Wirtschaft und Weiterbildung 5/2019 - page 52

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
05_2019
zugewiesen und zwar jeweils so viele,
wie vom Team in dieser Zeit leistbar sind.
Tägliche Kurzmeetings, Dailies genannt,
dienen der Transparenz und Kommuni-
kation innerhalb der Scrum- oder Ent-
wicklungsteams. Probleme werden dort
angesprochen und gegebenenfalls sofort
gelöst. Ist ein Sprint zu Ende, steht das
entwickelte Produkt-Inkrement dem
Scrum-Team und den Stakeholdern zum
Beispiel als lauffähige Software zur Ver-
fügung. Der nächste Sprint kann gestartet
werden.
Das Scrum-Modell entstand aus der Er-
kenntnis, dass viele Software-und IT-Pro-
jekte heute sehr komplex sind und einer
permanenten Veränderung im Projektver-
lauf unterliegen. Zudem sind zu Beginn
die Vorgaben und Anforderungen oft un-
klar. Ein agiles Vorgehen ist jedoch keine
Erfolgsgarantie. Das zeigen zahlreiche
Projekte. Die wesentliche Schwachstelle
bei Scrum-Projekten ist die Abschätzung
der Storys durch die Entwickler. Oft sind
diese zu optimistisch. Deshalb werden
die Ziele der Sprints nicht erreicht. Das
erschwert es der Projektleitung, einen
längeren Zeitraum zu planen und zu bud-
getieren. Eine gewisse Planungssicher-
heit besteht meist nur in einem, maximal
zwei Sprint-Zyklen.
Ein zentraler Erfolgsfaktor bei agilen Pro-
jekten ist die Reife und Homogenität des
Entwicklungsteams. Dieser Anforderung
wird in der Praxis oft kaum Rechnung ge-
tragen. Am wenigsten in Organisationen,
die im Übergang von der traditionellen
zur agilen Planung sind. Sie unterschät-
zen oft auch die damit verbundene kul-
turelle und organisatorische Herausforde-
rung.
Die meisten Unternehmen sind heute
als Gesamtorganisation weder agil noch
nicht agil. Denn sie sehen sich seit Jah-
ren mit einer erhöhten Komplexität kon-
frontiert und suchen nach Möglichkeiten,
flexibler auf neue Herausforderungen
zu reagieren. Dabei wird das Einbezie-
hen der Mitarbeiter meist als Schlüssel
zu mehr Flexibilität und einer höheren
Performance gesehen. Und agile Vorge-
hensweisen werden „ausprobiert“ in der
Hoffnung auf bessere und kundenspezi-
fischere Lösungen. Deshalb existieren in
den Unternehmen beim Projektmanage-
ment oft „Zwitter“: Neue Mitarbeiter wer-
den an Bord geholt mit dem Versprechen
einer agilen, selbstbestimmten Arbeits-
weise. Zugleich „leben“ in der Organi-
sation jedoch noch die alten Strukturen
und das klassische Projektmanagement:
Es existieren beim Projektmanagement
sozusagen Parallelwelten. Diese sind im
Stadium des Übergangs normal und müs-
sen gemanagt werden. Das gilt insbeson-
dere dann, wenn die Entscheidungsträ-
ger in der IT oder der Geschäftsführung
einem agilen Projektmanagement eher
kritisch gegenüberstehen.
Parallelwelten managen
Eine klare Kommunikation der Paral-
lelwelten ist das Fundament, auf das
Unternehmen in der Übergangsphase
setzen sollten, denn klar ist: Es ist nicht
möglich, den berühmten Schalter umzu-
legen, um vom klassischen zum agilen
Projektmanagement zu kommen. Und
wäre es so, dass mit einem ausschließ-
lich agilen Projektmanagement alle Pro-
bleme beseitigt wären, dann hätten die
Unternehmen jahrzehntelang große Feh-
ler gemacht. Agile Projekte haben auch
Probleme, jedoch andere. Deshalb ist es
wichtig, klar zu kommunizieren, welche
Projekte nach welchen Regeln durchge-
führt werden – und hierfür ist auch eine
Kenntnis der verschiedenen Projektarten
wie Routine-, Innovationsprojekte, Ak-
zeptanz- und Wandel- beziehungsweise
Changeprojekte nötig. Ein agiles Pro-
jektmanagement ist darauf ausgerichtet,
die Kunden und Anwender direkt in den
Entwicklungs- beziehungsweise Problem-
lösungsprozess einzubinden und schnell
sichtbare Zwischenergebnisse zu erzie-
len.
Das klassische Projektmanagement hin-
gegen fokussiert auf eine umfassende
Planung und Dokumentation vor dem
Projektstart. Irritationen entstehen in
Unternehmen, wenn zum Beispiel neue
Mitarbeiter mit dem Versprechen von
Agilität „an Bord“ geholt werden, sich
dann jedoch mit dem klassischen Projekt-
managementansatz konfrontiert sehen.
Diese Irritationen wirken leistungsmin-
dernd. Da beide Vorgehensweisen ihre
Berechtigung haben, stellt sich die Frage:
Wann die eine, wann die andere? Um
diese zu beantworten, ist eine eindeu-
R
Agiles Projektmanagement
Grafik 2.
Das Scrum-Modell entstand, weil viele Projekte sehr komplex
sind und einer permanenten Veränderung unterliegen. Zudem sind
zu Beginn die Anforderungen oft unklar. Ein agiles Vorgehen ist keine
Erfolgsgarantie, wenn das Projektteam nicht „funktioniert“.
Quelle: Dr. Kraus & Partner
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