Schwerpunkt
personalmagazin 10.18
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Sie haben das schöneWort „hip“ genannt. Wannmüssen sich
die Recruiter nicht an die Gesetzmäßigkeiten des Konzerns
halten, wenn sie beispielsweise einen besonders hippen,
Erfolg versprechenden Recruitingweg gefunden haben?
Es gibt natürlich einige Regeln, an die sich jeder halten muss,
denken Sie an den Datenschutz oder die Einbindung der In-
teressenvertreter. Aber: Neue Wege zu beschreiten, hat meist
überhaupt nichts damit zu tun, Regeln zu brechen, sondern eher
damit, ausgetretene Pfade zu verlassen. Im IT-Umfeld bieten
wir beispielsweise sogenannte Digital Dinner an, auch auf der
Gamescom sind wir präsent. Es geht darum, verschiedene Ele-
mente zusammenzubringen. Das eine sind die bereits genannten
Innovationen und der Mut, das andere ist unser ganzheitlicher
Ansatz. Dieser gibt uns Geschwindigkeit und die notwendige
Flexibilität. Und wir müssen das Spektrum der technischen
Möglichkeiten voll ausnutzen.
Können Sie Beispiele für moderne Technik nennen?
Wir haben eine neue IT-Plattform fürs Recruiting geschaffen,
die zum Beispiel dem Bewerber die Möglichkeit gibt, sein Profil
hochzuladen. Dann bekommt er eine Mail, wenn eine Stelle frei
wird, die den eigenen Wünschen oder dem Profil entspricht.
Die Software hat auch eine Track-and-Trace-Funktion. So sieht
der Bewerber transparent, wie der Stand seiner Bewerbung ist.
Unser Ziel ist: Bewerben soll einfacher und schneller werden,
sogar Spaß machen. Die moderne Technik ermöglicht uns zu-
dem ein datengestütztes Performance-Marketing. Damit können
wir unsere Mittel gezielter einsetzen und genau da nachsteuern,
wo wirklich Bedarf ist.
Wer trifft die Entscheidungen, wo der Weg hinführen soll?
Die Gesamtverantwortung liegt bei mir, aber der Personalge-
winnungsbereich unter Kerstin Wagner hat einen maßgeblichen
Anteil, denn das sind diejenigen Personen, die den Markt und
seine Entwicklung beobachten und neue Ideen einbringen. In
diesem Kontext wird die Weiterentwicklung im Wesentlichen
entschieden und auch mit dem Konzernvorstand reflektiert. Mit
der Richtung, die wir eingeschlagen haben, haben wir dessen
volle Unterstützung und auch die notwendigen Freiheiten.
Wie wichtig ist es, dass die Personalgewinnung direkt dem
Vorstand untergeordnet ist?
Bei der großen Zahl an Stellenbesetzungen ist Recruiting ein
zentrales Thema für unser Unternehmen. Mit 19.000 Neuein-
stellungen in diesem Jahr führen wir gleichzeitig eine personelle
Veränderung herbei und unterstützen die digitale Transforma-
tion. Es ist wichtig, alles zusammenzudenken – angefangen von
der Frage, wie Ausbildungsberufe gestaltet werden, über die
Gestaltung der Qualifizierungsmaßnahmen bis hin zu den Re-
cruitingprozessen. Das sind zentrale Personalthemen, die immer
stärker ins Zentrum rücken, gerade auch auf enger werdenden
Personalmärkten.
Die digitale Transformation ist ein Thema, für das Sie sich
persönlich stark engagieren und das Sie auch schon aus Ihrer
früheren Tätigkeit bei der Deutschen
Telekomkennen. Wie wichtig ist es für
die Deutsche Bahn?
Alle Unternehmen beschäftigen sich
mit dem Umstieg in die digitale Welt,
natürlich auch wir. Auf der einen Seite
haben wir sehr traditionelle Bereiche, auf
der anderen Seite sehr innovative Techno-
logien. Diese gilt es zu verbinden. Es gibt
zwei große Säulen der Transformation.
Die eine ist die Auswahl und Integration
der richtigen Leute. Die zweite betrifft die
Begleitung der Menschen, die schon im
Unternehmen sind. Ich habe deshalb die
Initiative „Generationsvertrag“ gestartet,
bei der sich Menschen, die schon im Un-
ternehmen sind, mit jüngeren Kollegen
zusammentun, um einen Wissenstransfer
zu gewährleisten. Parallel arbeiten wir
daran, dass Digitalisierung in den Ausbil-
dungsberufen eine stärkere Rolle spielt.
Ist die „Zukunft Bahn Erlebnistour“
auch ein Bestandteil der Maßnahmen?
Absolut. Wir gehen mit dieser Tour
an 16 Standorte und bringen die Digita-
lisierungsthemen zu den Mitarbeitern.
Martin Seiler ist seit Januar 2018 Vorstand Personal und Recht der
Deutschen Bahn AG und damit verantwortlich für über 320.000 Mitar-
beiter weltweit. Er kennt sich aus mit großen Zahlen: Zuvor war er bei
der Deutschen Telekom als Geschäftsführer Personal und Arbeitsdi-
rektor für 70.000 Mitarbeiter sowie als Sprecher der Geschäftsführung
der Telekom Ausbildung für alle Auszubildenden und dualen Studen-
ten zuständig. Seine Laufbahn begann er bei der Deutschen Post.