hat.
Aus der Plan-Bilanz und der Plan-Gewinn- und
Verlustrechnung lassen sich Kennzahlen ableiten,
anhand derer man für den Bestand des Wohnungs-
unternehmens gefährdende Entwicklungen früh-
zeitig erkennen kann. Beispielhaft seien hier die
Veränderung der Eigenmittelquote, die Zins- und
Kapitaldienstdeckung, die Tilgungskraft und der
mögliche Kapitaldienst genannt (siehe Tabelle
oben).
Finanzplan
Bei der Finanzplanungwerden ausgehend vomFi-
nanzmittelbestand amAnfang der Periode die vor-
aussichtlichen liquiditätsmäßigen Veränderungen
des laufenden Wirtschaftsjahres bestimmt. Ein
wesentlicher Punkt ist dabei der voraussichtliche
liquiditätsmäßige Jahresüberschuss, der im Vor-
feld im Rahmen des Wirtschaftsplanes ermittelt
worden ist. Daneben sind u. a. die Investitionen
und deren Finanzierung sowie auch außerplanmä-
ßige Tilgungen zu berücksichtigen.
Fazit
Es liegt auf der Hand, dass bei geeigneter und zuver-
lässiger Unternehmensplanungmit einhergehender
Kurskontrolle das „Gegensteuern“ und ggf. auch die
Vorbeugung von Unternehmenskrisen wesentlich
einfacher ist. Die Ausgestaltung der Unternehmens-
planung ist abhängig von der Größe und Komplexität
des Wohnungsunternehmens. Geeignete und auch
für kleinere Wohnungsunternehmen finanzierbare
Softwarelösungen unterstützen die Unternehmens-
leitung bei der Erstellung der langfristigen Unter-
nehmensplanung. Die regionalen Prüfungsverbände
der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft und ihre
nahestehendenWirtschaftsprüfungsgesellschaften
unterstützen Sie dabei gern.
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Eigenmittelquote
Eigenkapital am 31.12.
+ Rückstellungen für Bauinstandhaltung
+ Sonderposten für Investitionszulagen x 100
Bilanzsumme am 31.12.
Anteil der Fremdkapitalzinsen an
der Nettokaltmiete (Zinsdeckung)
Fremdkapitalzinsen der Hausbewirtschaftung
Jahressollmiete abzüglich Erlösschmälerung
Anteil des Kapitaldienstes
an der Nettokaltmiete
(Kapitaldienstdeckung)
Planmäßiger Kapitaldienst der Objektfinanzierungsmittel
Jahressollmiete abzüglich Erlösschmälerung
EBITDA
Jahresergebnis
+ Fremdkapitalzinsen
+ Steuern vom Einkommen und Ertrag
+ Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände
und Sachanlagevermögen
Möglicher Kapitaldienst
EBITDA x 100
Langfristige Verbindlichkeiten aus Objektfinanzierung ggü.
Kreditinstituten und anderen Kreditgebern am 31.12.
KENNZAHLEN ZUR RISIKOFRÜHERKENNUNG
Quelle: GdW
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