Personalmagazin 4/2018 - page 12

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SZENE
_DGFP
personalmagazin 04/18
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Das Interview führte
Reiner Straub.
Reinhart:
Erfolgreiche Unternehmen ver-
fügen heute über strategisch denkende
und gestaltende HR-Bereiche. Das ist
meine Grundüberzeugung. Human Rela-
tions, wie wir das bei Continental nen-
nen, muss sich mit der eigenen Rolle im
Unternehmen beschäftigen. Zweitens
muss sich HR mit der strategischen Per-
sonalplanung befassen: Wie wird sich die
Mitarbeiterstruktur
weiterentwickeln,
welche Tätigkeiten werden digitalisiert
und was bedeutet das für die Qualifizie-
rung. Und drittens müssen wir unsere
Leistungen mit Kennzahlen messen, um
uns in zahlengetriebenen Unternehmen
Akzeptanz zu verschaffen. Und viertens
geht es um die Gestaltung der Rahmen-
bedingungen, also Fragen von Bildung,
Arbeitsmarkt und Gesetzgebung.
personalmagazin:
Was sind denn die größ-
ten Fehler, die HR-Leute machen?
Reinhart:
Aus meiner Beobachtung küm-
mern sich viel zu wenige darum, ihre
Expertise ins Geschäftsumfeld einzubrin-
gen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Als Per-
sonaler wissen wir, wie wichtig die Perso-
nalauswahl für den Erfolg im Job ist. Viele
Werksleiter investieren zwar Geld und
Zeit in die Auswahl von Ingenieuren, bei
der Auswahl von gewerblichen Fachkräf-
ten sind sie aber manchmal nachlässig.
Das ist falsch, weil sich Eigenschaften wie
intrinsische Motivation nicht im betrieb-
lichen Umfeld entwickeln lassen. Wir als
Personaler wissen das und müssen dem
Werksleiter klarmachen, dass sich die
Investition in valide Auswahlverfahren
auch im gewerblichen Bereich auszahlt.
personalmagazin:
Im Folgenden bitte ich Sie
um eine kurze Kommentierung zu neun
Thesen, die diskutiert werden. Erste The-
se: Roboter werden künftig einen Großteil
der Auswahlprozesse übernehmen.
Reinhart:
Bei der Rekrutierung werden Ro-
boter und Algorithmen eine wichtige Rol-
le spielen, bei der Auswahl sehe ich das
nur bedingt. Methoden wie halbstruk-
turierte Interviews oder Arbeitsproben
lassen sich nicht so leicht digitalisieren.
personalmagazin:
Zweite These: Netzwerke
werden Hierarchien ablösen.
Reinhart:
In unserer komplexen Welt
müssen wir lernen, in Netzwerkstruktu-
ren zu arbeiten. Das wird immer wich-
tiger. Doch Organisationen brauchen
auch eine gewisse Struktur, deshalb
werden Hierarchien nicht verschwin-
den, sie werden aber flacher.
personalmagazin:
Dritte These: Soft Skills
werden wichtiger als Hard Skills?
Reinhart:
Soft Skills werden mindestens
gleichwertig. Eigenmotivation ist bei-
spielsweise ein Soft Skill, der für künf-
tige Arbeitsstrukturen wichtiger wird.
personalmagazin:
Vierte These: Ge-
haltstransparenz wird zunehmen.
Reinhart:
Im Tarifbereich gibt es schon
lange Transparenz. Die Digitalisierung
bringt mit sich, dass die Gehälter über
das Netz transparenter werden, etwa
über Gehaltsvergleiche oder den direk-
ten Austausch der Mitarbeiter.
personalmagazin:
Fünfte These: Führungs-
kräfte werden zunehmend gewählt.
Reinhart:
Den Ansatz finde ich interessant.
Ich kann mir gut vorstellen, dass Team-
sprecher gewählt werden. Wir haben das
im gewerblichen Bereich getestet.
personalmagazin:
Sechste These: Die
Digitalisierung wird laut Bitkom-Studie
in den nächsten zehn Jahren in den
Unternehmen jeden fünften Arbeitsplatz
zunichtemachen.
Reinhart:
Von den zahlreichen Studien,
die derzeit publiziert werden, darf man
sich nicht irremachen lassen. Unsere
Verantwortung ist es, eine strategische
Personalplanung zu machen und die
Leute für den Wandel zu qualifizieren.
personalmagazin:
Siebte These: Die Digi-
talisierung wird die Arbeitswelt radikal
verändern.
Reinhart:
Davon bin ich überzeugt. Wir
brauchen davor aber keine Angst haben.
Wir müssen gestalten.
personalmagazin:
Achte These: CEOs
erkennen zunehmend die Bedeutung von
HR-Themen für eine erfolgreiche Unter-
nehmensführung.
Reinhart:
Wenn mein CEO nicht auch
der oberste Verfechter von HR wäre,
dann hätte ich wirklich ein Problem.
Von den drei Wachstumskräften, die
wir bei Continental definiert haben, ist
eines davon ein HR-Thema. Alle guten
Führungskräfte wenden einen Großteil
ihrer Zeit dafür auf, sich mit Führungs-
und HR-Themen zu beschäftigen. Füh-
ren ist für Führungskräfte die zentrale
Aufgabe.
personalmagazin:
Neunte These: In den
nächsten Jahren werden einige der Top-HR-
Manager einen Job als CEO übernehmen.
Reinhart:
Ich hoffe das sehr. Da gibt es ei-
nige aus dem Kollegenkreis, denen ich
das zutraue.
THEMENPATEN IM DGFP-VORSTAND
Gesamtstrategie/
DGFP-Kongress
Dr. Ariane Reinhart
Rolle HR
Dr. Bettina Volkens
Digitalisierung/Arbeiten 4.0
Dr. A. Reinhart und Prof. Dr. W. Bauer
New Leadership
Prof. Dr. Heike Bruch
Mitbestimmung 4.0
Oliver Burkhard
Demografischer Wandel/
Fachkräftesicherung
Dr. Johannes Beermann
Arbeitsmarkt­
politische Themen
Raimund Becker
Young Professional
Network/DGFP Lab
Norbert Janzen
© BETTINA VOLKENS: LUFTHANSA GROUP, WILHELM BAUER: FRAUNHOFER IAO, OLILVER BURKHARD: THYSSENKRUPP AG, RAIMUND BECKER: BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT, NORBERT JANZEN: IBM
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