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stelle anhand ausgewählter Praxisbeispiele Hand-
lungsansätze beleuchtet. Diese reichen von bauli-
chen Maßnahmen zur Schaffung altersgerechten
und barrierefreien Wohnraums sowie Beratungs-
und Informationsangeboten hin zu kulturellen und
kommunikativen Angeboten, die die gesamteMie-
tergemeinschaft stärken und insbesondere ältere
Menschen aus deren Isolation lösen.
Leerstandsminimierung, Mieterbindung
und bezahlbares Wohnen
Wohnungs- und Immobilienunternehmen tragen
dazu bei, älteren Menschen ein selbstbestimmtes
Altern zu ermöglichen. Triebfeder für ihr Engage-
ment im Kontext des altersgerechten Wohnens ist
u. a. auch die Stärkung der Wirtschaftlichkeit und
Marktgängigkeit des vorhandenen Bestandes.
Besonders inRegionenmit deutlicher Überalterung
und hohen Leerstandsquoten sind solche Unter-
nehmen erfolgreich, die sich die Kompetenz für
das Wohnen im Alter aneignen und vermarkten,
wie ein Beispiel aus Halle belegt. Die Gesellschaft
fürWohn- undGewerbeimmobilienHalle-Neustadt
mbH betreibt fünf Service-Wohnanlagen und hat
darüber hinaus an drei Standorten Wohneinheiten
zu Begegnungszentren umgebaut. Darin bietet sie
ihrenMietern neben einer barrrierefrei gestalteten
Musterwohnung mit Beispielen zum Anfassen Be-
ratungs- und Begegnungsangebote kostenfrei an.
Das wirkt positiv auf das Unternehmensimage und
steigert die Attraktivität als Vermieter.
InWachstumsräumen ist es besonderswichtig, be-
zahlbaren Wohnraum vorzuhalten. Hier setzt die
Münchener Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG
(GEWOFAG Holding GmbH) an. Sie ermöglicht
älteren Menschen mit dem Wohn- und Versor-
gungskonzept „Wohnen imViertel“ auch bei zuneh-
mender Hilfebedürftigkeit ein selbstbestimmtes
Wohnen in der vertrauten häuslichen Umgebung.
Dazu zählen neben altersgerechtenWohnrauman-
passungen Wohncafés für gemeinsame Aktivitä-
ten und die Kooperationmit ambulantenDiensten,
ohne dass eine Betreuungspauschale erhobenwird.
Kooperation statt Wettbewerb
Insbesondere soziale und kulturelle Angebotewer-
den oft durch Kooperation mit Partnern geschaf-
fen. Die Wohnungsgesellschaft Adorf/Vogtl. mbH
ermöglicht z. B. zusammen mit dem im eigenen
Bestand ansässigen Verein Kulturwerk e. V. zahl-
reiche Freizeitangebote und Dienstleistungen für
ältere Menschen. Treten Wohnungsunternehmen
selbst als soziale Dienstleister auf, werden oft Or-
ganisationsformen außerhalb des Unternehmens
gefunden, häufig in Formeines Vereins. Den Verein
WoHL e. V. gründete z. B. dieWohnungsbaugesell-
schaft Plauen mbH, um nachhaltig seniorenge-
rechte Dienstleistungen anzubieten.
Erfolgreiche Unternehmen haben somit ein enges
Netzwerk zu vielen lokalen Akteuren. Das macht
sie vor Ort zu einem wichtigen Mitgestalter. Das
belegt auch ein Beispiel aus Niedersachsen. In
Varel bietet die Wohnungsbaugesellschaft Fries-
land mbH gemeinschaftliches Wohnen mit einer
Beratungsstelle in einer ehemaligen Schule an.
Ehrenamtliche erweitern das Angebot
der Wohnungswirtschaft
Eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen
verschiedenen Akteuren senkt die Kosten für
verschiedene Services. So setzt auch die Ham-
burger Wohnbaugenossenschaft Bauverein der
Elbgemeinden eG auf eine enge Zusammenarbeit
und schafft Angebote für Ältere, junge Famili-
en und Pflegebedürftige. Ohne die Einbindung
Ehrenamtlicher ist eine wirtschaftlich tragbare
Umsetzung vieler Strategien nicht möglich. Sie
werden daher von Wohnungsunternehmen iden-
tifiziert, aktiv angesprochen und eingebunden.
So habenWohnungsunternehmen imKontakt mit
ihren Kunden eine aufsuchende Rolle; sie beraten
und informieren vor Ort. Die Senioren-Infothek im
Berliner Märkischen Viertel z. B. erhält durch die
GESOBAU AG kostenfrei Räume und wird durch
Ehrenamtliche betrieben. Regelmäßig werden
Auskünfte zu Beratungs-, Freizeit- und Pflege-
angeboten gegeben oder Hausbesuche, Behörden-
gänge und Handwerkerservice vermittelt.
Regionale Unterschiede
Fakt ist, dass sich die Situation mit Blick auf das
altersgerechte Wohnen deutschlandweit nicht
einheitlich darstellt, sondern eng mit der Eigen-
tümer- undNutzerstruktur verknüpft ist. So ist der
Anteil der organisierten Wohnungswirtschaft in
Klein- und Mittelstädten im ländlichen Raum der
alten Bundesländer imVergleich zu den neuen
Quelle: C. Vollmer
Die vollständige
Expertise mit Hand-
lungsempfehlungen
aus dem Programm
mit Blick auf die
Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft
steht kostenfrei als
Download unter folgendem Link bereit:
STUDIE
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Die Neißestrasse in Nienburg mit Wohngebäuden aus den 1960er Jahren nach und vor dem Umbau. In vielen Quartieren schaffen Wohnungsunternehmen
und Partner parallel zum altengerechten Umbau von Wohnungen und Gebäuden auch eine entsprechende soziale Infrastruktur