wirtschaft und weiterbildung 10/2018 - page 44

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
10_2018
HRK-Weiterbildungsexperte. Das setzt na-
türlich auch voraus, dass die Teilnehmer
einen ähnlichen Bildungsstand haben.
An der TUM School of Management sei
ein abgeschlossenes Hochschulstudium
die Grundvoraussetzung, betont Kraus.
„Wir achten schon darauf, dass das Ge-
fälle nicht so groß ist“, unterstreicht auch
Kathrin Susann Becher, an der Professio-
nal School der Leuphana Universität Lü-
neburg zuständig für Zertifikate. „Unser
Ziel ist es, bei allen Zertifikaten die Mess-
latte recht hoch zu halten.“ An der Uni-
versität gibt es derzeit neun Zertifikate, je
drei Module aus dem Master in Kulturma-
nagement, dem Master in Umweltrecht
und dem Bachelor in Betriebswirtschaft.
Die Zertifikatskurse seien eigentlich
kleine Studiengänge aus Modulen der be-
stehenden Weiterbildungsstudiengänge,
so Becher. Sie umfassen mindestens ein
Semester. Besonders erfolgreich ist das
Zertifikat Innovationsmanagement, das
bereits zum sechsten Mal mit jeweils
rund 15 Teilnehmern läuft. Eine steigende
Nachfrage verzeichnet die Uni gerade bei
älteren Teilnehmern.
Ganz anders ist das bei der Spiegel Aka-
demie und der SRH Fernhochschule.
Für die Zertifikatskurse gibt es keinerlei
Voraussetzung. „Erforderlich sind Neu-
gierde, Innovationskraft und der Wille
zur Veränderung und zum Kompetenz­
erwerb“, heißt es in der Broschüre. The-
oretisch braucht man also nicht einmal
einen Schulabschluss. Doch wie lässt sich
da ein Kurs durchführen, der akademi-
schen Ansprüchen wenigstens einigerma-
ßen genügt? Rektor Ottmar Schneck, der
auch Geschäftsführer der SRH Hochschu-
len GmbH und bei der FIBAA-Akkreditie-
rungskommission ist, schweigt.
Dass Hochschulzertifikate nicht immer
unbedingt etwas mit Wissenschaft zu tun
haben, zeigt der Fall der Steinbeis Hoch-
schule Berlin. Dort konnten alle mögli-
chen Weiterbildungsanbieter Hochschul-
zertifikate vergeben. Alle Ausbildungs-
und Ernennungsstufen des DVNLP e. V.
könnten mit einem Hochschulzertifikat
der Steinbeis-Hochschule Berlin (SHB)
zusätzlich zertifiziert werden, heißt es
auf der Website des Deutschen Verbands
für Neuro-Linguistisches Programmieren
(DVNLP). Eine zentrale Leistung sei die
Berechtigung, im Titel den attraktiven Zu-
satz „SHB“ (Steinbeis-Hochschule Berlin)
zu führen. „Somit dokumentieren Sie die
universitäre Anerkennung der eigenen
NLP-Ausbildung auf Hochschulniveau.“
Universitäre Anerkennung von NLP? Das
Neurolinguistische Programmieren habe
mit Wissenschaft ungefähr so viel zu tun
wie „Captain Kirk mit Sir Isaak Newton“,
brachte es der Psychologieprofessor Uwe
Kanning einmal auf den Punkt. An der
Eilert Akademie kann man sogar „Mimik-
Analyst nach Eilert“ mit Steinbeis-Hoch-
schulzertifikat werden. Und an der GSA
University der German Speakers Associ-
ation (GSA) konnte man bis vor Kurzem
an neun Wochenenden alles lernen, was
man für sein „erfolgreiches Speaker-
Business“ braucht und bekam dafür „das
begehrte Zertifikat Professional Speaker
GSA (SHB) von der Steinbeis Hochschule
Berlin“.
Viel Spielraum bei den
ECTS-Punkten
Doch damit ist nun Schluss. Spätestens
zum 31. Dezember sollen alle „Hoch-
schulzertifikate“ aus dem Angebot der
Steinbeis Hochschule verschwunden sein
beziehungsweise sich in Abwicklung be-
finden, schreibt Professor Jürgen Abend-
schein, Geschäftsführer der Steinbeis
Hochschule Berlin. Nichtakademische
Weiterbildung wird künftig ausschließlich
außerhalb der Hochschule an der Stein-
beis Business Academy stattfinden.
Wer ein Zertifikat später auf einen Stu-
diengang anrechnen lassen möchte,
braucht ECTS-Punkte. ECTS steht für
„European Credit Transfer“ und soll die
Studienleistungen vergleichbar machen.
Die Leistungspunkte orientieren sich am
sogenannten Workload, also dem Umfang
des Lernens und dem damit verbundenen
Arbeitsaufwand. Dabei entspricht ein
ECTS-Leistungspunkt 25 bis 30 Arbeits-
stunden. Doch während die Vergabe der
ECTS-Punkte bei den Studiengängen klar
geregelt ist und auch bei der Akkreditie-
rung überprüft wird, gibt es bei den Zerti-
fikaten viel Spielraum.
Beispiel EBS Universität für Wirtschaft
und Recht, die seit 2016 ebenfalls zu den
SRH-Hochschulen gehört: Dort gibt es
ein „Kompakt“-Studium „Socially Res-
ponsible Investments“ mit Zertifikatsab-
schluss. „Die Studiendauer beträgt insge-
samt sieben Tage zuzüglich der Zeiten für
das Erbringen der Prüfungsleistungen“,
heißt es in der Broschüre. Ein Studientag
umfasst dabei zwischen acht und zehn
Stunden. Selbst wenn man dabei sieben
Tage à zehn Stunden ansetzt, kommt man
nur auf 70 Stunden. Dazu kommt eine
dreistündige schriftliche Prüfung. Doch
dafür bekommt man erstaunlicherweise
sechs ECTS-Leistungspunkte. Das wären
also mindestens 150 Stunden, also mehr
als das Doppelte. Die EBS rechtfertigt sich
mit Zeiten für die Vor- und Nachberei-
tung, Klausurvorbereitung sowie etwa-
ige Projektarbeit. Das lässt sich schwer
nachweisen, klingt allerdings nicht sehr
glaubwürdig.
Zum Vergleich: Der Kurs zum „Certified
Private Equity Analyst“ an der TUM
R
Frankfurt School of Finance & Management.
Hier werden insgesamt
46 Zertifikatskurse angeboten. Beliebt sind Kurse mit europäischer Ausrichtung.
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