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MANAGEMENT
_FLÜCHTLINGE
personalmagazin 01/18
D
as Team um Markus Kreßler
ist auf der Suche: nach Un-
ternehmen, die Kiron, seine
Bildungsplattform für Geflüch-
tete, finanziell unterstützen. Aber der Ki-
ron-Gründer und -Geschäftsführer sucht
vor allem Mitarbeiter dieser Firmen, die
Mentoren für Flüchtlinge werden wollen
– und zwar online. Dafür müssen sie zwei
Stunden pro Monat kalkulieren. Kiron
trainiert die Online-Mentoren, bevor sie
ins Matching-Programm mit Studieren-
den gehen. Stehen die Paare fest, kommu-
nizieren sie per Video-Chat. Die Plattform
hat sich darauf spezialisiert, Geflüchte-
ten den Zugang zum Hochschulstudium
zu erleichtern. Ohne sofort die formalen
Zugangsvoraussetzungen beweisen zu
müssen, können sie sich in Sprache,
Mathematik und wissenschaftlichem
Arbeiten weiterbilden. Videovorlesungen
in Ingenieurwissenschaften, Architek-
tur, Wirtschafts- und Sozialwissenschaf-
ten sowie Informatik bietet das Berliner
Von
Ruth Lemmer
Mentoren gesucht
SERIE.
Hochschulen und Unternehmen kooperieren bei der akademischen Ausbildung
geflüchteter Menschen – nicht nur finanziell, sondern mit Zugängen zur Arbeitswelt.
Start-up ebenso an wie Deutschkurse. Ak-
tuell studieren bei Kiron 2.700 Geflüch-
tete. Die Leistungen können von über 20
Partnerhochschulen anerkannt werden.
Wechseln die Geflüchteten ins Studium,
können sie oft ein Jahr überspringen. Stif-
tungen, Unternehmen und private Spen-
der von Allianz über H&M, Telekom, UBS
und Schöpflin listet die Online-Plattform
als Unterstützer auf.
Das Bundesministerium für Bildung
und Forschung garantiert eine Millio-
nen-Förderung für weitere Studienplät-
ze, Personal und eine wissenschaftliche
Evaluierung des Projekts. „Wir verkaufen
Mentorenplätze an Firmen“, beschreibt
Kreßler, „einzeln, aber gerne auch als
Paket.“ So finanziert die Berliner Wirt-
schaft 200 Plätze; VW ist mit 100 Men-
toren dabei.
Zahl der Geflüchteten an Hochschulen
steigt, Betreuungsbedarf wächst
Zu erfassen, wie viele Geflüchtete es ins-
gesamt an die Hochschule geschafft ha-
ben, ist schwierig. Das Statistische Bun-
desamt zählt die Studierenden nicht nach
ihrem Flüchtlingsstatus, sondern nach
Staatsangehörigkeit – eine Ungenauig-
keit bleibt also, wenn man die Haupther-
kunftsländer der Geflüchteten als Beispie-
le auswählt. Im Wintersemester 2016/17
kamen an Universitäten 844 Studierende
aus Afghanistan, 749 aus dem Irak, 6.495
aus dem Iran, 4.249 aus Syrien. Auch in
den Fachhochschulen stiegen die Zahlen:
524 Studierende kamen aus Afghanistan,
419 aus dem Irak, 1.562 aus dem Iran und
1.169 aus Syrien. Hinzu kamen Gasthörer
(die in diesem Status keinen Abschluss
machen können). Deren Zahl stieg vom
WS 2015/16 auf WS 2016/17 um sechs
Prozent auf 36.900, unter ihnen stieg die
Zahl der ausländischen Gasthörer um 58
Prozent auf 4.900. 1.600 davon kamen
aus Syrien – viermal mehr als im Vorjahr.
Was auch steigt, ist der Betreuungs-
bedarf, denn das deutsche Hochschul-
wesen hat seine nationalen Eigenheiten.
Deshalb fördert die Evonik Stiftung in
Essen über fünf Jahre die akademische
Ausbildung von Geflüchteten an der
© KIRON