personalmagazin 1/2018 - page 44

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MANAGEMENT
_EXECUTIVE EDUCATION
personalmagazin 01/18
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
„Raus aus der Isolation“
INTERVIEW.
Am Rande des „Global Drucker Forums“ hat US-Professor Hal Gregersen
verraten, wie innovative Manager führen und was das für Business Schools bedeutet.
Einschätzungen auch mal völlig falsch
liegen und die unangenehm für sie sind.
Innovative Führungskräfte fragen sich
täglich, was sie falsch gemacht haben.
Und wie schnell sie es entdeckt haben.
Denn innovative Leader erkennt man
nicht daran, dass sie keine Fehler ma-
chen, sondern dass sie diese schnell er-
kennen und korrigieren.
personalmagazin:
Führungskräfte müssen
also mehr Risiken eingehen?
Gregersen:
Ihre größte Herausforderung
ist ein sehr riskantes Umfeld, in dem
sie aber kein Risiko eingehen können,
weil sie an ihrem Erfolg gemessen wer-
den und ihr Aufsichtsrat erwartet, dass
sie wissen, was zu tun ist. Aber das zu
machen, was sie immer gemacht haben,
funktioniert eben auch nicht mehr. Ich
arbeite mit einigen der innovativsten
Firmen zusammen. Dort ist jeder Tag
riskant. Wer bei Amazon ein neues Pro-
jekt überzeugend vorschlägt, bekommt
die volle Verantwortung und muss es
auch umsetzen. Entscheidend ist es,
Lernmöglichkeiten zu schaffen, die
wirklich riskant sind.
personalmagazin:
Bedeutet das den Abschied
vom Manager, der alles im Griff hat?
Gregersen:
In unserem zweitägigen Kurs
„The Innovator‘s DNA“ am MIT müssen
sich die Teilnehmer in der Dreiergruppe
über eine ihrer fundamentalen Heraus-
forderungen austauschen, für die sie
keine Lösung haben. Das zwingt sie, sich
verletzbar zu machen, weil sie eben kei-
ne Antwort haben. Danach generieren sie
Fragen zu ihrem Problem. Da kommen in
personalmagazin:
Welche Fähigkeiten
braucht eine Führungskraft in Zeiten von
disruptiven Innovationen?
Hal Gregersen:
Für das Buch „The
Innovator’s DNA – Mastering the Five
Skills of Disruptive Innovators“, das ich
zusammen mit Jeffrey Dyer und dem
Harvard-Professor Clayton Christensen
veröffentlicht habe, haben wir mehr als
hundert Topmanager der innovativsten
Unternehmen von Amazon über Apple
und Google bis zu Salesforce interviewt
und dabei fünf Fähigkeiten herausgefun-
den, die innovative Manager von anderen
Managern unterscheiden. Sie stellen die
richtigen Fragen, beobachten die Welt
wie ein Anthropologe, schaffen assozia-
tive Verbindungen, bauen Netzwerke auf
und experimentieren mit neuen Dingen.
personalmagazin:
Wenn ich gute Fragen
stellen kann, bin ich ein innovativer Ma-
nager? Das klingt aber etwas banal.
Gregersen:
Die Herausforderung ist doch
das unbekannte Unbekannte. Wir wis-
sen zwar oft, was wir nicht wissen. Aber
noch gefährlicher sind die Dinge, von
denen wir gar nicht wissen, dass wir sie
nicht wissen. Das sind dann manchmal
die Innovationen oder neuen Mitbewer-
ber, an die wir nie gedacht haben. Und
diese Dinge können wir mit den richti-
gen Fragen entdecken. Tesla-Chef Elon
Musk hat einmal bemerkt: Oftmals ist
die Frage schwieriger als die Antwort.
personalmagazin:
Und wie finde ich sie?
Gregersen:
Manager sitzen oft isoliert in
ihrem Büro und wissen nicht, was wirk-
lich in ihrem Unternehmen und auf dem
Markt geschieht. Sie müssen rausgehen
in die reale Welt und mit den Menschen
sprechen und erfahren, was sie beschäf-
tigt. Isolation ist der größte Feind von
Innovation. Jede Führungskraft sollte
sich daher einmal überlegen, wie viele
Barrieren ihre Mitarbeiter überwinden
müssen, um sich über Entwicklungen
auf dem Markt oder Probleme im Unter-
nehmen informieren zu können. Innova-
tive Manager wissen, wie wichtig es ist,
diese Barrieren abzubauen.
personalmagazin:
Was machen sie anders?
Gregersen:
Sie setzen sich unterschiedli-
chen und manchmal auch unberechen-
baren Situationen aus, wo sie mit ihren
HAL GREGERSEN
ist Executive Director des
MIT Leadership Center und Senior Lecturer
an der MIT Sloan School of Management in
Cambridge, Massachusetts, USA.
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