personalmagazin 04/18
14
TITEL
_
DIGITALES LERNEN
U
nsere Arbeitswelt ist geprägt
von der Digitalisierung, die ra-
sante und tief greifende Ver-
änderungen mit sich bringt.
Die Folgen sind immer kürzer werdende
Innovationszyklen und ein stetiger Zu-
wachs an relevantemWissen. Die tägliche
Arbeit erfordert neue Kompetenzen, um
die immer komplexer werdenden Aufga-
ben erledigen zu können. Weiterbildung
ist zur Pflicht geworden. Aber auch hier
ist das Wesen der Digitalisierung zu spü-
ren: Einfache, lineare Ursache-Wirkungs-
Beschreibungen und darauf aufbauende
Weiterbildungsstrategien und -methoden
sind nicht mehr flexibel genug, bieten
nicht mehr die für Weiterentwicklung
notwendigen Antworten und Impulse.
Um die neuen Anforderungen aus Sicht
der Lernenden sowie der Unternehmen
zu erfüllen, müssen sich die Weiterbil-
dungsbranche und die Personalentwick-
lung (PE) neu aufstellen. Der Fokus liegt
nicht mehr darauf, Mitarbeiter für eine
Von
Christian Friedrich
einzelne Rolle weiterzubilden. Es sollten
vielmehr folgende zwei Aspekte berück-
sichtigt werden: eine Weiterentwicklung,
die die Zukunft im Auge hat, sowie die
Befähigung für den aktuellen Bedarf, der
sich aus dem direkten Kontext der per-
sönlichen Aufgaben ergibt. Insbesondere
im Kontext von Transformationsprozes-
sen müssen die PE-Maßnahmen sowohl
auf individueller wie organisatorischer
Ebene wirken und zur Weiterentwick-
lung von einzelnen Mitarbeitern, Teams
oder auch ganzen Organisationen führen.
Dies setzt voraus, dass die Maßnahmen
und Zugangswege zu persönlicher Wei-
terentwicklung, Kompetenz- und Wis-
sensaufbau, die in einer Organisation zur
Verfügung stehen, im Kontext der Rolle
nachhaltig wirken können. Gleichzeitig
müssen sie, im Bezug zu sich ständig ver-
ändernden Aufgabenstellungen, im rea-
len Moment des Bedarfs verfügbar sein
und situativ Wirksamkeit erzeugen.
Status quo und Herausforderungen
der Weiterbildung
Wie wird Weiterbildung im Unterneh-
men und die Rolle der PE wahrgenom-
men? Eine internationale Umfrage des
Corporate Leadership Council aus dem
Jahr 2017 gibt Hinweise: 66 Prozent der
Befragten sehen keinen wirkungsvollen
Einfluss der PE auf das Geschäftsergeb-
nis. Für 69 Prozent passen die Maßnah-
men nicht zum tatsächlichen Bedarf und
77 Prozent sind der Meinung, dass die
Herausforderungen des Unternehmens
nicht rechtzeitig adressiert werden.
Diese Ergebnisse sind ein vernich
tendes Urteil. Welche grundlegenden
Herausforderungen muss PE also aus
Business-Sicht erfüllen? Aus unserer
Sicht sind es die folgenden:
1. Maßnahmen zur Weiterentwicklung
müssen relevant und wirksam sein.
Möglich wird das, wenn sie im tatsäch-
lichen Moment-of-Need situativ und
personalisiert zur Verfügung stehen.
2. Personalentwicklungsmaßnahmen
müssen die Anforderungen der Or-
ganisation hinsichtlich Anpassungs-
und Veränderungsbedarf rechtzeitig
erfüllen.
3. Maßnahmen der PE brauchen eine
klare Bedarfs- und Ergebnisorientie-
rung, um Relevanz zu erzeugen.
Strategische Entwicklung und
situatives Qualifizieren
Weiterbildung sollte einerseits auf ein
künftiges Entwicklungsziel einzahlen.
Dafür ist es wichtig, einen nachhaltigen
Lernprozess zu initiieren. Andererseits
muss sie auch in dem Moment wirken,
in dem es Entwicklungsbedarf gibt. Hier
finden situatives Lernen und Anwenden
gleichzeitig statt – immer im Zusam-
menhang und im Kontext des Business-
Need und der anstehenden Aufgaben.
Dieser ganzheitliche Ansatz erfordert
ein Umdenken in der PE – sowohl hin-
sichtlich der Methoden, der Formate
und Zugangswege zu Weiterbildung als
auch der grundlegenden Paradigmen.
Wir müssen zwischen zwei Formen der
Weiterbildung unterscheiden:
1. Eine in die Zukunft gerichtete Quali-
fizierung bezogen auf eine Rolle. Ihr
Ziel ist eine strategische Entwicklung
hinsichtlich der Unternehmensziele.
Das Lernen der Zukunft
ÜBERBLICK.
Personalentwicklung im Digitalzeitalter verknüpft formelles und
informelles Lernen und erlaubt situative Qualifizierung mitten im Arbeitsprozess.
© WAVEBREAKMEDIA / SHUTTERSTOCK.COM
Im digitalen Zeitalter
müssen Weiterbildungs-
und Lernangebote im
realen Moment des
Bedarfs verfügbar sein
und situativ Wirksam-
keit erzeugen.