personalmagazin 9/2018 - page 24

Schwerpunkt
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Richtung crossfunktionale Projektarbeit geht, unterstützen wir
durch die agile Umgestaltung von Flächen die Transformation
unseres Unternehmens“, erklärt Thymian Bussemer.
New Work stößt schnell an rechtliche Grenzen
Die Diskussion um Arbeitszeit und Arbeitsort sei breiter gewor-
den. Etliche Gewerkschaften verstünden nun, dass es sich nicht
nur um Bedarfe der Arbeitgeber, sondern auch der Arbeitnehmer
handelt – bei den Unternehmen sei dies ohnehin schon längst
bekannt. Globalisierung, Matrixorganisation, virtuelle Führung
als weitere Elemente von New Work seien in den vergangenen
Jahren rapide gewachsen und ein Ende der Entwicklung sei
kaum abzusehen, schildert Alexander Zumkeller, Präsident des
Bundesverbands für Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU),
seine Sicht der aktuellen Lage. Bei der Regierung allerdings sei
die Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort offenbar nur als
Möglichkeit weiterer Ansprüche angekommen, aber nicht als
ernsthafte Flexibilisierung, die frei vereinbart werden kann,
kritisiert er. „Die Umsetzung flexibler Arbeitszeiten und Arbeits-
orte stößt schnell an gesetzgeberische Grenzen“, gibt Zumkeller
weiterhin zu bedenken und führt unter anderem das „unflexible
Arbeitszeitrecht“ mit der starren elfstündigen Ruhezeit und
anderen Herausforderungen an (mehr zu arbeitsrechtlichen
Fragen im Zusammenhang mit New Work ab Seite 44). Auch
bei der Flexibilisierung des Arbeitsorts würden Arbeitsschutz,
Datenschutz und Datensicherheit den Unternehmen erhebliche
Schwierigkeiten bereiten.
New Work ist ein wichtiger Faktor
auf dem Arbeitsmarkt
Alexander Gunkel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bun-
desvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), sieht
die Grenzen von New Work beim Kunden: „Der nachvollziehbare
Wunsch nach größtmöglicher Autonomie bei der Gestaltung
der eigenen Arbeitszeit trifft in der Realität auf betriebswirt-
schaftliche Notwendigkeiten wie die Einhaltung von Liefer-
fristen und Öffnungszeiten sowie die Erfüllung der Bedürfnisse
der Verbraucher“, gibt er zu bedenken. Das klinge „oldschool“,
sei aber nun einmal Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg
und somit entscheidend für die Sicherung der Beschäftigung.
Alexander Gunkel: „Wichtig ist, die Arbeitswelt stetig so weiter-
zuentwickeln, dass Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsqualität
gleichermaßen erhalten oder verbessert werden.“
Aber auch für ihn überwiegen die positiven Effekte: Ganz si-
cher hätten die Ideen und Ansätze, die mit New Work verbunden
werden, eine notwendige und wichtige Debatte vorangetrieben.
„Es mag dahinstehen, ob es tatsächlich so große Unterschiede
zwischen den Generationen X, Y und Z gibt, aber richtig ist ge-
wiss, dass sich die Ansprüche an Arbeit geändert haben, auch vor
dem Hintergrund einer deutlich veränderten Arbeitsmarktsitu-
ation“, sagt er. Für immer mehr Jobsuchende sei entscheidend,
inwieweit der jeweilige Arbeitsplatz den eigenen Vorstellungen
entspreche. Sein Fazit: „Die Gestaltung von ‚neuer‘ Arbeit ist
zunehmend ein Faktor im Wettbewerb um Talente geworden.“
New Work hat seinen Kerngedanken verloren
Die vielfältigen Beispiele und Meinungen zeigen: New Work ist
keine leere Begrifflichkeit, sondern hat Diskussionen über Ent-
lohnung und Sinn, über Mitarbeiterbedürfnisse und -beteiligung
auf den Tisch gebracht. Zudem finden sich zahlreiche Unterneh-
men, die innovative Ansätze von selbstorganisiertem und agilem
Arbeiten umsetzen, die traditionelle Entscheidungsprozesse
und Führungsstrukturen hinterfragt und neu aufgestellt haben.
Diese Innovationen ziehen sich mittlerweile durch die gesamte
Unternehmenslandschaft. Denn die Firmen haben erkannt,
dass sie sich grundlegend ändern müssen – und zwar nicht nur
oberflächlich. Oder wie Sabine Kluge formuliert: „Um es klar zu
sagen: Unternehmen, die diese organisatorische Disruption nicht
erfolgreich meistern, die es nicht schaffen, ihre DNA anzupassen
und eben nicht nur Prozesskosmetik zu betreiben, werden die
nächsten zehn bis 20 Jahre nicht überleben.“
Der Wunsch zumWandel ist da, allerdings ist im Zuge dieser
Diskussion der eigentliche Kerngedanke von New Work – der
Wandel von fremd- zu selbstbestimmter Arbeit, von Kontrolle
zu Vertrauen – ein Stück weit auf der Strecke geblieben.
„Wir diskutieren
New Work
momentan in
einer Art leicht
verdaulicher
Management-
variante.“
Markus Väth, Psychologe und Autor
DANIELA FURKEL, Chefreporterin beim Personalmagazin,
versucht sich im Homeoffice an einer der Ursprungsideen
von New Work: Für eine smarte Selbstversorgung reichen die
Tomaten und Erdbeeren auf der Terrasse aber noch nicht aus.
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