CONTROLLER Magazin 3/2016 - page 63

61
Zahlreiche Unternehmen verschiedener Grö-
ßenordnungen, wie z. B. Kyocera, Gore, und
Japan Airlines zeigen, dass das System er-
folgreich angewendet werden kann. Im Allge-
meinen kann man sagen, dass
Unterneh-
men
mit Geschäftsfeldern, die durch
inten-
siven Wettbewerb und schnellen techno-
logischen Wandel
geprägt sind,
sehr gut
für das Amöben-Management-System
geeignet
sind. Da Unternehmen in Industrie-
ländern aufgrund ihrer führenden Rolle in der
Wirtschaft Veränderungen zuerst ausgesetzt
sind, kann das Amöben-Management-Sys-
tem Antworten auf die Fragestellungen der
Zukunft liefern.
Literatur
Adler, R. / Hiromoto, T.: Amoeba Manage-
ment: Lessons from Japan’s Kyocera, in: MIT
Sloan Management Review, 54 (2012) 1,
S. 83-89
Inamori, K.: Respect The Divine and Love Peo-
ple: My Philosophy of Business Management,
San Diego, 1999 (Zitat unvollständig! Verlag
oder Website?)
Inamori, K.: Amoeba Management: The Dyna-
mic Management System for Rapid Market
Response, Boca Raton, 2013
Takeda, H. / Boyns, T.: Management, accoun-
ting and philosophy: The development of ma-
nagement accounting at Kyocera, 1959-2013,
in: Accounting, Auditing & Acountability Jour-
nal, 27 (2014) 2, S. 317-356
lich aktualisierten Steuerungsgröße. Durch ihre
Transparenz und Verständlichkeit schafft sie
es, alle Mitarbeiter in die Leitung des Unterneh-
mens mit einzubeziehen –
management by
all
. Zudem wird durch die Aufteilung des Unter-
nehmens in
selbstgesteuerte Organisatio-
nen
eine
hohe Reaktionsgeschwindigkeit
ermöglicht.
Allerdings kann das System für ein Unterneh-
men nur funktionieren, wenn die Unterneh-
mensleitung zu fundamentalen Veränderungen
bereit ist. Das
Amöben-Management-Sys-
tem basiert
in erster Line nicht auf Regeln und
Strukturen, sondern
auf einer holistischen
Philosophie
, die in vielen Punkten große Un-
terschiede zu westlichen Unternehmenskultu-
ren aufweist.
Ziel ist
nicht unmittelbar die Ge-
winnmaximierung des Unternehmens, sondern
eine Steigerung des Wohlstandes der Ge-
sellschaft
. Inamori wurde bei der Entwicklung
seiner Unternehmensphilosophie sehr stark
durch das Konzept „toku“ beeinflusst, das in
Japan, China, Korea, Taiwan Hongkong und
Singapur seit Jahrtausenden verbreitet ist.
„Toku“
bezeichnet eine Reihe von Werten, die
Glück und sozialen Fortschritt als Prioritä-
ten
ansehen, während Gewinn als zweitrangig
und als Folge von der Erreichung anderer Ziele
eingestuft wird. (vgl. Takeda/Boyns, 2014,
S. 327). Basis für eine erfolgreiche Implemen-
tierung ist daher, dass das Management die
Leitgedanken vorlebt. Erschwerend kommt hin-
zu, dass der Erfolg der Implementierung ab-
hängig von der Kultur des Unternehmens und
des Landes ist.
denorientierung und einem langfristigen
Teamgeist im Arbeitsumfeld, benannt
werden.
Die meisten Industriestaaten brin-
gen diese Voraussetzungen mit sich, was
nicht zuletzt an ihren gut ausgebildeten Mana-
gern liegt. Dennoch wird sich ohne eine ent-
sprechende Unternehmenskultur und den
passenden Führungsstil langfristig kein Erfolg
einstellen. Das Amöben-Management und
sein einzigartiges Controllingsystem sind Teile
eines ganzheitlichen Ansatzes, sprich des
Kyocera-Ansatzes. Unternehmen, die nur Tei-
le des Kyocera-Ansatzes implementieren,
können zwar Fortschritte realisieren, aber
nicht in dem Ausmaß, wie bei einer ganzheit-
lichen Implementierung möglich wäre. (vgl.
Takeda/Boyns, 2014, S. 344 ff.)
Insbesondere aber die Entwicklung beim Kon-
zern Kyocera selbst, legt die grundsätzliche
Übertragbarkeit des Konzepts auf Unternehmen
anderer Branchen und Länder nahe. Die ersten
beiden Amöben wurden bei dem Ursprungsun-
ternehmen Kyoto Ceramics in 1965 eingeführt,
als das Unternehmen auf die Zahl von 200 Mit-
arbeitern zusteuerte. Im weiteren Verlauf wuchs
der Konzern nicht nur organisch, sondern auch
durch Akquisitionen im In- und Ausland und in
unterschiedlichen Branchen. Heute gehören
mehr als 200 Gesellschaften zu dem Konzern.
(vgl. Takeda/Boyns, 2014, S. 323-326). In vie-
len dieser Gesellschaften wurde das Amöben-
Management-System erfolgreich eingeführt.
Dabei waren aber teilweise Adaptionen des
Systems notwendig. So musste in der brasilia-
nischen Tochtergesellschaft die Bezahlung an
die Zielerreichung der Amöbe unmittelbar ge-
knüpft werden. Grundsätzlich wird dies eigent-
lich im Amöben-Management-System abge-
lehnt, um Egoismen zu vermeiden. In anderen
Gesellschaften wie bspw. In Mexiko erwies sich
die Einführung sogar als problematisch (vgl. Ta-
keda/Boyns, 2014, S. 340-342).
Fazit
Das japanische Amöben-Management-System
besticht durch Einfachheit, Logik und konse-
quente Denk-, Vorgehens- und Handlungswei-
sen der sich zielkonform verhaltenden Mitarbei-
ter. Die Stärken liegen in der Anpassungsfreu-
digkeit bei Veränderungen, aufgrund einer täg-
Autoren
Prof. Dr. rer. pol. Ronald Herter
ist Professor mit dem Lehrgebiet Betriebswirtschaftslehre ins-
besondere Unternehmensführung an der Hochschule Würz-
burg-Schweinfurt.
E-Mail:
Bartos Majda, M. A.
hat an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt Betriebswirt-
schaft mit den Schwerpunkten Logistik und Organisationsent-
wicklung studiert. Neben dem Masterstudium „Innovation im
Mittelstand“ an der gleichnamigen Hochschule war er zudem
als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig.
E-Mail:
CM Mai / Juni 2016
1...,53,54,55,56,57,58,59,60,61,62 64,65,66,67,68,69,70,71,72,73,...116
Powered by FlippingBook