CONTROLLER Magazin 3/2016 - page 66

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der Differenzierung in vielfältige „Bindestrich-
Bereiche“ (Vertriebs-Controlling, Produktions-
Controlling, Personal-Controlling, F&E-Control-
ling, Kommunikations-Controlling, Risiko-Cont-
rolling, Finanz-Controlling etc.) wird die
Koope-
ration und gemeinsame Ausrichtung der
unterschiedlichen Arbeitsfelder zu einer
zentralen Aufgabe
. Dies bedingt auch eine
Zunahme potenzieller Datenquellen und analy-
tischer Anforderungen.
Marktfähigkeit und Big Data
Die Sicherstellung der Marktfähigkeit ist einer
der zentralen Aspekte der Modernen Wertorien-
tierung. Der Controller muss im Unternehmen ein
einheitliches Verständnis des Spannungsfeldes
zwischen Erzeugung der Produkte, ihrer Trans-
formation in begehrenswerte Güter, angemesse-
nen Preisen und erlaubten Kosten moderieren.
Wenn es für die Entscheidungsfindung zur
Marktfähigkeit einen Vorteil bietet, Informatio-
nen auf der Vernetzung von Daten unterschied-
licher Strukturen aufzubauen und möglichst
zeitnah zur Verfügung zu haben, kann Big Data
zu einem wertvollen Instrument für den Cont-
roller werden:
·
Aus einer einzelnen Transaktion, also bei-
spielsweise dem Kauf eines einzelnen Pro-
dukts, lässt sich noch nicht viel erkennen –
aus den weiteren Aktivitäten des gleichen
Kunden schon deutlich mehr: Welche Pro-
dukte werden noch gekauft? Welche Alter-
nativen hat er sich angeschaut? Welche
Rückfragen sind gestellt worden? Wie zufrie-
den ist er mit dem Produkt?
·
Hilfreich ist, wenn der Kunde identifiziert und
bei späteren Käufen und anderen Aktivitäten
zugeordnet werden kann. Im klassischen
Handel kommen hier Kundenkarten zum Ein-
satz. Wenn diese Informationen, zum Teil
aus verschiedensten Berührungspunkten
(Touchpoints) zusammengeführt werden,
können Kunden-Cluster gebildet und der po-
tenzielle Nutzen des Produktes konkretisiert
werden.
·
Nicht zu unterschätzen sind Diskussionen
und Einschätzungen auf Foren, die zu stan-
dardisierten Empfindungen (Sentiments) ver-
dichtet werden können. Auch die vieldisku-
tierten „Likes“ helfen bei der Quantifizierung.
Ebenso liefern beispielsweise Beurteilungen
bei den einschlägigen Portalen Hinweise auf
Einschätzungen der Kunden.
·
Wenn es mit Big Data gelingt, mehr über die
Preissensibilität der Kunden zu erfahren, er-
öffnen sich Chancen hinsichtlich der dynami-
schen Preisfindung. So kann es sinnvoll sein,
kundenspezifisch zu differenzieren. Je mehr
Informationen über den Kunden verfügbar
sind, desto leichter kann auf seine Preissen-
sitivität geschlossen werden. In einige Preis-
entscheidungen kann man bereits die ver-
wendete Hardware beim Surfen einbeziehen:
Mac-Anwender gelten als preisunsensibler
als Windows-Nutzer.
4
·
Preisfindung wird häufig mit einer Beobach-
tung der Wettbewerbspreise kombiniert. So
fließen bei einem großen Internetanbieter die
Beobachtung der Wettbewerbspreise und
aktueller Lagerbestände ein. Die gängigen
Preisportale treiben die Notwendigkeit dyna-
mischer Preisfindung zusätzlich an. Big Data
bietet die Möglichkeit, mehr über die Konkur-
renz herauszufinden.
Was ist hier die Rolle des Controllings? Zum
einen können Kunden- oder kundengruppen-
spezifische Preis-Absatz-Funktionen und multi-
variante Abhängigkeiten in Planungs- und Steu-
erungsmodelle einbezogen werden. Wichtig ist
es auch, klassische Kostenrechnungs-Daten mit
Kunden- und Wettbewerbsinformationen zu-
sammenzubringen. Dynamische Preisfindung
verändert die Sichtweise von Werkzeugen wie
Target Costing: Die zunehmende Individualisie-
rung modifiziert diesen Prozess, da man nicht
mehr von einem Preis ausgehen muss. Daneben
muss auch die zeitliche Veränderlichkeit ein-
bezogen werden.
Verteilungskurven werden
daher zunehmend zum Einsatz kommen, um
verwertbare Aussagen zu bekommen.
Qualität und Big Data
Die Vorteile von Big Data zeigen sich bei klassi-
schen Qualitätsthemen unmittelbar: Sensoren
helfen, ungewöhnliche Produktionsbedingun-
gen frühzeitig zu erkennen und somit potenziel-
le Produktionsausfälle, Qualitätsmängel oder
Ausschuss zu prognostizieren. Dies hat Auswir-
kungen z. B. auf die Wartungsstrategie: Zwar
basieren klassische Wartungsintervalle auch
auf Erfahrungswerten, allerdings besteht die
Möglichkeit, durch erkannte Wirkungszusam-
menhänge früher einzugreifen und
einen mög-
lichen Betriebsausfall durch rechtzeitigen
Eingriff zu vermeiden.
Das Potenzial der sogenannten
„Predictive
Maintenance“
ist enorm. Nicht zuletzt deshalb
ranken sich auch viele Big-Data-Erfolgsge-
schichten um diesen Sachverhalt. So nutzt UPS
beispielsweise systematisch Daten der über
100.000 Lieferfahrzeuge, um Frühindikatoren
für einen möglichen Ausfall zu ermitteln. Damit
wird sowohl das Vertrauen in die Zuverlässig-
keit erhöht als auch eine bessere Einschätzung
der Lieferfähigkeit erreicht.
Interessant für das Management der Qualität
wird
die Transformation dieser Fähigkeiten
in ein Angebot für den Kunden.
Als Hersteller
von Maschinen oder PKWs ist der Hersteller in
der Lage, sein Wissen aus vielen Kundenbezie-
hungen zu verdichten und diese Kenntnisse für
die Qualitätssicherung einzusetzen. Idealerwei-
se können Kunde und Anbieter gleichermaßen
von den Daten profitieren: Dem Kunden bleiben
Ausfallzeiten erspart. Vermeidbare Kosten, die
durch unnötigen Standard-Austausch entste-
hen, können reduziert werden. Der Anbieter be-
kommt dadurch aber auch
Einblicke in die Ur-
sachen von Qualitätsproblemen
. Ein weite-
rer Effekt ist, dass er das
Nutzungsverhalten
einsehen
und hieraus
gezielte Angebote
an
den Kunden richten kann.
Dies lässt sich mit weiteren Leistungen verbin-
den. Im Rahmen der Digitalisierung des Autos
und der ständigen Anbindung („connected car“)
ergeben sich beispielsweise vielfältige Möglich-
keiten: Nutzungsprofile können auf potenzielle
Einsparmöglichkeiten bei der Fahrweise hinwei-
sen. Informationen über den Straßenzustand
können direkt an andere Fahrzeuglenker und
zuständige Behörden weitergeleitet werden.
Ein Automobilhersteller zeigt darüber hinaus,
wie verschiedene Teilprozesse im After Sales
zusammenlaufen können.
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So gehen im Rah-
men des Kundendienstes alle Informationen von
Diagnoseinformationen bis zu Kundenbefragung
und Kundeneinschätzung in die Analyse ein. Ziel
ist es, laufend neue Erkenntnisse über die Qua-
lität der Produkte und andere Einflussfaktoren
Bedeutung von Big Data für Controller
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