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SPEZIAL BAV
_GF-VERSORGUNG
spezial bAV 11/17
Handeln, bevor die Luft weg ist
PRAXIS.
Drastisch steigende Pensionsrückstellungen schnüren vielen Unternehmen
die Luft ab. Ein Praxisbeispiel zeigt, wie neue Freiräume geschaffen werden.
Geschäftsführer. Aber auch der Plan zur
Übernahme weiterer Geschäftsanteile
durch den Partner könnte ins Stocken
geraten: „Wenn ich das Unternehmen
irgendwann veräußern will, muss der-
jenige, der es kauft, für meine Pension
aufkommen. Logischerweise würde die-
se Summe vom Kaufpreis abgezogen“,
merkte Hollendung. Wie bei der ACV
GmbH sind nicht ausreichend finanzier-
te Versorgungszusagen in vielen Firmen
ein Hindernis für die Unternehmens-
nachfolge. Für Hollendung war schnell
klar, dass eine Lösung gefunden werden
musste. Ziel war es, die Unternehmens-
bilanz von den Pensionsverpflichtungen
zu befreien. Gleichzeitig sollte die Al-
tersrente des Geschäftsführers gesi-
chert und vom Unternehmen unabhän-
gig gestaltet werden.
Georg Hollendung ahnte schon, dass
ihm hier ein neues Projekt ins Haus
stand: Im steuerrechtlichen Dickicht
rund um die Neuordnung oder Ausla-
gerung von Pensionszusagen fühlte er
sich etwas verloren. „Natürlich habe
ich mir auch unterschiedliche Konzepte
anderer Versicherer angeschaut, aber
es war für mich schwer zu beurteilen,
V
or rund 25 Jahren setzte Ge-
org Hollendung auf die wirt-
schaftlichen Vorteile einer
betrieblichen Altersversor-
gung (bAV). Als Automobilzulieferer für
Zusatzprodukte im Hi-Fi-Bereich hatte
sich der Gründer und Geschäftsführer
der ACV GmbH einen Namen gemacht.
Das Unternehmen florierte und mit der
Einrichtung einer Pensionszusage im
Jahr 1993 konnte Hollendung gleich
zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen:
Durch die Pensionsrückstellungen in
der Bilanz brauchte die Firma weniger
Steuern zahlen; zugleich konnte die
Steuerersparnis genutzt werden, um
eine Rückdeckungsversicherung für
die Pensionszusage zu finanzieren. Ein
Modell, von dem in der Vergangenheit
einige Hunderttausend Gesellschafter-
Geschäftsführer ebenso profitierten wie
Georg Hollendung. Doch mit Einfüh-
rung des Bilanzrechtsmodernisierungs-
gesetzes – kurz BilMoG – im Jahr 2009
und der großen Zinsschmelze infolge der
Eurokrise wendete sich das Blatt. Zwar
liefen die Geschäfte der ACV GmbH gut
und der Automobilzulieferer begann
sich auch als Produktentwickler zu eta-
blieren, doch über der Handelsbilanz
zogen dunkle Wolken auf. Mittlerweile
sind für das Unternehmen aus Erkelenz
bei Mönchengladbach mehr als 60 Mit-
arbeiter tätig und ein neuer Partner soll
langfristig die Firma übernehmen.
Pensionsrückstellungen werden bilan-
ziell unterschiedlich bewertet, je nach-
dem, ob es sich um die Handels- oder die
Von
Sandra Spiecker
Steuerbilanz handelt. Die Schere zwi-
schen dem Zinssatz, nach dem sie in der
Steuerbilanz bewertet werden und dem
in der Handelsbilanz relevanten Zins
geht immer mehr auseinander. Während
der relevante Zins für die Steuerbilanz
unverändert bei sechs Prozent liegt, be-
trägt der für die Handelsbilanz aktuell
vier Prozent. Experten erwarten, dass
der HGB-Zins bis zum Jahr 2022 auf rund
zwei Prozent sinken wird. Dadurch wür-
den die Pensionslasten in der Handelsbi-
lanz im Schnitt um 40 Prozent zusätzlich
steigen. Dies bliebe aber leider ohne Aus-
wirkungen auf die Steuerbilanz.
Ungenügend finanzierte Versorgungs-
zusagen erschweren die Nachfolge
Ein Szenario, das auch die ACV GmbH
kalt erwischt hätte. Denn die Handels-
bilanz hätte als Aushängeschild des
Unternehmens und Schlüssel für die
Gewinnausschüttung der Gesellschafter
massiv gelitten. Eine Hochrechnung der
Pensionslasten machte Hollendung zwei
Dinge klar: „Lasse ich die Dinge weiter-
laufen wie sie sind, kann ich meine be-
triebliche Altersrente vergessen und der
Wert meines Unternehmens fällt“, so der
„Hätte ich es weiterlaufen lassen, wäre
meine betriebliche Altersrente fort und
der Wert des Unternehmens gefallen.“
Georg Hollendung, Geschäftsführer ACV GmbH