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Es wurden Vorlesungen gegen Ende der Veran-
staltung besucht, kurz der Hintergrund erläutert
und der Fragebogen ausgeteilt. Für die Beant-
wortung gab es Süßigkeiten. Insgesamt wurden
531 Fragebögen ausgefüllt zurückgegeben (je
nach Begriff liegen 527, 528 oder 529 Antwor-
ten vor), die Teilnehmer waren zu 45% männ-
lich und zu 55 % weiblich, drei Viertel davon
hatten das Abitur in Baden-Württemberg ab-
gelegt (76%) und das Alter wurde im Mittel mit
20,9 Jahren angegeben (Median 20, Modus
19, Standardabweichung 3,2). Die gewählten
Studienrichtungen waren verteilt, wie in Abbil-
dung 1 dargestellt.
Den Studienteilnehmern wurde folgender Text
vorgegeben: „Sie bekommen jetzt eine Liste
mit typischen umgangssprachlichen Begriffen.
Ergänzen Sie bitte spontan denjenigen Prozent-
wert („x% Wahrscheinlichkeit“) hinter den Aus-
drücken, den Sie im Sinn hätten, wenn Sie
selbst im Gespräch mit anderen den betreffen-
den Begriff verwenden würden.“ Darunter wur-
den verschiedene Begriffe aufgeführt. Ab-
schließend wurden demografische Angaben er-
hoben. Nachfolgend sind die Ergebnisse auf-
steigend dargestellt, sortiert nach dem Median
(vgl. Abbildung 2).
Die Grafik nutzt Boxplots, welche die Streuung
der Daten veranschaulichen
3
. Sehen wir uns
die Ergebnisse etwas genauer an,
fällt vor al-
lem bei den sprachlich eindeutigen Begrif-
fen sicher und ausgeschlossen auf, dass
selbst diese von den Befragten nicht ein-
deutig einer Wahrscheinlichkeit zugeord-
net werden
, auch wenn die Begriffe eindeutig
erscheinen. So sollte semantisch erwartet wer-
den, dass ausgeschlossen 0% bedeutet und
sicher 100%. Für den Begriff ausgeschlossen
ist dies noch recht nah am erwartbaren Wert
(Median und Modus liegen bei 0), jedoch ha-
ben ein Viertel (25 %-Quartil) hier 10 % und
mehr genannt. Für den Begriff sicher ist das
Ergebnis noch frappierender: Während der
Modus sowie das 75%-Quartil noch bei 100%
liegen, beträgt der Median 95% und das 25%-
Quartil sogar nur 70%. Dass die weiteren Be-
griffe wie
höchstwahrscheinlich, wahrschein-
lich
oder
möglich
breite Streuungen aufweisen,
verwundert wiederum nicht.
Auffällig ist auch der Vergleich der
Angaben
getrennt nach Geschlechtern. In den
meisten Fällen liegen die Mediane weit
auseinander
, außer bei den Begriffen
mög-
lich
,
mittel
und
gelegentlich
.
Die Angaben sind auch signifikant unterschied-
lich für die Begriffe sicher (U=30007, p<.011),
höchstwahrscheinlich (U = 29663, p<.010)
und wahrscheinlich (U = 30875, p<.049), nicht
jedoch für die anderen Begriffe (U = U-Test-
Statistik; p = Signifikanz).
Im nächsten Schritt wurde überprüft, ob es
auch Unterschiede in den Antworten zwischen
den Studienrichtungen gibt, die sich nicht nur
zufällig ergeben haben (vgl. Abbildung 4).
Der Median-Test zeigte hier für alle Begriffe au-
ßer
möglich
,
mittel
und
gelegentlich
signifi-
kante Unterschiede zwischen den Grup-
pen
. Post-hoc-Tests zeigten anschließend sig-
nifikante Unterschiede zwischen den Studie-
renden der Sozialwissenschaften und dem
Maschinenbau für die Begriffe
ausgeschlossen,
wahrscheinlich, sicher, höchstwahrscheinlich,
selten
. Weiter gab es signifikante Unterschiede
zwischen den Studierenden der Sozialwissen-
schaften und des Wirtschaftsingenieurwesens
für
wahrscheinlich
,
sicher
,
häufig
und
höchst-
wahrscheinlich
4
.
Fazit und Empfehlungen
Oft werden Begriffe anstelle von Zahlen ver-
wendet, um Häufigkeiten oder Auswirkungen
zu kommunizieren. Dazu werden typische Be-
griffe wie
hoch, niedrig
oder
selten
benutzt.
Wie diese Studie zeigen konnte, ist dies prob-
lematisch, weil selbst bei vermeintlich eindeu-
tig besetzten Begriffen wie
ausgeschlossen
oder
sicher
, für viele Menschen nicht klar ist,
was damit gemeint ist bzw. diese Begriffe
Abb. 3: Boxplot zu den Angaben der Wahrscheinlichkeiten je Begriff und Geschlecht
Autor
Prof. Dr. Thomas Berger
ist Professor für Betriebswirtschaft an der Dualen Hochschule Ba-
den-Württemberg, Stuttgart, im Fachbereich Wirtschaftsingenieur-
wesen. Er lehrt und forscht zum Thema Risikomanagement und
-wahrnehmung, speziell zur Risikoberichterstattung.
E-Mail:
CM Mai / Juni 2018