New Work
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Mitarbeiter wollen sich direkt an Unternehmensentschei
dungen und Führungsfragen beteiligen. Davon sind die
meisten New Worker überzeugt. Doch inwiefern entspricht
das tatsächlich dem Wunsch der Arbeitnehmer und wie
weit sind die Unternehmen beim Einsatz von partizipativen
Methoden? Eine aktuelle Studie der Hochschule Rhein-Main
zeigt Antworten auf.
Von Prof. Dr. Thorsten Petry
Unsere insbesondere durch exponentielle technologische
Entwicklungen geprägte Umwelt wird aktuell sehr häufig und
durchaus treffend mit dem Akronym VUCA charakterisiert.
Dies soll zum Ausdruck bringen, dass unser Umfeld von häufi-
gen, sprunghaften Entwicklungen geprägt ist (Volatility) und es
kaum vorhersehbar ist, wann welche Veränderungen auftreten
(Uncertainty). Gleichzeitig wirken viele beziehungsweise viel-
fältige Elemente ineinander (Complexity) und Mehrdeutigkeiten
beziehungsweise gar Widersprüche nehmen zu (Ambiguity).
Eine solche VUCA-Umwelt erfordert eine agile Führung. Und
eine wesentliche Voraussetzung dafür ist Partizipation. Denn
ein komplexes System in einer volatilen, unsicheren, komplexen
und ambivalenten Umwelt vollständig kontrollieren und zentral
führen zu wollen, ist vermessen. Einzelne Mitarbeiter wissen als
Experten in ihrem Gebiet in der Regel mehr als die Führungs-
kraft und Innovationen entstehen häufig beim selbstgesteuerten
Austausch auf Augenhöhe in crossfunktionalen Teams. Dem-
entsprechend muss Führung stärker verteilt und die gesamte
kollektive Intelligenz im Unternehmen genutzt werden.
Partizipation: Eine der wichtigsten
Forderungen von New Workern
Parallel zu dieser, insbesondere durch die exponentielle tech-
nologische Entwicklung getriebenen Notwendigkeit der Nut-
zung der kollektiven Intelligenz im Unternehmen, hat auch der
Wunsch der Menschen nach mehr Mitbestimmung in den Unter-
nehmen im Laufe der vergangenen Jahre merklich zugenommen.
Unter der Flagge des vom austro-amerikanischen Sozialphilo-
sophen Frithjof Bergmann begründeten „New Work“-Ansatzes
fordern beziehungsweise erwarten Mitarbeiter zunehmend mehr
(Handlungs-)Freiheit, Freiräume für Kreativität, Entfaltung der
eigenen Persönlichkeit, Selbstständigkeit und Teilhabe.
Letzteres beinhaltet insbesondere die Partizipation an Ent-
scheidungs- und Gestaltungsprozessen im Unternehmen. So
wünschen sich beispielsweise 84 Prozent der 11.880 von Hau-
fe im Dezember 2013 in einer Studie befragten Mitarbeiter in
DACH-Unternehmen mehr Mitsprache und Einbezug bei Unter-
nehmensentscheidungen. Gut drei Viertel (77 Prozent) wären
motivierter und leistungsbereiter, wenn sie stärker in Unter-
nehmensentscheidungen einbezogen wären. Und 73 Prozent der
Befragten glauben auch, dass das eigene Unternehmen erfolgrei-
cher wäre, wenn die Mitarbeiter sich stärker einbringen könnten.
Die meisten Fach- und Führungskräfte wollen
an Entscheidungsprozessen mitwirken
Diese Relevanz von Partizipation lässt sich mit einer aktuellen
Studie an der Hochschule Rhein-Main bestätigen. 88 Prozent der
203 befragten deutschen Fach- und Führungskräfte halten es für
wichtig, dass Mitarbeiter(-gruppen) an Entscheidungs- und Ge-
staltungsprozessen mitwirken können. 54 Prozent davon halten
es sogar für sehr wichtig. Lediglich zwei Prozent der Studien-
teilnehmer gaben an, dass Partizipation gar nicht wichtig wäre
(siehe Grafik „Bedeutung versus Umsetzungsgrad“).
Die Relevanz ist also erkannt, es hapert jedoch an der Um-
setzung: Lediglich 14 Prozent sagen, dass Mitarbeiter in ihrem
PROF. DR. THORSTEN PETRY lehrt Stra-
tegie, Organisation und Personalmanage-
ment an der Hochschule Rhein-Main und
berät Unternehmen zu diesen Themen.