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vier Minuten etwa 20 Fragen zusammen.
Dann passieren meist drei Dinge: 80 Pro-
zent fühlen sich emotional besser mit
ihrer Herausforderung. 80 Prozent defi-
nieren ihre Herausforderung um, und 80
Prozent haben zumindest eine Idee, wie
sie ihr Problem lösen könnten. Im nächs-
ten Schritt bitten wir sie, ein oder zwei
Fragen zu finden, auf die sie Antworten
suchen und schicken sie raus. Sie müs-
sen zum Beispiel Kunden beobachten
und herausfinden, was deren Bedürfnis-
se sind. Warum geht jemand in einen
Apple Store? Weil er ein neues iPhone
kaufen will? Oder weil er sich als Teil der
Apple-Community fühlen will?
personalmagazin:
Führungskräfte sollten
also ihre Kunden besser kennen?
Gregersen:
Wir müssen viel stärker auf den
Kunden schauen. Kennen wir ihn wirk-
lich so gut, dass wir wissen, egal was wir
tun, es ist auch gut für ihn? Diese Über-
legung fehlt leider sehr oft. Warum ist
ein Unternehmen so erpicht darauf, die
besten Talente anzuziehen? Warum will
es eine Plattform bauen? Was bringt das
dem Kunden? Viele machen es nur, weil
die Mitbewerber es eben auch machen.
Aber wenn die Antwort ist, dass es dem
Kunden nichts bringt, dann lösen sie
vielleicht das falsche Problem. Vom Kun-
den her zu denken, ist ein guter Weg, die
richtigen Probleme zu finden.
personalmagazin:
Sie bieten am MIT auch
einen Kurs „Leadership and the Lens“
an, bei dem es ums Fotografieren geht.
Was steckt dahinter?
Gregersen:
Wir nutzen das Fotografieren,
um zu lernen, wie man die richtigen
Fragen stellt. Der bekannte Fotograf
Sam Abell, der Jahrzehnte lang für den
„National Geographic“ fotografiert hat,
bringt den Teilnehmern einige Grund-
lagen des Fotografierens bei, etwa wie
man auf den richtigen Moment wartet.
Dann schicken wir sie raus zum Foto-
grafieren, schauen uns die Bilder an
und besprechen, was das für sie als Lea-
der bedeutet.
personalmagazin:
Aber was hat das mit
Fragen zu tun?
Gregersen:
Um bessere Fragen zu stellen,
muss man seine Gewohnheiten und
Glaubenssätze überprüfen, die man im
Laufe seines Berufslebens gewonnen
hat. Zum Beispiel, dass man immer
schnell sein muss und die anderen zum
Handeln antreiben muss. Aber das Er-
kennen von neuen Möglichkeiten im
Unternehmen erfordert manchmal das
Gegenteil. Nämlich erst einmal heraus-
zufinden, was völlig falsch ist, dann ei-
nen Schritt zurückzutreten und zuzuhö-
ren. Das Schwierigste für viele Manager
ist es, erst einmal ein paar Sekunden
ruhig zu sein, bis der andere antwortet.
Die meisten können nicht warten, son-
dern antworten sofort selbst und bestä-
tigen damit nur ihre eigene Sichtweise.
personalmagazin:
Und beim Fotografieren
lernen sie dann das Warten?
Gregersen:
Gute Fotografen komponieren
ihr Bild und warten oftmals geduldig,
bis der richtige Zeitpunkt für das beste
Foto kommt. Das einmal selbst mit der
Kamera zu erleben, provoziert Fragen
wie: Welche Überraschung kommt auf
mich zu? Wie kann ich sie einfangen?
Welche Botschaft will ich mit dem Foto
transportieren und was sagt das über