Contoller Magazin 3/2018 - page 45

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Schalbe:
In den zentralen Bereichen werden
Dienstleistungen zur Verfügung gestellt, etwa
das Standardreporting, das über einen zentra-
len Reporting-Bereich erbracht wird. Damit
bündeln wir Kompetenzen, arbeiten effizient
und effektiv und vermeiden so Redundanzen.
Aber wir sind flexibel genug, um auch in den
Bereichen des Ressortcontrollings gewisse
Self-Service Ad-Hoc Abfragen und Ad-Hoc
Reports liefern zu können. Der Bereich Metho-
den und Prozesse arbeitet zentral an für uns
neuen Controllingmethoden und -instrumen-
ten oder entwickelt bestehende weiter. Der
Einsatz erfolgt dann in den operativen Control-
lingbereichen.
Seufert:
Dieser Reporting-Bereich agiert für
Lidl International? Vielleicht können Sie uns
kurz den Zusammenhang zwischen Lidl Inter-
national und den Landesgesellschaften erläu-
tern? Speziell auch im Controlling?
Schalbe:
Jede unserer Landesgesellschaften
unterhält eine eigene Controlling-Abteilung. In
der Praxis haben die Länder ein nationales Re-
porting und Lidl International betreibt das inter-
nationale Reporting. Im zentralen Reporting-
Bereich konsolidieren wir die Daten, passen
das internationale System permanent an und
entwickeln es weiter. Somit sind wir – natürlich
immer in Abstimmung mit den Landesgesell-
schaften – verantwortlich für einen internatio-
nalen Systemansatz. Nutzer sind natürlich die
Controlling-Abteilungen in den Ländern, aber
darüber hinaus auch die Fachbereiche sowohl
in der Zentrale als auch in den Ländern. Bei-
spielsweise haben wir für die Verkaufsleiter
kürzlich mobile Dashboards ausgerollt. Mehr
als 2.500 Verkaufsleiter sind jetzt in der Lage,
sich über diese Instrumente über die für sie re-
levanten KPI’s zu informieren. Ebenfalls auf un-
serer Agenda ist das Thema Shared-Service
Center. Entweder in Form eines zentralen
Shared-Service Centers oder eben in regionali-
sierten Formen. Ziel ist es natürlich auch hier,
Synergien zu schaffen.
Seufert:
Beeindruckend. Die Themen Digita-
lisierung und Digitale Transformation sind ja
gerade auch im Handel sehr relevant. Viel-
leicht können Sie uns sagen, was die Heraus-
forderungen der Digitalisierung speziell jetzt
für Lidl sind und was Sie daraus ableiten, spe-
ziell für die Unternehmenssteuerung und das
Controlling.
Schalbe:
Was den Lebensmittelhandel sicher
ein Stück weit unterscheidet ist, dass die Pro-
dukte, die Sie bei uns aktuell in der Filiale
kaufen können, wahrscheinlich nicht so ein-
fach digitalisierbar sind. Während wir heute ja
z. B. kaum noch CD’s besitzen, weil wir die
Musik streamen, wird das bei Milch und Zu-
cker wahrscheinlich nicht so ohne weiteres
möglich sein.
Seufert:
Das ist im Moment zumindest schwer
vorstellbar
Schalbe:
Von daher haben wir den Einfluss der
Digitalisierung noch nicht so stark auf der klas-
sischen Produktebene, wenngleich natürlich
auch wir digitale Dienstleistungen anbieten.
Was für uns aber aktuell eine Chance ist, ist die
Integration eines historisch stark gewachsenen
stationären Geschäfts mit einem wachsenden
Online-Geschäft, welches wir beispielsweise in
Deutschland über unseren Online-Shop abwi-
ckeln. Wir arbeiten daran, beide Welten zusam-
menzuführen. Für das Controlling heißt das,
dass wir entsprechende Kennzahlen und Steu-
erungsgrößen mit den Fachbereichen entwi-
ckeln und zusammenführen müssen. Dies be-
trifft auch die zugrundeliegenden Datenwelten.
Angesichts der Tatsache, dass sich die Prozes-
se häufig unterscheiden und es uns darum ge-
hen muss, die Abhängigkeiten untereinander
transparent zu machen, ist das eine sehr kom-
plexe Aufgabe.
Seufert:
Gibt es da aus Ihrer Sicht besonders
interessante Bereiche?
Schalbe:
Zwei Beispiele: Uns beschäftigt
etwa die Frage, welchen Einfluss ein wach-
sendes Online-Geschäft in welchen Segmen-
ten auf unser stationäres Geschäft hat und
umgekehrt. Oder die Digitalisierung des Kun-
denkanals, insbesondere die Analytik des
Kaufverhaltens. Wir arbeiten bei Lidl in beiden
Feldern intensiv an verschiedenen Lösungen,
und wir als Controller kommen dann ins Spiel,
wenn es darum geht, die ermittelten Zahlen
zu analysieren und ins Verhältnis zu den Ge-
schäftszielen zu setzen.
Seufert:
Jetzt haben Sie sehr schön das The-
ma Herausforderungen für Lidl und das Con-
trolling bei Lidl dargestellt. Ich weiß, Sie haben
ein größeres organisatorisches Projekt aufge-
stellt, das sich
Lidl Insights
nennt. Vielleicht
können Sie uns etwas darüber erzählen?
Schalbe:
Wir haben als eines unserer ersten
und größten Projekte im Controlling ein Ge-
samtsteuerungskonzept für das Unternehmen
aufgesetzt. Das Projekt haben wir
Lead
ge-
nannt. Hinter
Lead
stehen unternehmensweit
einheitlich definierte Kennzahlen und Kenn-
zahlen-Hierarchien, was eine zentrale Gover-
nance ermöglicht. Damit einher geht auch,
dass die systemseitige Abbildung eben dieser
Kennzahlen zentral über das Controlling an die
IT adressiert wird.
Seufert:
Das ist jetzt aber ein interessanter
Ansatz, d. h. Sie positionieren sozusagen das
Controlling als Mittler zwischen Fachberei-
chen und IT.
Schalbe:
Ganz genau. Wir haben gesagt, wir
gehen für den Fachbereich dahingehend in die
Dienstleistungsfunktion, die fachlichen Kenn-
zahlen- und Reportinganforderungen an die IT
zu stellen und die Ergebnisse von der IT abzu-
nehmen. Wir haben dann auch tatsächlich den
Punkt erreicht, an dem die IT gesagt hat, wir
setzen nichts mehr um, was nicht vorher vom
Controlling angefordert, geprüft und freigege-
ben ist. Das hatte natürlich den positiven Ef-
fekt, dass das Steuerungskonzept auch nicht
umgangen wurde. Auf der anderen Seite muss
man zugeben, dass wir mit der damals klassi-
schen Vorgehensweise, d. h. Anforderungsma-
nagement, Lastenheft, etc. öfter in die Situati-
on gekommen sind, in der wir am Ende nicht
das bekommen haben, was wir für den Fach-
bereich angefordert haben. Oder eben auch
am Ende der Meinung waren, wir haben es be-
kommen, aber der Fachbereich hatte dann
vielleicht zwischenzeitlich doch wieder einen
anderen Bedarf.
Seufert:
Klassische Koordinations- und Agili-
tätsprobleme.
Schalbe:
Exakt. Und wir haben als Unterneh-
men daraus die richtigen Schlüsse gezogen
und die Zusammenarbeit zwischen dem Con-
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