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spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2016
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
gungsprobleme über die Wirksamkeit
von arbeitsrechtlichen Vertragsklau-
seln noch lange nicht zu Ende sind, zeigt
ein Urteil des BAG aus dem März 2015.
Zu entscheiden war über die Wirksam-
keit einer Klageverzichtserklärung in
einem schriftlichen Aufhebungsver-
trag. Jedenfalls dann, wenn ein Arbeit-
nehmer einen solchen Aufhebungs-
vertrag wegen einer widerrechtlichen
Drohung anfechten will, kann sich der
Arbeitgeber nicht auf den Klageverzicht
berufen. Diese Klausel ist dann als un-
angemessene Benachteiligung im Sinne
des § 307 BGB unwirksam.
Urteil vom 12.3.2015, 6 AZR 82/14
Günstigkeitsvergleich:
BAG verbietet Rosinenpicken
Stehen sich arbeits- und tarifvertrag-
liche Regelungen gegenüber, sind sie
miteinander zu vergleichen und es ist
zu entscheiden, welche für Mitarbeiter
günstiger sind. Das besagt das Güns-
tigkeitsprinzip aus § 4 Abs. 3 Tarifver-
tragsgesetz. Entscheidend – und das
steht nicht im Gesetz – ist, welche As-
pekte miteinander verglichen werden.
Und für diesen Günstigkeitsvergleich
hat das BAG (erneut) Rosinenpicken
unterbunden. Im Fall konnten Arbeits-
zeit und -entgelt nicht isoliert betrach-
tet werden, sie bilden vielmehr eine
einheitliche Sachgruppe. Ist nicht zwei-
felsfrei festzustellen, ob die individual-
vertragliche Regel günstiger ist, bleibt
es bei der zwingenden tariflichen Norm.
Urteil vom 15.4.2015, 4 AZR 587/13
Urlaubskürzung: Auslegungstheorien
kommen, Auslegungstheorien gehen
Dass sich das BAG in seinen Auffassun-
gen auch grundlegend wandeln kann,
zeigt ein Urteil aus dem Mai 2015. Auch
hier ging es um das Thema Urlaub. Ein
Arbeitgeber hatte den Urlaubsabgel-
tungsanspruch einer Mitarbeiterin ge-
kürzt, da sie sich vor der Beendigung
des Arbeitsverhältnisses in Elternzeit
befunden hatte. Die Begründung für die
Kürzung entsprach dem, was das Bun-
desarbeitsgericht jahrzehntelang unter
der Bezeichnung „Surrogatstheorie“
vertreten hatte. Danach wäre die Ur-
laubsabgeltung dann anteilig zu kür-
zen, wenn auch die Urlaubsgewährung
in natura zu kürzen gewesen wäre. Lei-
der half dem Arbeitgeber sein Glaube
an die Surrogatstheorie nicht, denn die
BAG-Richter wiesen höflich darauf hin,
dass sie genau diese Theorie mittlerwei-
le vollständig aufgegeben haben. Ele-
gant hatten die BAG-Richter im Übrigen
damit noch ein Problem umschifft: Die
Klägerin hatte zusätzlich eingewandt,
dass eine Urlaubskürzung während der
Ein Klassiker für Besu-
cher: der Erfurter Dom.
Auch das BAG in Erfurt hat
zu einigen klassischen
Themen entschieden.
© NICO STENGERT/NOVARC/CORBIS