Personalmagazin 8/2018 - page 32

Ergebnispräsentation plus Maßnahmenentwicklungsworkshop
schlägt mit weiteren 4.500 Euro zu Buche. Bucht der Kunde auch
noch eine mittelfristig ausgerichtete Prozessbegleitung, kommen
bei etwa vier Terminen im Jahr 8.500 Euro hinzu.
Preiswerter Preis? Was das Image kostet
Der Wettbewerbsgedanke ist verständlicherweise dort besonders
ausgeprägt, wo von vorneherein feststeht, dass nicht 1.000 oder
100 Unternehmen „gewinnen“, sondern maximal ein Dutzend.
Dies trifft auf nichtkommerzielle Initiativen wie den Best-Pers-
Award zu, der seit 2003 für hervorragende Personalarbeit ver-
liehen wird. Drei erste Plätze in der Gesamtwertung sowie Aus-
zeichnungen in Spezialdisziplinen wie Personalentwicklung oder
HR-Digital sind zu vergeben – das ist alles. Um sich zu bewerben,
füllen konzernunabhängige Unternehmen mit zehn bis 2.500
Mitarbeitern einen umfangreichen Fragebogen aus, der einem
HR-Audit gleichkommt und Grundlage der Juryentscheidung ist.
Der große Vorteil des Best-Pers-Award liegt darin, dass die Teil-
nahme nichts kostet. Dafür findet die Veranstaltung eher in der
Fachöffentlichkeit statt; es fehlt eine Marketingmaschine, die
die Auszeichnung in die Bewerberköpfe hämmert.
Der Spagat zwischen wissenschaftlichem Anspruch und ei-
ner gesunden kommerziellen Basis ist schwierig. Wohl auch
deshalb gibt es einige Arbeitgebersiegel, denen eine Art Pub-
lic-Private-Partnership zugrunde liegt. Bekanntes Beispiel: Die
Gemeinnützige Hertie-Stiftung hat vor 15 Jahren das „Audit
Beruf und Familie“ ins Leben gerufen, das Siegel und Manage-
mentinstrument zugleich ist. In einemmehrjährigen strukturier-
ten Prozess werden Unternehmen dabei unterstützt, Lösungen
für eine familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik
zu finden. Als Dienstleister tritt die Beruf und Familie Service
GmbH auf, die wirtschaftliche Interessen verfolgen darf. So zahlt
ein Unternehmen mit 101 bis 500 Mitarbeitern 12.000 Euro für
die Auditierung inklusive Zertifikat. Die Re-Auditierung nach
drei Jahren kostet 9.500 Euro, nach sechs Jahren 8.000 Euro.
Die große Gruppe der themenspezifischen Arbeitgebersiegel,
in die sich das „Audit Beruf und Familie“ einsortieren lässt, treibt
manche Blüten hervor. Etwa das Siegel „Zertifizierter Fahrrad-
freundlicher Arbeitgeber“, das immerhin auf eine EU-Initiative
zurückgeht. Ansonsten bildet die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf einen klaren Schwerpunkt in der Gruppe der Themensie-
gel. Damit verknüpft ist das Thema Gendergerechtigkeit, gerade
unter den Aspekten Aufstiegschancen und Vergütung. Hier hat
sich das Siegel „Total E-Quality“ etabliert. Der gleichnamige,
1996 gegründete Verein zeichnet jährlich Organisationen aus,
die Chancengleichheit fördern. Die Juryentscheidung beruht
auf einer Selbstauskunft der Bewerber.
Soziale Kontrolle schützt vor Missbrauch
Das Papier, auf dem Unternehmen sich selbst begutachten,
ist geduldig, aber dank der sozialen Kontrolle bringt Schönre-
den wenig. Spätestens nach der Veröffentlichung des Prädikats
könnten Insider Einspruch erheben – per Flurfunk oder beim
Betriebsrat. Aus diesem Grund haben auch Siegel, die allein auf
einer Selbstverpflichtung beruhen, ihre Berechtigung. Die Un-
terzeichner erklären, bestimmte Werte anzuerkennen und diese
in ihrer Organisation umzusetzen. Bei der „Charta der Vielfalt“
etwa geht es um Respekt gegenüber Mitarbeitern, unabhängig
von Geschlecht, Nationalität, Religion, Behinderung, Alter oder
sexueller Orientierung. 2.800 Unternehmen und Institutionen
haben bereits unterschrieben. Sie dürfen sich eine vom Bundes-
kanzleramt gegengezeichnete Urkunde in die Chefetage hängen.
Sie müssen jedoch auch dafür sorgen, dass der Diversity-Ge-
danke bei den Mitarbeitern ankommt, indem sie jährlich über
entsprechende Aktivitäten berichten. Unternehmen zahlen eine
einmalige Verwaltungspauschale von 100 Euro für die Teilnah-
me; gemeinnützige Einrichtungen zahlen nichts. Möglich wird
dieses Schnäppchen durch das Engagement von 24 Konzernen,
die den Charta der Vielfalt e. V. tragen.
Ein Selbstverpflichtungssiegel mit „Schwindelschutz“ ist „Fair
Company“, eine 2004 in der Verlagsgruppe Handelsblatt gestar-
tete Initiative. Damals machte der Begriff „Generation Prakti-
kum“ die Runde. Als „Fair Company“ konnte ein Unternehmen
seine Bereitschaft signalisieren, Studenten nur anständige Prak-
tika anzubieten – also keine Langzeitausbeutung zum Nulltarif.
Seit 2013 können Praktikanten Verstöße gegen die Regeln mel-
den. In krassen Fällen wird das Siegel entzogen. Mehr als 600
Unternehmen haben sich als „Fair Company“ registrieren lassen.
Die Mitgliedschaft in diesem Kreis ist mit einem Jahresbeitrag
zwischen 999 und 1.400 Euro je nach Mitarbeiterzahl recht
günstig. Die Unternehmen erhalten unter anderem ein Profil
in der Datenbank Faircompany.de und Vorzugskonditionen bei
Anzeigen. „Aber sie übernehmen auch Pflichten“, sagt Projekt-
leiterin Elke Neuhard. „Zum Beispiel müssen sie Praktikanten
auf unsere Feedbackmöglichkeit hinweisen.“
Das Beispiel „Fair Company“ zeigt, wie Arbeitgebersiegel all-
gemeine Entwicklungen am Jobmarkt abbilden. Heute zieht die
Digitalisierung in das Zertifizierungsgeschehen ein, indem neue
Sonderpreise für die digitale Fitness von Arbeitgebern ausgelobt
werden und sich neue Big-Data-Verfahren durchsetzen. Ein
weiterer Trend ist der Fokus auf Branchen, die nicht genügend
qualifizierte Beschäftigte finden. In den vergangenen Jahren sind
beispielsweise neue Siegel für die Pflegebranche entstanden.
So entwickelt sich der Markt zwischen zwei Zieloptionen: ei-
nerseits wissenschaftlich begleitete, strategische Personalarbeit,
andererseits auf schnellen Rekrutierungserfolg ausgerichtetes
Personalmarketing. Jedes Unternehmen, das ein passendes Sie-
gel sucht, wird also mit Sicherheit fündig.
CHRISTOPH STEHR ist freier Journalist in Hilden.
Ein Siegel mit interner
Mitarbeiterbefragung
und strategischer
Begleitung kostet schnell
einige Tausend Euro.
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