„Hohe Validität. Die umfassendste und objektivste Auszeich-
nung auf dem deutschen Markt“: So wirbt die 3 Works GmbH für
ihr neues Arbeitgebersiegel „Leading Employers“. „Es handelt
sich um eine analog zum Stiftung-Warentest-Prinzip unabhängig
durchgeführte Untersuchung auf der Basis mehrerer Millionen
Metadaten.“ Einbezogen wurden unter anderem Analysen, die
die „Personalinstrumente und Angebote des Arbeitgebers audi-
tieren und validieren“, beispielsweise die Zertifizierung vom Top
Employers Institut, einem weiteren Siegelanbieter.
Mit seinem Meta-Siegel zündete Leading Employers, das
immerhin den renommierten Zeit-Verlag als Medienpartner
gewonnen hat, eine neue Stufe im immer undurchsichtigeren
Siegel-Dschungel. Nach welchen Kriterien die Arbeitgeber dabei
jeweils ausgezeichnet werden, ist nicht immer transparent. Bei
manchen werden die eigenen Mitarbeiter befragt, bei anderen
muss man Fragebogen ausfüllen und bisweilen genügen schon
ein paar Tausend Euro, um sich mit einem goldenen Siegel
schmücken zu dürfen. Denn meist geht es den Anbietern vor
allem um den Verkauf der Lizenz zur Siegelnutzung. Auch Lea-
ding Employers wirbt damit, dass „kein zusätzlicher Aufwand
für Sie und Ihr Team“ entstehe. Für die Lizenz, das Siegel dann
tragen zu dürfen, müssen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern
bei Leading Employers jährlich 9.900 Euro plus Mehrwertsteuer
hinblättern.
Viele Personaler nehmen neue Siegel auf dem
Markt gar nicht mehr ernst
„Unter Personalern ist das inzwischen schon ein Running Gag,
wenn mal wieder ein neues Siegel auftaucht“, sagt Christoph
Fellinger, Talent Relationship Manager bei Beiersdorf in Ham-
burg. Ein Mehr an Siegeln führe nicht zu einer besseren Orien-
tierung auf dem Arbeitsmarkt. „Da tummeln sich einfach zu
viele schwarze Schafe und fragwürdige Anbieter“, so Fellinger.
Für Wolfgang Jäger ist es „vor allem eine PR-Maschinerie für
beide Seiten“. So ständen hinter den Auszeichnungen häufig
PR-Agenturen oder Medien, die für die notwendige Beachtung
der Auszeichnungen sorgen. „Das ist ein schräger Aufmerksam-
keitswettbewerb“, so der Professor an der Hochschule Rhein-
Main in Wiesbaden.
Auszeichnung ohne Befragung der Mitarbeiter
– auf Basis von Social Listening
Besonders aktiv sind dabei Focus und Focus Money. Im Früh-
jahr veröffentlichten sie das neue Deutschlandtest-Siegel
„Höchste Fairness im Job“. „Der Auszeichnung liegt eine um-
fangreiche Analyse der Kommunikation zur Fairness im Job
in Foren, Blogs, Communities, Twitter, Facebook und in On-
linemedien zugrunde“, schreibt Focus. Dabei seien für 10.000
Unternehmen 22 Millionen Aussagen ausgewertet worden.
Wissenschaftlich begleitet wurde die digitale Analyse – das
sogenannte Social Listening – von dem Diagnostikexperten
Werner Sarges.
„Wie kann es sein, dass da ein Unternehmen wie Koki Technik
Transmission Systems, das weder über eine Facebook- noch über
eine Twitter-Präsenz oder über ein Linkedin-Profil verfügt und
auf Kununu eher eine weniger positive Bewertung bekommt, un-
ter die Auswahl der Unternehmen fällt, die für höchste Fairness
im Job stehen?“, fragt sich Henner Knabenreich vom HR-Blog
Personalmarketing-2-null.
Die Ergebnisse basierten im Wesentlichen auf der Befragung
von 10.000 Unternehmen, erklärt Wissenschaftler Sarges. Sie
seien aber mit Befunden aus dem Social Listening – soweit
solche ebenfalls vorlagen – abgeglichen worden. Allerdings
haben von den 10.000 Unternehmen, deren Daten ausgewertet
worden sein sollen, nur weniger als zehn Prozent mitgemacht.
Auch bei der Auszeichnung zum „Top Nationalen Arbeitgeber“
von Focus in Zusammenarbeit mit Kununu ist das Vorgehen
und die damit einhergehenden Zweifel am Vorgehen ähnlich
(siehe Artikel „Sieglein, Sieglein an der Wand“ in dieser Perso-
nalmagazin-Ausgabe).
Auf Stellenanzeigen, Karriere-Webseiten und im
Empfangsbereich der Unternehmen prangen sie: die
Siegel und Urkunden als bester, fairster oder familien
freundlichster Arbeitgeber. Das Geschäft mit den
Auszeichnungen läuft dank des Fachkräftemangels gut.
Viele Unternehmen überschätzen jedoch die Seriosität
der Siegel und vor allem den erhofften Imagegewinn.
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Arbeitgebersiegel