CONTROLLER Magazin 2/2018 - page 89

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ist es demnach wichtig, das Themengebiet dem
unternehmensweiten Risikomanagement zuzu-
ordnen, für Interdisziplinarität zu sorgen und
eine Top-Down Ausrichtung zu gewährleisten.
Es zeigt sich, dass auf Basis der geführten In-
terviews alle getroffenen Annahmen bestätigt
werden können.
Handlungsempfehlungen
Der Mittelstand verfügt hinsichtlich komplexer
Managementinstrumente im Unterschied zu
großen Unternehmen nur über beschränkte
Ressourcen und Know-how. Unter Berück-
sichtigung des Prinzips der Ressourcenscho-
nung müssen daher die für mittelständische
Unternehmen empfehlenswerten Risikoma-
nagementinstrumente möglichst einfach ge-
halten werden. Daneben muss auch das Erfor-
dernis einer klaren organisatorischen Struktur
des Personalrisikomanagements beachtet
werden. Nach Meinung der Befragten ist es
wichtig, Personalrisikomanagementverant-
wortliche zu definieren. Entsprechend der
wertschöpfungsorientierten Controlling-Kon-
zeption sollte das Top-Management im Mittel-
stand für die effektive Ausgestaltung des Per-
sonalrisikomanagements verantwortlich sein.
Hinsichtlich von Planung, Entscheidung und
Kontrolle muss die Verantwortung i. S. d. Ab-
stimmungsfunktion beim Personalcontrolling
bzw., wenn nicht vorhanden, bei der Control-
ling-Abteilung liegen. Dieser Stelle obliegt
i. S. d. Informationsfunktion zudem die Aufga-
be, Personalrisiken an das obere Management
zu berichten. Das Personalcontrolling sollte
hier auch immer den Ressourceneinsatz im
Auge behalten und den Erfolgsbeitrag des
Personalrisikomanagements – beispielsweise
durch Kennzahlen oder Wirkungsanalysen –
überwachen.
Personalrisiken müssen möglichst syste-
matisch, kontinuierlich und proaktiv er-
fasst werden.
Die Identifikation dieser Risiken
muss ausgehend von den Zielen des Unterneh-
mens retrograd erfolgen. Die anschließende
Bewertung dieser Risiken kann mithilfe einer
Risikomatrix durchgeführt werden. Auf Basis
einer Risikoaggregation werden anschließend
die Wechselwirkungen der Personalrisiken mit
anderen Fachbereichen abgestimmt. Durch die
existieren und Wertschöpfung zu erzielen.
Gründe, warum mittelständische Unternehmen
kein Personalrisikomanagement etablieren, las-
sen sich vor allem in den fehlenden Ressourcen
finden. Diese Aussage spiegelt genau das Pro-
blem wider, das auch andere Befragte anga-
ben. Dem Personal wird auf Führungsebene
nicht genug Bedeutung zugemessen. Die Kos-
tenproblematik oder andere Faktoren werden
eher priorisiert.
Zu Annahme 4
Hinsichtlich der HR-Praktiken, die jedoch nur
teilweise berücksichtigt werden, spielt vor allem
das Recruiting eine gesonderte Rolle. Die Be-
fragten betonen vermehrt,
dass gerade die
Rekrutierung von neuen Mitarbeitern am
risikoreichsten ist
und dass hier eine Risiko-
betrachtung stattfindet. So geben sie an, dass
falsche Personen auf der falschen Position den
größten Schaden für das Unternehmen verur-
sachen könnten. Das liege jedoch nicht an der
Person selbst, sondern an Fehlentscheidungen
der Entscheidungsträger.
Im letzten Teil des Interviews sollte herausge-
funden werden, wie ein Personalrisikomanage-
ment im Mittelstand konzipiert sein muss, da-
mit es auch Anwendung finden kann. Generell
sind sich alle Befragten einig, dass das Perso-
nalrisikomanagement ein strategisches Thema
ist, dass aber mittelständische Unternehmen
leider oftmals keine Personalstrategie haben.
Hinsichtlich der Verantwortung des Personalri-
sikomanagements gaben die Interviewpartner
an, dass dies immer Top-Down erfolgen muss,
da nur die Geschäftsführung die gesamtheitli-
che Sicht auf die Prozesse des Unternehmens
gewährleisten könne. Die Verantwortung der
Durchführung des Personalrisikomanagements
sollte in erster Linie bei den Personalverant-
wortlichen liegen. Falls keine Personalabteilung
vorhanden ist, solle die Verantwortung dem Ge-
schäftsführer übertragen werden.
Alle Betei-
ligten gaben an, dass das Personalrisiko-
management interdisziplinär erfolgen müs-
se
, da zwischen den Fachabteilungen zum Teil
große Wechselwirkungen bestehen. Das Perso-
nal als Verursacher von Fehlern ist hier von gro-
ßer Bedeutung. Damit ein Personalrisikoma-
nagement im Mittelstand erfolgreich sein kann,
und somit auch für das Risikomanagement be-
steht.
Auch bezüglich des speziellen Be-
reichs der Personalrisiken ist durchaus ein
gewisses Problembewusstsein vorhanden
.
Neben externen Gründen für auftretende Risi-
ken wie gesetzlichen Veränderungen oder Kri-
sen, seien interne Faktoren mindestens genau-
so wichtig. Vor allem Fehlentscheidungen im
Management (auch Fehlentscheidungen bei
der Personalauswahl) sowie ein negatives Be-
triebsklima, fehlendes Know-how und Perso-
nalangelegenheiten im Allgemeinen werden als
ausschlaggebende Gründe für auftretende Risi-
ken genannt. Interessanterweise sind sich die
Probanden einig, dass intern vor allem das
Fehlverhalten der Entscheidungsträger und ne-
gatives Mitarbeiterverhalten ein ausschlagge-
bender Faktor für die auftretenden Risiken sind.
Hinsichtlich der Evaluation von Risiken sieht
man finanzielle und externe Risiken im Mittel-
punkt, die operationellen Risiken, zu welchen
auch das Personalrisiko gehört, finden in der
Evaluation jedoch keine Beachtung. Weiterhin
besteht ein eingeschränktes Bewusstsein, wie
mit diesen Risiken umgegangen werden muss,
wenn sie auftreten.
Zu Annahme 2
Hinsichtlich des Umgangs mit Risiken sind sich
die Befragten einig, dass dieser eher reaktiv als
proaktiv und jedenfalls nicht systematisch ist.
Zu Annahme 3
Im zweiten Teil des Interviews wurde speziell
auf die organisatorischen Notwendigkeiten des
Personalrisikomanagements eingegangen. Be-
züglich des Status des Personalrisikomanage-
ments kann festgehalten werden, dass das
Personalrisikomanagement im Mittelstand
nicht durchgeführt wird bzw., dass nur verein-
zelte Maßnahmen zur Steuerung von speziellen
Personalrisiken vorgesehen sind.
Meist befin-
det sich das Personalrisikomanagement im
Aufbau oder ist nicht existent.
Dies ist sehr
verwunderlich, da sich fast alle Befragten der
Notwendigkeit eines Personalrisikomanage-
ments im Mittelstand bewusst sind. Sie gaben
an, dass gerade der Mittelstand auf die Know-
how-Träger angewiesen ist, um weiterhin zu
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