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MANAGEMENT
_MITARBEITERBEFRAGUNG
personalmagazin 01/18
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
und die genannten Themen reflektieren
– nach dem Motto „Von der Arbeitgeber-
zur Arbeitspartnerattraktivität“. Ähnlich
wie bei der Verknüpfung einer Mitarbei-
terbefragung mit einer „Employee Value
Proposition“ (EVP) könnte hierfür eine
„Contingent Value Proposition“ (CVP)
den Orientierungsrahmen bilden.
Auch die administrative Abwicklung
solcher Kurzzeitpartnerschaften kann
stärker automatisiert werden. Insbe-
sondere der Auswahlprozess entspre-
chender Kandidaten ist entscheidend,
denn dieser bestimmt nicht nur die
Chance, die richtigen Talente für die
fachlichen Anforderungsprofile zu fin-
den, sondern auch die kulturelle Prä-
gung. Klassische Interviewformate sind
für einen flächendeckenden Einsatz ver-
mutlich kaum praktikabel. Stattdessen
ist zu überlegen, ob geeignete Online-
Assessments als weitere Befragungs-
elemente genutzt werden, welche die
Eignung für die Arbeitspartnerschaft
besonders dann attestieren, wenn die
Kandidaten zu den kulturellen Impera-
tiven des Unternehmens passen.
Praktische Gestaltung: Agilität in Be-
fragung und Folgeprozessen abbilden
Wer mit Mitarbeiterbefragungen ver-
traut ist, weiß, wie vielfältig die Fallstri-
cke sind – im Detail sowie im Hinblick
auf den Befragungserfolg insgesamt.
Deshalb ist es wichtig, Befragungen gut
zu konzipieren, sorgfältig umzusetzen
und nachhaltig an den Ergebnissen zu
arbeiten. Wie kann also eine höhere Au-
tomatisierung von Befragungselemen-
ten (mittels integrierter Systeme oder
auch Self-Service-Möglichkeiten) helfen,
die veränderte Arbeitswelt adäquat zu
erfassen? Teilweise liegen die Schwie-
rigkeiten noch bei viel grundlegende-
ren Dingen: Fragt man Unternehmen,
ob sie zentral erfassen, welche „Contin-
gent Workers“ für sie weltweit arbeiten,
provoziert man typischerweise Kopf-
schütteln. Dann wird schnell klar, dass
schon im Zielgruppen-Management die
halbe Miete liegt. In vielen Fällen wird
aufgrund der sich rapide verändernden
Verteiler der Zielpopulationen die „heili-
ge Kuh“ der Statistiker geopfert werden
müssen: Repräsentativität. Gleichzeitig
braucht es zur sinnvollen Implementie-
rung von Pulse Surveys eine Methode,
nah am Bedarf zu sein, um die richtigen
Fragen zum richtigen Zeitpunkt zu stel-
len. Auf der anderen Seite wird – wie
bei allen beschleunigten Prozessen mit
menschlicher Beteiligung – eine gewisse
Ungenauigkeit in Kauf zu nehmen sein.
Wer beispielsweise lange mit diversen
Stakeholdern diskutiert, wie der Begriff
„Führung“ im Unternehmen zu verste-
hen ist, wird mit einem agilen Ansatz
schnell ins Hintertreffen geraten.
Die Komfortzone verlassen
Sicher werden viele klassische Ele-
mente des Zuhörens beibehalten, denn
Kernbelegschaften stellen weiterhin die
wichtigsten Zielgruppen dar. Die hier
skizzierten Szenarien und Lösungen
sind jedoch Möglichkeiten, die Kom-
fortzone des Zuhörens zu verlassen und
neue Stimmen zu erfassen, Ansichten zu
neuen Themen zu gewinnen und damit
entsprechende Ausschnitte der Arbeits-
welt zu verbessern sowie den Pragma-
tismus zu erhöhen. Angesichts der an-
stehenden Veränderungen besteht sonst
die Gefahr, am Thema vorbei zu agieren.
Die Praxis des Zuhörens und Dialogauf-
bauens spielt eine wichtige Rolle, um
Wandel erfolgreich zu machen – daher
birgt die Überprüfung der eigenen Lis-
tening-Strategie großes Potenzial.
DR. ROLAND ABEL
ist
Practice Leader Employee
Insights bei Willis Towers
Watson Deutschland.
Die folgenden Überlegungen und Empfehlungen helfen beim Konzipieren und Vorbe-
reiten von Mitarbeiterbefragungen im agilen Arbeitsumfeld.
Die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt stellen
Bereiten Sie inhaltliche Befragungsschablonen – sortiert nach Themenblöcken – vor und
ergänzen Sie Empfehlungen zur Verwendung der Schablonen (Zielgruppen und Zeiträu-
me). Diese Befragungsschablonen können dann ad hoc eingesetzt werden.
Die richtige Zielgruppe erreichen
Abhängig von der Abbildung entsprechender Zielgruppen in den eigenen Systemen,
aber auch gemäß neuer demografischer Kriterien kann ein elaboriertes Schnittstellen-
Management erforderlich werden. Alternativ könnte man zur Vereinfachung (de)zentra-
le Verteiler außerhalb der Befragungssysteme nutzen. Um nicht zu häufig die gleichen
Personen zu befragen, empfiehlt sich eine kleine Gruppe von „Super Usern“, die den
Überblick hat und die Befragungen aufsetzt und freischaltet.
Weniger ist mehr
Lassen Sie alles weg, was aufwendig ist, aber wenig bringt. Zum Beispiel: Definitionen
von Begriffen, kompliziertes Bearbeiten von Organisationsstrukturen, umständliches User-
Management im Nachgang, wie das Erteilen von Zugriffsrechten für Ergebnisse, die schon
ein halbes Jahr alt sind. In einem agilen Befragungsrahmen mit hoher Dynamik ist dies
kaum beizubehalten. Das Weglassen ist ja auch Ausdruck agiler Kulturelemente wie Dis-
ruption, Fokus auf Zweckmäßigkeit, Mut zum Experimentieren und Scheitern als Chance.
Agil befragen
TIPPS