CONTROLLER Magazin 2/2017 - page 90

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Um Gesamtkosten schnell abschätzen zu kön-
nen, werden diese, wie in Formel 2 dargestellt,
durch ein Integral angenähert.
Unter der Annahme einer Nullserie der Losgrö-
ße 1 wird die Verwendung einer der Berech-
nungsvorschriften aus Formel 3 vorgeschlagen.
Links ist das Integral genau gelöst und rechts
vereinfacht. Wenn die Kosten zu einem späte-
ren Zeitpunkt, also z. B. ab der einhundertsten
bis einschließlich der zweihundertsten Einheit
benötigt werden, so werden die Kosten von der
Nullserie bis zu beiden Größen (100 und 200)
errechnet und voneinander subtrahiert.
Abbildung 2 zeigt die genauen Stückkosten bei
einer Lernrate von 75% in blau. Diese sinken
für jedes Erzeugnis weiter ab. Zudem ist die
Kostenfunktion nach der bisherigen Nähe-
rungsmethode dargestellt (Formel 3, rechts).
Abbildung 3 visualisiert die Idee, die Nähe-
rung durch eine Stetigkeitskorrektur zu ver-
bessern (Lernrate 75%).
Bei der bisherigen
Näherungsfunktion liegt die Funktion für das In-
tegral stets oberhalb der genauen Kosten, wes-
halb diese zu hoch geschätzt werden. Durch die
Verwendung der linken Berechnungsvorschrift
aus Formel 3 werden die Kosten für die erste
produzierte Einheit vernachlässigt, sodass beide
Fehler sich teilweise aufheben. Dies hat bei gro-
ßen Stückzahlen positive Effekte, bei sehr klei-
nen Stückzahlen ist die rechte Formel zu bevor-
zugen. Wie Abbildung 3 verdeutlicht, führt die
Verwendung einer Stetigkeitskorrektur dazu,
dass die Ungenauigkeiten abwechselnd über
und unter der Kurve liegen und sich so zu einem
Großteil ausgleichen. Betrachtet man diese Idee
mathematisch, so ergibt sich Formel 4 zur Ge-
samtkostenberechnung. Bei einer Losgröße der
Nullserie x0 von 1 ergibt sich daraus Formel 5.
Der gesteigerte Nutzen der optimierten Formel 5
für Controller im Vergleich zu den bewährten
Berechnungsvorschriften wird in Abbildung 4
ersichtlich. Dabei beschreibt „Formel a“ die linke
(mit Subtraktion) und „Formel b“ die rechte in
Formel 3 dargestellte Berechnungsvorschrift.
Der Vergleich mit der optimierten Berech-
nungsvorschrift zeigt, dass letztere immer zu
genaueren Ergebnissen führt. Der relative Feh-
ler wird dabei vor allem bei kleinen Stückzahlen
erheblich reduziert.
Literatur
Coenenberg A. G.: Kostenrechnung und Kos-
tenanalyse. Verlag Moderne Industrie: Lands-
berg am Lech, 1997.
Coenenberg A. G., Fischer T. M., Günther T.:
Kostenrechnung und Kostenanalyse. Schäffer-
Poeschel Verlag: Stuttgart, 2016.
Henderson. B. D.: The Experience Curve.
classics/strategy_the_experience_curve/.
Stand: 20.05.2016.
Henderson B. D.: Die Erfahrungskurve in der
Unternehmensstrategie. Campus Verlag: Fran-
furt/Main, New York, 1984.
Heuermann, A.: Die Erfahrungskurve im Tele-
kommunikationsbereich. Springer-Verlag: Ber-
lin, Heidelberg, New York, Tokyo, 1989.
Fußnoten
1
Ursprüngliche (englischsprachige) Formulie-
rungen von Henderson ausführlich dargestellt
in: Henderson (2016/1968).
2
Ausführlich dargestellt in: Henderson (1984).
3
Die Zahlenwerte sind aus Geheimhaltungs-
gründen verändert.
Autor
Timo Wortmann
hat im Rahmen eines dualen Studiums in Kooperation mit der
Firma Miele & Cie. KG erste Projekterfahrungen sammeln kön-
nen. Mittlerweile studiert er an der TU Braunschweig Wirt-
schaftsingenieurwesen im Master.
E-Mail:
Formel 4: Annäherung der Gesamtkosten mit Stetigkeitskorrektur
Formel 5: Neue Formel zur Gesamtkostenermittlung
Abb. 4: Vergleich der Formeln
Kostenermittlung mit dem Erfahrungskurvenansatz
1...,80,81,82,83,84,85,86,87,88,89 91,92,93,94,95,96,97,98,99,100,...116
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