New Work
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widersprüchlichen Aspekte von New Work werden simplifiziert
und verallgemeinert, sodass die gesamte Bewegung häufig auf
Buzzwords wie digitale Transformation, mobiles Arbeiten und
Coworking oder auf einen Tischkicker und Lounge-Sofas im
modernen Büro-Loft reduziert wird.
Dabei lebt die New-Work-Bewegung eigentlich von ihren viel-
fältigen Facetten und Auslegungen. Das machen auch die Stel-
lungnahmen der HR-Verbände deutlich: „Die New-Work-Bewe-
gung stellt traditionelle Arbeitsmodelle infrage und ersetzt oder
ergänzt diese durch flexiblere und vor allem selbstbestimmtere
Arbeitsformen. Dass wir heute darüber nicht nur diskutieren,
sondern dies auch umsetzen, ist auch ein Verdienst dieser Be-
wegung“, sagt Dr. Ariane Reinhart, Vorstandsmitglied und Ar-
beitsdirektorin bei Continental sowie Vorstandsvorsitzende der
Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP). Aus ihrer
Sicht haben die deutschen Unternehmen zahlreiche Impulse
und Denkanstöße aufgegriffen. „In der Frage, wo und wann wir
arbeiten wollen und können, sind wir am weitesten“, zieht sie
ihr Fazit: Mobile Office und flexible Arbeitszeitmodelle für die
Beschäftigten seien heute in vielen Unternehmen – wenn auch
nicht in allen – gelebte Realität.
Gleichzeitig warnt sie davor, bei der Diskussion über die Fle-
xibilisierung bestimmte Gruppen in Unternehmen aus dem
Blick zu verlieren: „New Work auf dem Shopfloor oder für das
Kantinenpersonal ist schwierig, aber nicht unmöglich. Hier sind
kluge Lösungen gefragt.“
New Work ist nicht für jede
Arbeitsform geeignet
Etwas anders ist die Ansicht von Dr. Thymian Bussemer, Leiter
Personalstrategie des Volkswagen Konzerns und Beisitzer im
Präsidium des Bundesverbands der Personalmanager (BPM). Er
sieht die New-Work-Bewegung vornehmlich als Ausdruck einer
veränderten Situation auf den Talentmärkten an: „Potenzial-
träger haben heute eine große Macht über die Definition ihrer
Arbeitsbedingungen und damit auch des Arbeitsumfelds“, sagt
er und berichtet, dass innerhalb des BPM auch über die Grenzen
von New Work diskutiert werde. „Fest steht: Nicht alle Arbeits-
formen brauchen den New-Work-Ansatz“, so Bussemer.
Letztlich müsse sich jedes Unternehmen selbst fragen, wo die
Grenze der Informalisierung verlaufen kann. „Als BPM emp-
fehlen wir allen Unternehmen, vor der Einführung von New
Work eine genaue Analyse der jeweils ausgeübten Tätigkeiten
vorzunehmen. Erst so können Arbeitsumgebungen geschaffen
werden, die von den Mitarbeitern als optimal empfunden wer-
den“, erklärt Bussemer.
Sein Unternehmen habe zum Beispiel versucht, seinen eigenen
New-Work-Ansatz möglichst praktisch und frei von theoreti-
schem Ballast anzulegen. ImWesentlichen verfolge Volkswagen
damit zwei Ziele: Zum einen sollen in den kommenden Jahren
möglichst viele New-Workplaces geschaffen werden. Konkret
heißt das, dass Um- und Neubauten von Büroflächen in einem
aktivitäts- und mitarbeiterzentrierten Prozess geplant werden.
„Das ist für mich auch der Kern von New Work: Die Mitarbeiter
konsequent bei der Ausgestaltung ihrer Arbeitsvorstellungen
einzubeziehen“, sagt Bussemer. Mit der Schaffung der räumli-
chen Rahmenbedingungen will Volkswagen zum anderen auch
neue Arbeitsformen fördern. „Da die Wissensarbeit immer mehr
Dass neue Arbeitsformen nötig sind, stellt Hermann Arnold
außer Frage. „Wir spüren, dass Unternehmen in der traditio-
nellen Organisationsform nicht mehr funktionieren“, sagt er.
Allerdings sei es ein Missverständnis, dass im Zuge von New
Work gesagt werde: Alles, was alt ist, ist schlecht, und alles Gute
muss zwingend anders sein als das Alte, gibt Hermann Arnold
zu bedenken. Er sagt: „Vielmehr müssen wir uns mit den alt-
hergebrachten Tugenden beschäftigen und die richtigen Fragen
stellen, zum Beispiel: Was heißt eigentlich Führen? Was heißt
es, ein Vorbild zu sein?“
New Work benötigt kluge Lösungen
Was heute häufig unter dem Begriff „New Work“ verstanden
wird, hat mit Frithjof Bergmanns Kapitalismus-kritischem An-
satz allerdings nicht mehr viel zu tun. Die vielfältigen, teils
„Die ersten
Erfolge der
New-Work-
Debatte sehe
ich darin, dass
in den Unter
nehmen ein
Veränderungs
bewusstsein
entstanden ist.“
Sven Franke, CO:X, Augenhöhe