Controller Magazin 3/2019 - page 42

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für Verbesserungen
erkennen. Mit Blick auf
die Ausführungen zur Risikokultur (Durch-
schnittsscore über alle Unternehmen 1,58)
sind hier noch größere Potenziale zu erschlie-
ßen.
Die Etablierung einer unterstützenden
Risikokultur scheint weiterhin eine unge-
löste und dringende Herausforderung
deutscher Unternehmen zu sein
(vgl. hierzu
auch die aktuellen Studien von Link et al.,
2018 sowie Ulrich et al., 2018). Merkmale, die
sich auf die Frequenz und Art der Risikobe-
wertung, bzw. -berichterstattung beziehen
(d. h. ‚Zyklus der Risikoerhebung sowie der
internen Berichterstattung‘ und ‚Dezentrale
Risikoerfassung‘) sind im Durchschnitt am
höchsten bewertet, was auf die recht engen
Vorgaben der gesetzlichen Regularien und
deren gewissenhafte Umsetzung in den DAX
30-Konzernen hindeuten könnte.
Hinsichtlich einer konsequenten Berücksichti-
gung von Chancen und Risiken im strategischen
Entscheidungsprozess (d. h. Schritt 2 der Analy-
se) erzielen etwas mehr als die Hälfte der Unter-
nehmen (56%) eine mittlere bis gute Gesamt-
bewertung von mindestens 2 (vgl. Abbildung 2).
Kontraintuitiv im Sinne der hier aufgestellten
Hypothese sind mit Blick auf die Gesamtergeb-
nisse nur die Platzierungen von HeidelbergCe-
ment, Linde, Bayer, Deutsche Post und Henkel.
Während die ersten drei Unternehmen verhält-
nismäßig geringe Integrationsscores erreichen,
erzielen sie hier besonders gute Platzierungen
(2,50 respektive 2,33 und 2,17 Punkte). Die
Deutsche Post und Henkel hingegen, die gemäß
Abbildung 1 Risikomanagementsysteme mit
Unternehmen in zwei Gruppen geteilt: Die erste
Gruppe bilden die Unternehmen, deren Ge-
samtscore mindestens einen ‚mittleren‘ Wert,
also 2 oder höher, annimmt (n = 11). Die ver-
bleibenden Unternehmen mit geringeren Integ-
rationswerten bilden die zweite Gruppe (n =
14). Mittelwertvergleiche zwischen diesen
Gruppen entlang der Merkmale aus dem zwei-
ten Untersuchungsschritt beleuchten abschlie-
ßend den vermuteten Zusammenhang.
Diskussion der Ergebnisse
Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse der Reife-
gradanalyse.
14 der 25 betrachteten Unter-
nehmen (56%) weisen einen überdurch-
schnittlich hohen Integrationsgrad ihrer
Risikomanagementsysteme auf. Elf Unter-
nehmen (44%) erreichen dabei Werte, die
mindestens auf eine ‚mittlere‘ Integrati-
onsintensität hindeuten
(d. h. Scores ≥ 2);
ThyssenKrupp erzielt mit 2,59 Punkten das
beste Ergebnis. Fresenius Medical Care bildet
mit 1,28 Punkten hingegen das Schlusslicht.
Auffallend ist, dass über alle Unternehmen be-
sonders wenige Aussagen über das methodi-
sche Vorgehen zur Bewertung und Aggregati-
on der erfassten Risiken gemacht werden
(durchschnittlich 1,68 Punkte). Da sowohl
Hoitsch/Winter/Baumann (2006) in ihrer Stu-
die aus dem Jahre 2003 als auch Berger/
Gleißner (2007) in ihren Beobachtungen seit
2001 zu ähnlichen Ergebnissen kommen,
deutet dieser Befund auf wenig Fortschritt zu-
mindest in diesem Bereich hin und lässt
Raum
untersucht. Beispielsweise wurde für das
Merkmal „Bewertung und Aggregation“ in der
Kategorie „Instrumente“ insbesondere auf das
Vorhandensein von Analyse- und Simulations-
techniken, die auf eine ganzheitliche und pro-
aktive Risikosteuerung hindeuten, geachtet.
Eine Sonderstellung nimmt die Kategorie „Be-
richt“ ein. Anhand einer Trefferanalyse wurden
Rückschlüsse auf die Integration des Risikoma-
nagements gezogen. So wurde die Trefferan-
zahl für vier explizit risikorelevante Begriffe au-
ßerhalb der Chancen- und Risikoberichterstat-
tung (also in anderen Teilen der Geschäftsbe-
richte) in Relation zu der Trefferzahl innerhalb
dieses Abschnitts jeweils als ein Indikator für
die integrative Auseinandersetzung mit dem Ri-
sikomanagement gewertet. Ferner wurde der
relative Umfang der Chancen- und Risikobe-
richterstattung als Indikator für die Bedeutung
des Risikomanagements innerhalb eines Unter-
nehmens angesehen. Die in Abbildung 1 ge-
zeigten Scores sind die Mittelwerte dieser ins-
gesamt fünf Indikatoren, jeweils bewertet an-
hand der oben genannten Ordinalskala. Für die
abschließende Beurteilung des Integrations-
grads und somit auch des Reifegrads des Risi-
komanagements eines Unternehmens wurden
zunächst innerhalb jeder Bewertungskategorie
und unter Berücksichtigung der festgelegten
Gewichtungen Scores errechnet. Der Gesamt­
score eines Unternehmens gibt das arithmeti-
sche Mittel über die fünf Bewertungskategorien
wieder.
Je höher dieser Score ausfällt, des-
to stärker ist das Risikomanagement eines
Unternehmens integriert.
Im
zweiten Untersuchungsschritt
wurden
Merkmale evaluiert, die auf eine
konsequente
Berücksichtigung von Chancen und Risiken
im Strategieprozess
sowie im Rahmen der
strategischen Entscheidungsfindung hindeu-
ten. Die Vorgehensweise entspricht dabei der
oben erläuterten Methodik. Hier wurden jedoch
lediglich sechs Indikatoren gleichgewichtet in
die Betrachtung einbezogen (vgl. Abbildung 2).
Im letzten Schritt
sollte geklärt werden,
ob
ein positiver Zusammenhang zwischen
dem Integrationsausmaß des Risikoma-
nagements und der Berücksichtigung von
Chancen und Risiken bei strategischen
Entscheidungen besteht
. Dafür wurden die
Autoren
Prof. Dr. Kay H. Hofmann
lehrt ABWL, insb. Internationales Management an der Hoch-
schule Osnabrück. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte
liegen im Bereich strategischer Standortentscheidungen global
tätiger Unternehmen sowie der angewandten Medienökonomie.
E-Mail:
Frederik Fink M.A.
ist Absolvent des Studienprogramms „Business Management“
der Hochschule Osnabrück. Er beschäftigt sich schwerpunkt-
mäßig mit dem Zusammenhang zwischen einem integrierten
Risikomanagement und einer robusten sowie zieloptimalen
strategischen Entscheidungsfindung.
E-Mail:
Integrierte Risikomanagementsysteme
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