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MANAGEMENT
_EXECUTIVE EDUCATION
personalmagazin 01/18
Auf dem „Global Drucker Forum“ debattierten Wissenschaftler und Praktiker darüber, wie eine zeitgemäße Führungskräfteentwicklung
aussehen sollte: Weniger Theorie und US-Zentriertheit, mehr soziale Verantwortung und emotionale Intelligenz waren einige Wünsche.
„Wir leben in einer postglobalen, postsicheren und postfaktischen
Welt“, stellt Santiago Iñiguez de Onzoño in einer Diskussionsrunde
des neunten Global Drucker Forums in Wien zum Thema „Manage-
mentausbildung“ fest. Heute gebe es eine multipolare Welt mit China
als wichtiger Weltmacht. In der Managementweiterbildung habe sich
das noch nicht niedergeschlagen, so der Professor für strategisches
Management und Präsident der spanischen IE University. Denn noch
immer gehe es in den meisten Harvard-Fallstudien um US-Firmen.
„Management ist einer der komplexesten Berufe der Welt und
zugleich der schwierigste und herausforderndste“, so der Manage-
mentexperte. Gerade in Zeiten, in denen Populisten und Nationalis-
ten im Aufwind sind, müssten Manager ihre soziale Verantwortung
stärker wahrnehmen und sich auch zu gesellschaftlichen und sozialen
Themen äußern. „Wenn politische Entscheidungen falsch sind, können
und müssen CEOs reagieren“, appellierte Iñiguez an die Teilnehmer.
Seinen Unmut über die Ausbildung an den Hochschulen äußerte
Heiko Hutmacher, Personalvorstand beim Handelskonzern Metro.
Statt auf die Vermittlung von Inhalten zu setzen, müssten sie sich
stärker damit beschäftigen, wie Menschen zusammenarbeiten. Wie
funktioniert Kommunikation? Was kann dabei alles schiefgehen?
Dabei spiele die Theorie nur eine geringe Rolle. Wesentlich seien
das Erleben, das Feedback und die Reflexion darüber. Die Studenten
müssten lernen, wie effektive Teamarbeit funktioniert, wie man mit
Problemen umgeht und Lösungen umsetzen kann. Führungskräfte
Große Erwartungen an die Managementausbildung
GLOBAL DRUCKER FORUM 2017
müssten wissen, wie sie auf Spannungen reagieren und ihre emotio
nale Intelligenz verbessern können. Doch bisher finde das kaum in
der Hochschulausbildung statt. „Das alles müssen wir als Unterneh-
men unseren Mitarbeitern erst beibringen“, kritisierte Hutmacher.
Wenn die Hochschulen diese Aufgaben übernähmen, hätten die
Unternehmen die Chance, viel schneller zu lernen. Statt wie bisher
„Content is King“ (der Inhalt ist König) gelte heute vielmehr „Con-
text is King“ (der Kontext ist König).
Metro-Personalchef
Heiko Hutmacher fordert
mehr Praxisnähe in
der Ausbildung von
Managern.
© GERRY ROHRMOSER, PETER DRUCKER SOCIETY EUROPE
Das Interview führte
Bärbel Schwertfeger.
mich und meine Werte als Manager aus?
Für manche Teilnehmer ist das eine
sehr transformative Erfahrung.
personalmagazin:
Gerade in den USA ist die
Ausbildung von Führungskräften doch
meist sehr stark auf die Problemlösung
fokussiert. Ist das eine Kehrtwende?
Gregersen:
In der Tat gibt es sowohl bei den
Business Schools als auch in den Unter-
nehmen eine lange Tradition, den Fokus
auf die Problemlösung zu legen. Bei einer
Fallstudie haben die Autoren bereits ent-
schieden, was das Problem ist und es auf
zehn Seiten zusammengefasst. Sie haben
auch die Informationen dazu ausgewählt
und zusammengetragen. Damit kann
man vielleicht seine Problemlösefähig-
keiten verbessern, aber das ist wie Fahr-
radfahren mit Stützrädern. Es ist doch
etwas ganz anderes, wenn man in ein Un-
ternehmen geht und mit den Menschen
dort redet und versucht herauszufinden,
was das Problem ist. Auch beim Action
Learning sind die meisten Projekte be-
reits vorher definiert. Es gibt nur ganz
wenige Weiterbildungsangebote, die die
Wahl des Projekts den Teilnehmern über-
lassen. Da ist die Angst, jemandem auf
die Füße zu treten, einfach viel zu groß.
personalmagazin:
Wie ändert man das?
Gregersen:
Business Schools müssen risi-
kofreudiger werden. Selbst wenn Sie ein
maßgeschneidertes unternehmensinter-
nes Programm machen, geht es meist um
dieselben klassischen Leadership-The-
men wie Organisationsstrukturen, das
Aufsetzen von Prozessen oder Feedback.
Das unterrichten wir seit Jahrzehnten.
Aber heute gibt es künstliche Intelligenz,
Roboter und politische Verwerfungen,
die Unsicherheit bei den Managern ver-
ursachen – und oft ist nicht einmal klar,
wofür sie eine Lösung suchen. Der ent-
scheidende Punkt ist heute, erst einmal
das richtige Problem zu finden und das
muss so attraktiv sein, dass andere ei-
nem folgen wollen, um es zu lösen.