Wirtschaft und Weiterbildung 7-8/2017 - page 54

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
07/08_2017
elle und zukünftige weltweite Entwick-
lung von Coaching auszutauschen und
zu diskutieren: Im Moment ist EMEA
(Europa, Middle East, Africa) die am
schnellsten wachsende Region. Doch was
mich am meisten überrascht hat: Tatsäch-
lich wächst die Coachingbranche gerade
in Afrika und Asien rasant. Und das ob-
wohl gerade im asiatischen Kulturkreis
Coaching lange Zeit mit der dortigen Vor-
stellung von Persönlichkeitsentwicklung
als nicht kompatibel galt.
Was folgt daraus für Sie und Ihre
Kollegen?
Tutschka:
Diese Entwicklung zeigt zwei-
erlei: Zum einen erfahren auch der asi-
atische und der afrikanische Kulturkreis
mit der Globalisierung der Wirtschaft
eine Öffnung zur westlichen Welt. Und
gleichzeitig ist Coaching als Methode
flexibel genug, um kulturelle Besonder-
heiten integrieren zu können. Zum ande-
ren erkennen wir, dass Coaching immer
dort nachgefragt wird und sich etabliert,
wo wirtschaftliches Wachstum und Fort-
schritt stattfinden und Menschen unbe-
kanntes Terrain betreten müssen. Coa-
ching ist dann das Mittel ihrer Wahl, weil
es so universell wie individuell ist.
Wie hat sich Coaching aus Ihrer Sicht in
den letzten Jahren weiterentwickelt?
Tutschka:
Heute erleben wir, dass immer
öfter ganze Unternehmen und Organisa-
tionen den Wert einer sogenannten Coa-
chingkultur entdecken. Sie bauen interne
Coachingpools auf und setzen dabei auf
eine enge Zusammenarbeit mit einem in-
ternational arbeitenden, professionellen
Berufsverband. Warum? Weil die von der
ICF entwickelten Qualitätsstandards für
professionelles Coaching, die sich an den
Kernkompetenzen und Ethikrichtlinien
orientieren, schon sehr früh international
einheitliche Maßstäbe für Coaching setz-
ten.
Vor Kurzem hat in einem Interview mit
der Tageszeitung „Die Welt“ der
Welches Potenzial steckt im Coaching?
Dr. Geertje Tutschka:
Ausgehend von den
Vereinigten Staaten, in denen maßgebli-
che Coachingtechniken und -methoden
in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun-
derts entwickelt worden sind, hat sich
Coaching gerade in den letzten beiden
Jahrzehnten auch in Europa und hier
maßgeblich in Großbritannien, Frank-
reich, aber auch im deutschsprachigen
Raum etabliert. Mit „etabliert“ meine ich,
dass sich sowohl ein gesellschaftliches
Bewusstsein, aber auch ein Bedürfnis
nach qualifizierter Begleitung und Unter-
stützung in einer sich ständig und immer
schneller verändernden Welt entwickelt
hat. Das ist nicht nur im Coaching Busi-
ness durch den stetigen Anstieg gebuch-
ter Coachingstunden zu sehen wie die
Middendorf-Studie nachweist, sondern
auch in wachsenden Mitgliederzahlen um
jährlich zehn Prozent weltweit für unse-
ren Verband, der Vielzahl an veröffent-
lichten Büchern gerade auch zum Thema
Resilienz im Hinblick auf die VUCA-Welt
und natürlich der Nachfrage nach Veran-
staltungen zum Thema Coaching.
Wie spiegeln sich diese Trends in der
Entwicklung Ihres Verbands wider?
Tutschka:
Diese Entwicklung hat sich
nahezu parallel auch in unserem Berufs-
verband abgebildet. So ist beispielsweise
der ICF Deutschland e.V. als ICF Chapter
Germany vor 15 Jahren, nämlich 2002,
gegründet worden, also genau in dieser
Zeit. Gerade fand unser „Global Leaders
Forum“ in Warschau statt, bei dem sich
203 Chapter Leader aus 56 Staaten ver-
sammelt hatten, um sich über die aktu-
„Es gab ganz entscheidende
Entwicklungen“
INTERVIEW.
In den vergangenen Jahren hat sich die Coachingbranche unter Leitung des
„Round Table der Coachingverbände“ auf einheitliche Qualitätskriterien für professionelle
Coachs geeinigt, freut sich Geertje Tutschka. Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt sei
hier etwas sehr Bedeutendes entstanden. Tutschka ist seit rund einem halben Jahr die
neue Präsidentin des deutschen Chapters der „International Coach Federation“ (ICF).
Dr. Geertje Tutschka.
Die Juristin arbeitet
auch als zertifizierter
Business-Coach und
ist seit Kurzem die
neue Präsidentin des
deutschen Ablegers
der „International
Coach Federation“.
Foto: ICF Deutschland
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