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RECHT
_KÜNDIGUNGEN
personalmagazin 03/17
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
O
bwohl es mehr als 200.000
Kündigungsschutzklagen bun-
desweit pro Jahr gibt, weiß
die Öffentlichkeit erstaunlich
wenig über Kündigungen. Daher haben
wir von der Universität des Saarlands
ein Projekt gestartet, um etwas Licht in
diese unbekannte Facette des Personal-
managements zu bringen. Die aktuellen
Ergebnisse zeichnen bereits ein ernüch-
terndes Bild, was etwa das Kündigungs-
Von
Cornelius König
und
Manuela Richter
Wie Unternehmen kündigen
UNTERSUCHUNG.
Die Kündigungspraxis in Betrieben ist wenig erforscht. Eine Umfrage
zeigt nun übliche Instrumente, Defizite bei deren Anwendung – und Kostentreiber.
gespräch oder die durch die Kündigung
entstehenden Kosten angeht. Langfristig
ist es das Projektziel, Daten zu sammeln,
auf deren Grundlage Empfehlungen für
einen besseren und faireren Ablauf bei
Kündigungen abgeleitet werden können.
Bei der Suche nach Personen, die un-
sere Online-Umfrage ausfüllen können,
wurde schnell klar, dass sich zwar viele
mit dem Thema auskennen, aber eher
wenige von Kündigungserfahrungen
berichten wollten. In Zusammenarbeit
mit dem Beratungsunternehmen Bal-
fanz Unternehmensentwicklung kamen
Internetaufrufe, persönliche Anspra-
chen auf Messen und Ankündigungen in
Fachpublikationen zum Einsatz, sodass
wir 244 Fragebögen auswerten konnten.
Die 122 Männer und 122 Frauen waren
im Mittel 43 Jahre alt. Rund die Hälfte der
Angaben stammt aus Unternehmen, in
denen mehr als 100 Mitarbeiter beschäf-
tigt sind. Die Rückmeldungen kamen aus
nahezu allen Bereichen der Wirtschaft,
die Branchen Handel und IT stellten mit
zusammen 22 Prozent die stärkste Frak-
tion. Rückmeldungen erhielten wir au-
ßerdem aus allen Hierarchiestufen von
Unternehmern, Führungskräften und
Mitarbeitern aus dem Personalbereich.
Zudem gab es Auskünfte zu allen Kündi-
gungsarten – betriebsbedingt, verhaltens-
bedingt und personenbedingt.
Um Kündigungsgespräch gedrückt?
Aus Praxis und Forschung wissen wir,
dass niemand gerne schlechte Nachrich-
ten überbringt. Das gilt auch für Kündi-
gungen. Doch auch wenn es unangenehm
ist, sollte man sich nicht vor einem Kün-
digungsgespräch drücken, könnte man
argumentieren. Aber in nur 84 Prozent al-
ler Fälle wird ein solches geführt – in klei-
neren Firmen (unter 200 Mitarbeitern)
sogar häufiger als in größeren Firmen
(über 200 Mitarbeitern). Bei letzteren
überbringt meist die Post (sechs Prozent)
oder ein Bote (elf Prozent) die Nachricht.
Gerade bei verhaltensbedingten und bei
personenbedingten Kündigungen wird
besonders oft auf ein persönliches Kündi-
gungsgespräch verzichtet, insbesondere
in größeren Unternehmen.
So manches Unternehmen
geht bei Kündigungen un-
sanft vor, zeigt eine Studie.
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