personalmagazin 10/2018 - page 42

Schwerpunkt
personalmagazin 10.18
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Der Kandidat steht
im Bewerbungs­
verfahren meist
unter Druck. Daher
ist es prinzipiell
nicht rechtssicher
möglich, eine
freiwillige
Einwilligung zu
erteilen.
Auch die technische Datensicherheit gemäß Art. 64 DSGVO ist
bei Bewerbermanagement-Tools von erheblicher Bedeutung. Es
sollte besonders auf Verschlüsselung geachtet werden, um etwa
die im Online- Bewerbungsverfahren erhobenen Daten vor dem
unbefugten Zugriff eines Dritten zu schützen. Auch muss die Ge-
schäftsleitung gewährleisten, dass die Nutzer des Datenverarbei-
tungssystems ausschließlich auf die Daten zugreifen können, die
ihrer Berechtigung unterliegen. Zudem gilt es sicherzustellen,
dass personenbezogene Daten nicht unbefugt gelesen, kopiert,
verändert oder entfernt werden können. Für diese Zugriffskon­
trolle bieten sich Passwörter zur Benutzerkennung an. All dies ist
wesentlich, da bei einem Rechtsstreit die Beweislast zum Bewer-
berdatenschutz beim Arbeitgeber liegt. Dieser muss nachweisen
können, dass er alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat,
um den Schutz der personenbezogenen Daten zu gewährleisten.
Dafür sollten die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen im
Unternehmen einheitlich und lückenlos dokumentiert werden.
Wann sind die Daten von Bewerbern nach
einer Absage zu löschen?
Schon vor Geltung des neuen Datenschutzrechts durfte die
Speicherung personenbezogener Daten nur zweckgebunden
erfolgen. Das gilt auch weiterhin über die DSGVO und das
neue BDSG. Das heißt: Ist die konkrete Stelle einmal besetzt,
besteht kein Grund mehr, die Informationen der abgelehnten
Kandidaten aufzubewahren. Da es jedoch auf der Grundlage
des AGG zu einer Klage eines abgelehnten Bewerbers kommen
kann, dürfen Unternehmen die Daten aufbewahren – und zwar
solange sie mit solchen Auseinandersetzungen rechnen müs-
sen. Über die zulässige Aufbewahrungsdauer besteht keine
einheitliche rechtliche Regelung, sie wird jedoch generell mit
bis zu sechs Monaten (Fristen des AGG inklusive Fristen des
Postlaufs) nach Absendung der Absage veranschlagt. Danach
sind sie zu löschen.
Können Bewerberdaten in einem Talentpool
gespeichert werden?
Trotz ausreichender Qualifikation kommt es oft vor, dass Unter-
nehmen aussichtsreiche Bewerber nicht einstellen können. Dann
stellt sich die Frage, ob Unternehmen die Profile dieser Bewerber
in sogenannten Talentpools speichern können. Im Zusammen-
hang mit anderen Stellenbesetzungen könnten die Bewerber so
berücksichtigt und nochmals angesprochen werden.
Auch bei der Speicherung von Bewerberdaten in einem Ta-
lentpool stellt sich zunächst wieder die Frage nach der Rechts-
grundlage. § 26 Abs. 1 BDSG scheidet hierfür aus, denn nach
einer Absage ist für die konkrete Stelle der Zweck der Bewer-
bung erfüllt. Für eine „Entscheidung über die Begründung des
Beschäftigungsverhältnisses“ ist die Datenverarbeitung nicht
mehr erforderlich. Die Daten sind zu löschen. In dieser Situation
bleibt als einzige Möglichkeit die Einwilligung des betroffenen
Bewerbers nach § 26 Abs. 2 BDSG. Hierbei ist jedoch Folgendes
zu beachten: Sofern der Bewerber zur dauerhaften Speicherung
seiner Daten in einen Talentpool noch während des laufenden
Bewerbungsverfahrens einwilligt, ist diese – wegen der damit
verbundenen Drucksituation – gerade nicht freiwillig. Auch eine
Opt-in-Erklärung im Zusammenhang mit der laufenden Bewer-
bung (etwa die Formulierung: „Wenn Sie nicht widersprechen,
speichern wir Ihre Daten für künftige Bewerbungsverfahren“)
reicht daher nicht aus. Erst nach der Absage kann der abgelehnte
Bewerber in der Regel ohne Druck, also freiwillig, einwilligen,
seine Bewerberdaten in einem Talentpool zu speichern.
Für eine wirksame Einwilligung ist des Weiteren zu beachten,
dass diese in „informierter Weise“ und getrennt von anderen Er-
klärungen abgegeben werden muss. Der Arbeitgeber muss den
Einwilligenden genau mitteilen,
• dass die Daten für einen bestimmten Zeitraum gespeichert
werden (es sollte eine Löschfrist angegeben werden),
• dass sie zum Zwecke der Überprüfung seiner Daten in Bezug
auf künftig ausgeschriebene Stellen gespeichert werden und
• dass dem potenziellen Bewerber ein jederzeitiges Recht auf
Widerruf seiner Einwilligung zusteht sowie
• dass der Kandidat gegebenenfalls die Berichtigung seiner
Bewerberdaten verlangen kann (siehe Art. 16 DSGVO).
DR. ANJA BRANZ ist Rechtsanwältin und
Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Beiten
Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft in
Berlin.
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