sonders wichtig. „Da bestätigt mir ein Externer, wie toll meine
HR-Arbeit ist“, so Jäger. Das sei für ihn schlechte PR. Für das
Ansehen von HR im eigenen Unternehmen ließen sich andere
Wege finden.
Unternehmen werden offenbar mit Angeboten
für Arbeitgebersiegel überflutet
Wie stiefmütterlich das Thema in den Unternehmen behandelt
wird, zeigt auch die Recherche zu diesem Artikel. Die meis-
ten der befragten Unternehmen reagierten zunächst überhaupt
nicht. Dann folgten oft nur dürre Sätze statt Antworten auf die
Fragen. Von Daimler heißt es etwa: „Wenn wir Auszeichnungen
erhalten, die uns bestätigen, dass wir als attraktiver Arbeitgeber
wahrgenommen werden, freut uns das natürlich. Siegel nutzen
wir in der Regel nicht, wir setzen vor allem auf den persönli-
chen Austausch mit unserer Zielgruppe.“ Die Bosch-Pressestelle
schreibt auf Anfrage lediglich: „Arbeitgeber-Siegel nutzen wir
nur solche, bei denen die Zielgruppe selbst bewertet.“ Die Deut-
sche Bahn wiederum möchte laut eigener Aussage zwar Top-Ar-
beitgeber werden, Fragen zum Siegelangebot will man jedoch
„Große Datensätze sagen doch nichts über die Qualität einer
Analyse aus“, so Beiersdorf-Personaler Fellinger. Entscheidend
sei, welche Daten analysiert und welche Anhaltspunkte wie
gewichtet werden. „Da muss man schon sehr genau auf die Er-
hebungsmethode achten“, so der Personalmanager. Wenn man
sich bei manchen Rankings die Top 20 anschaue, sei man schon
irritiert. Da liege dann mitunter eine kleine Bank vor einem
Konzern, nur weil die Stichprobe dort viel kleiner war und posi-
tiver geantwortet habe. „Die Ergebnisse sind häufig methodisch
verfälscht“, so Fellinger.
Bei Leading Employers habe er nicht einmal die Bewertungs-
kriterien verstanden, so Alexander Hohaus, Referent Perso-
nalmarketing bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank in
Düsseldorf. „Gerade vom Zeit-Verlag hätte ich schon etwas qua-
litativ Hochwertigeres erwartet.“ In der Tat fragt man sich, was
man dort eigentlich analysiert hat. So wird zum Beispiel beim
Top Employers Institut, das Leading Employers für die Analyse
nutzt, lediglich veröffentlicht, welche Unternehmen zertifiziert
sind. Die detaillierte Auswertung bekommen nur die jeweiligen
Unternehmen. Ähnliches gilt für die Image-Befragungen von
Studenten wie von Trendence und Universum.
Ziemlich absurd wird es bei der „HR-Expertise“: Je aktiver
Personaler bei HR-Verbänden sind, desto besser soll das Un-
ternehmen als Arbeitgeber sein. „Für die Förderung von Nach-
wuchskräften ist die Weitergabe von Wissen innerhalb solch
professioneller Netzwerke essenziell“, schreibt Alexander Berndt
von Leading Employers.
Viele Arbeitgeber hinterfragen
die Methodik der Siegelvergabe nicht
„Das Problem ist, dass viele HR-Manager das nicht hinterfra-
gen“, so HR-Blogger Henner Knabenreich. „Die einen haben
keine Ahnung, was genau dahintersteckt. Andere denken sich,
Hauptsache es hilft dem Marketing.“
Ein Beispiel sind die Heiligenfeld-Kliniken, die auf ihrer Web-
site mit zahlreichen Auszeichnungen wie der von Great Place to
Work werben, darunter auch mit der von Leading Employers.
Auf die Fragwürdigkeit des Siegels angesprochen, gibt sich die
HR-Abteilung erstaunt: Man kommuniziere nur, dass die Klinik
dort ausgezeichnet worden sei. Das Siegel gekauft habe man
nicht. Deshalb stehen die Heiligenfeld-Kliniken auch nicht auf
der online veröffentlichten Liste der Sieger. Denn die ist beson-
ders trickreich: Sie besteht aus den Top 100, den Besten jeder
Branche und allen, die das Siegel gekauft haben wie zum Beispiel
Wago Kontakttechnik in Minden.
„Die Not mancher Unternehmen ist groß“, beobachtet Sebas-
tian Sellinat, Senior Manager Human Resources bei der Aareal
Bank in Wiesbaden. „Da herrscht oftmals blinder Aktionismus
und die Siegelanbieter locken mit einer schnellen Lösung.“
Dabei nutzten einige auch die fehlende Absprache im Unterneh-
men und schicken ihre Auszeichnung und ihr kostenpflichtiges
Siegelangebot nicht an die HR-Abteilung, sondern nur an die
Kommunikationsabteilung. „Der Höhepunkt ist es dann, wenn
die das Siegel kaufen will und ich dagegen argumentieren muss“,
so Sellinat.
Das Motiv sei eben oft nicht ein Erkenntnisgewinn, sondern
vor allem ein Marketingeffekt nach innen und außen, beklagt
Professor Jäger. Dabei halte er die Wirkung nach innen für be-
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personalmagazin 08.18
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