65
auf die Kundenzufriedenheit zu gewinnen, und
aus diesen Erkenntnissen konkrete Aktivitäten
zur Verbesserung dieser wichtigen Einflussgrö-
ße für den eigenen Geschäftserfolg abzuleiten.
Als Partner des Managements gehört die
Ableitung neuer bzw. präzisierter Geschäfts-
modelle zu den Kernkompetenzen eines
Controllers.
Er muss daher die Chancen aus
datengestützter Qualität erkennen und in wirk-
same Geschäfts-Konzepte umsetzen können.
Zahlungsströme und Big Data
Die Betrachtung der Zahlungsströme zwischen
dem Unternehmen und seinen Stakeholdern si-
chert die Anspruchsbefriedigung der unter-
schiedlichen Interessengruppen. Auch dies ist
ein zentraler Baustein Moderner Wertorientie-
rung. Entsprechend ist es notwendig, Zah-
lungsströme adäquat planen bzw. voraus-
schauen zu können. Hierin liegt ein weiterer
Einsatzschwerpunkt von Big Data.
Verbesserte Prognosen können dabei helfen,
die inhärente Unsicherheit von Zahlungsströ-
men zu bewältigen. Prognose ist ohne Frage
ein etabliertes Thema, an dem sich Statistiker
seit vielen Jahren abgearbeitet haben. Klassi-
sche Absatz- bzw. Umsatzprognosen basieren
häufig auf Zeitreihenanalysen.
Neben Zeit-
reihen auch kausale Aspekte mit einzu-
bringen, ist ein wesentliches Merkmal
moderner Ansätze
. Je mehr z. B. über einen
Kunden bekannt ist, desto besser kann auf
sein zukünftiges Verhalten, einschließlich
Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit
geschlossen werden.
Über standardisierte Kennzahlen des „Cash-
to-Cash Cycle“
6
lassen sich Zahlungen auf-
grund von Umsatzerlösen antizipieren. Diese
Schätzungen sind jedoch recht pauschal. Da-
bei sind zahlreiche Informationen vorhanden,
um die Prognosegüte mithilfe von Big Data zu
verbessern:
·
Das
Zahlungsverhalten
einzelner Kunden
ist bekannt. Liegen ausreichend große Erfah-
rungen vor, können hier Bandbreiten ermit-
telt werden.
·
Es kann untersucht werden, inwieweit
volks-
wirtschaftliche Parameter
Einflüsse auf
das Zahlungsverhalten (einschließlich des
Zahlungsausfalls) haben.
·
Moderne Analyse-Verfahren können Annah-
men über die
Wirkung von Qualitätspro-
blemen auf das Zahlungsverhalten
plau-
sibilisieren und differenzierte Aussagen er-
möglichen, welche konkreten Mängel dabei
eher signifikant sind als andere.
Neben den Einzahlungen müssen die Auszah-
lungen prognostiziert werden. Dabei spielen
Informationen eine große Rolle, die eine Ein-
schätzung über die realisierbare Kaufkraft des
vom Unternehmen eingesetzten Geldes ermög-
lichen. Das betrifft z. B. Erkenntnisse über die
Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Koope-
rationsbereitschaft der jeweiligen Zahlungs-
empfänger, über die Bedarfsentwicklung des
Unternehmens bezüglich Personal, bezogener
Leistungen und Material etc.
Diese Informationen können in ein moder-
nes Planungsmodell einfließen.
Dabei ist
zu klären, wie granular ein solches Planungs-
modell sein soll. Grundsätzlich ermöglichen
leistungsstarke InMemory-Maschinen den
Einbezug aller ERP-basierten Informationen.
Sogenannte „Advanced Planning and
Scheduling“-Systeme (APS)
basieren auf
diesem Ansatz. Ihre Praktikabilität wird sich in
den kommenden Jahren erweisen müssen.
Wirkungsstufen und Big Data
Das Wissen um messbare Zusammenhänge ist
essenziell für das Controlling.
Was sind die
Treiber für den Erfolg?
Fortschritte auf die-
sem Feld werden die Positionierung der Con-
troller in der Zukunft maßgeblich beeinflussen.
Heute werden in vielen Ansätzen ungeprüfte
Annahmen über Wirkungsbeziehungen implizit
verarbeitet.
·
So stellt die
Strategy Map einer Balanced
Scorecard
vermutete Wirkungsbeziehungen
als direkte und latente Variablen (z. B. Pro-
duktqualität auf Kundenzufriedenheit) dar,
ohne dass eine Verifizierung und Quantifizie-
rung erfolgt.
·
Auch die
Werttreiber sind eine Ausprä-
gung des Wunsches
nach Verständnis der
Einflussmöglichkeiten für die gewählten Er-
folgsgrößen wie EVA oder ROCE. Dabei be-
schränken sich die meisten Darstellungen
jenseits der Definitionsgleichungen
7
auf will-
kürlich festgelegte Zusammenhänge.
·
Und viele Planungsmodelle schreiben die
„üblichen“ Algorithmen fort, selbst wenn das
Jahr für Jahr zu erheblichen Abweichungen
führt, weil sie die Wirkungen des unterneh-
merischen Handelns nicht hinterfragen.
In der Praxis lösen sich daher die auf Erfahrun-
gen beruhenden alltäglichen Handlungen oft
von den betriebswirtschaftlichen Handlungs-
empfehlungen. Das empfinden meist alle Betei-
ligten als unbefriedigend.
Im Kern geht es bei den Wirkungsstufen um
das „Erwartungshaltungs-Management“ der
für ein Unternehmen relevanten Interessen-
gruppen (Stakeholder) und seine Einbeziehun-
gen in die Zielsetzung, Planung und Steuerung
des Unternehmens. Es geht um Erkenntnisse
·
zu Verhalten & Einstellung
·
zu Wahrnehmung & Wissen
·
zur Vermittlung des (gewünschten)
Bildes vom Unternehmen
·
zu Koordination & Kommunikation der
internen Fertigungs- und Logistikströme
aller Bereiche
und schließlich
·
zum wirkungsbezogenen Einsatz von
Ressourcen und Mitarbeitern.
Dafür liegen
in der Praxis nur wenig struktu-
rierte und vernetzte Daten
vor. Einzelne In-
formationen hingegen gibt es zahlreiche: in den
Buchungssystemen, in vielfältigen Kundenin-
formations-Datenbanken (CRM), in den Syste-
men für die logistische Steuerung (SCM), im
Personalbereich (HR-Systeme), in der intern
oder extern (über Agenturen) organisierten Un-
ternehmens-Kommunikation, in Content-Ma-
nagement-Systemen (Wissensmanagement)
etc.
Diesen Datenschatz gilt es aufzuberei-
ten, zu vernetzen und durch sinnvolle wei-
tere Informationen zu ergänzen.
Hier ist zu
hoffen, dass Big Data und Advanced Analytics
neuen Wind in Bezug auf die Einsetzbarkeit
eines wirkungsvollen Erwartungshaltungs-
Managements bringen werden.
Der methodische Baukasten steht lange bereit
– eine kleine Auswahl:
CM Mai / Juni 2016