Strategie & Führung
personalmagazin 09.18
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Fotos: Deutsche Bahn AG/Pablo Castagnola
Mit 3.900 Mitarbeitern gestaltet die DB Systel die IT- und
Telekommunikations-Infrastrukturprojekte der DB und ist
somit verantwortlich dafür, dass das System Bahn IT-seitig
funktioniert. Darüber hinaus betreuen wir externe Kunden mit
Services für die digitale Infrastruktur. Doch selbst für bereits
sehr digitalaffine Unternehmen wie die DB Systel bringt der
digitale Wandel Entwicklungen mit sich, die Veränderungen
nötig machen. Um auf Dynamiken der Digitalisierung optimal
reagieren zu können, haben wir den Weg eingeschlagen, uns zu
einer agilen Organisation zu entwickeln und dabei klassische
Hierarchieebenen abzuschaffen.
Die Zielvorstellungen: ein geschärftes
internes Profils und ein flexibleres
Eingehen auf Kundenbedürfnisse
Zwei Zielvorstellungen haben uns bei den Veränderungen des
Status quo der DB Systel geleitet: Zum einen wollten wir das
Selbstverständnis unserer Rolle als IT-Experten innerhalb des
Bahnkonzerns deutlicher machen – denn gerade, wenn es um
die Herausforderungen der Digitalisierung für den gesamten
Konzern ging, sahen wir großes Potenzial, unser internes Profil
weiter zu schärfen und unsere Kundenzentrierung auszubauen.
Ausschlaggebend dabei war der Konzerntreff im Jahr 2014,
bei dem Digitalisierung, digitale Technologien und die damit
verbunden Möglichkeiten zentrale Themen waren. Das Scho-
ckierende für uns war, dass die DB Systel in diesem Kontext mit
keiner Silbe erwähnt wurde, obwohl wir sowohl das Know-how
als auch die Erfahrung in diesen Themen hatten. Dies wurde
jedoch nicht wahrgenommen.
Zum anderen haben wir sowohl bei unserem internen als
auch beim externen Kundengeschäft festgestellt, dass im Zuge
der Digitalisierung die Geschäftsmodelle unserer Kunden im-
mer disruptiver und ihre Bedürfnisse damit komplexer werden.
Für uns ergab sich daraus die Herausforderung, in unserer Be-
treuung und Beratung noch flexibler und in unseren Ansätzen
noch konkreter vom Bedürfnis der Kunden her zu denken.
Diese neue Aufgabe und das neue Rollenverständnis lassen
sich nicht in ein Organisationsdiagramm gießen oder mittels
allgemeiner Direktiven an die Mitarbeiter kommunizieren.
Für uns war sehr schnell klar, dass wir innerhalb der DB Systel
ein neues Selbstverständnis unter den Mitarbeitern schaffen
mussten und sich die gesamte Organisation kulturell zu ver-
ändern hatte, um die Herausforderungen zu meistern und
die Chancen zu ergreifen. Unternehmergeist sollte bei den
Mitarbeitern geweckt werden.
Der Kern der Veränderung: Unternehmergeist
innerhalb der Mitarbeiterschaft
Bei DB Systel gestalten wir einen Change-Prozess, der unsere
Mitarbeiter und Führungskräfte aus der hierarchischen Linie
heraus in eine selbstorganisierte und vernetzte Arbeitswelt trans-
formiert. Wir glauben daran, dass jeder Mitarbeiter sich selbst
entfalten und wachsen möchte und im Kern ein Unternehmer
ist. Dieses Menschenbild wurde innerhalb der strategischen
Neuausrichtung der DB Systel unter dem Begriff „Code Zukunft”
implementiert. „Code Zukunft“ wurde als strategischer und kul-
tureller Wandel der DB Systel 2015 eingeleitet. Das Besondere:
Jeder Mitarbeiter – ungeachtet von Position und Geschäfts-
Lessons Learned/Handlungsempfehlungen
•
Wer sich auf diesen Weg begibt, sollte bottom-up beginnen. Es geht um eine kulturelle Veränderung: Alle
Mitarbeiter sollen die Möglichkeit haben, hieran mitzuwirken, etwa durch Initiativen zu unterschiedlichen
Themen, bei denen sich jeder Mitarbeiter unabhängig von seiner Rolle engagieren und entfalten kann.
•
Es muss eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Gremien geben. Die Geschäftsführung, der Be-
triebsrat, Führungskräfte und Mitarbeiter müssen an einem Tisch sitzen, um eine gemeinsame Lösung
zu erarbeiten, in die die unterschiedlichen Sichten und Erfahrungen einfließen.
•
Ideen dürfen nicht totdiskutiert werden. Räumen Sie Möglichkeiten ein, diese Ideen auszuprobieren und
zu schauen, ob sie die entsprechenden Effekte bringen und ob sie sich auf die gesamte Organisation
umsetzen lassen. Mitarbeiter und Kollegen sollten zu Experimentierschritten motiviert werden.
•
Kommunikation ist wichtig. Eine Veränderung löst bei vielen Unsicherheit aus. Daher muss besonders
viel kommuniziert werden, um die Ängste und Unsicherheiten zu nehmen – sowohl persönlich als bei-
spielsweise auch auf Unternehmensevents.
•
Wer auf Selbstorganisation, Teams und vernetzte Organisationsstrukturen setzt, muss Vertrauen haben
und Freiraum geben, damit Teams sich gründen und entstehen können. Werden selbstorganisiert arbei-
tende Teams top-down bestimmt, nimmt die Forming- und Storming-Phase sehr viel Zeit in Anspruch.
Das Gegenteil gilt für selbstentstehende Teams: Hier wird die Performing-Phase oft schnell erreicht.
•
Viel Geduld haben und Unsicherheiten aushalten: Einen kulturellen Change kann man nicht per Hand-
lungsanweisung verordnen. Eine kulturelle Veränderung braucht länger als eine strukturelle Organisa-
tionsänderung. Alte Vorstellungen müssen verworfen werden, neue müssen entstehen. Lernen Sie aus
den Erfahrungen. Es lohnt sich.