grundls grundgesetz
Boris Grundl
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wirtschaft + weiterbildung
07/08_2017
Seit 20 Jahren frage ich intensiv nach dem Wesen
menschlicher Entwicklung. Seit vier Jahren verdich-
ten sich meine Erfahrungen und geistigen Anstren-
gungen auf das Wort: Verantwortung.
Natürlich müssen wir alle ein gesundes Maß an
Verantwortung und Selbstverantwortung entwi-
ckeln. Das ist der Preis der Freiheit. Ein Grundpfeiler
unserer Demokratie. Doch wer sich dabei zu viel
aufbürdet, wird durch sein Umfeld erdrückt. Verant-
wortungswille unterliegt Verantwortungsfähigkeit.
Und wer gar zu wenig trägt, muss bald den Befehlen
anderer folgen und mutiert durch Frust dann oft
zum Beschwerdeweltmeister. Verantwortungswille
unterliegt Verantwortungsbereitschaft. Spannend,
nicht wahr?
Verantwortung wird je nach Blickwinkel unterschied-
lich betrachtet. Die Philosophen fragen: Welche
Bedingungen verpflichten und befähigen zur Ver-
antwortung? Die Psychologie erforscht den freien
Willen und nennt diesen „Handlungskontrolle“. Sie
interessiert das richtige Verhalten und die Grund-
lagen der Wahl. Doch Theorien machen nur dann
Sinn, wenn sie in der Praxis hilfreich sind. Mich
fasziniert, was Menschen daraus machen. Die Über-
nahme von Verantwortung kann aktiv oder passiv
erfolgen. Einer geht aktiv auf sie zu, trägt sie und
liefert Ergebnisse. Hier ist der Begriff „Verantwor-
tung“ positiv besetzt.
Ein anderer bleibt passiv, bis er aufgefordert wird.
„Ich will!“ versus „Ich muss!“. Meist wird hier das
Wort Verantwortung mit Schuld ersetzt. So prägen
Menschen in Unternehmen eine Kultur im Umgang
mit Verantwortung. Von oben nach unten. Oft unbe-
wusst. Natürlich gibt es Mischformen. Bei Men-
schen und Unternehmen. Wenn die Gesellschaft
ein Motor ist, so ist die Wirtschaft ihr Getriebe, Ver-
antwortung der Treibstoff und Vertrauen das Getrie-
beöl. Das hat unsere Leadership-Akademie dazu
bewogen, den Verantwortungsindex ins Leben zu
rufen. Das Ziel: „Lust auf Verantwortung“ machen.
Diese repräsentative Erhebung soll regelmäßig
den aktuellen gesellschaftlichen Stand
zum Thema wissenschaftlich messen und
abbilden.
Ein paar Appetithappen? Hätten Sie
gedacht, dass Menschen die Verantwor-
tung anderer um 15 Prozent klarer erken-
nen als die eigene? Leicht verfallen wir deshalb in
eine Überlegenheitsillusion. Im Bereich Führung
wird es dramatisch: Viele Menschen legen höhere
Verantwortungsmaßstäbe an Führungskräfte an als
an sich selbst. Das ist definitiv ist ein Akt der Selbst-
entmächtigung. Sensationell in meinen Augen ist
die Erkenntnis, dass Führungskräfte Verantwortung
durchschnittlich nicht besser sehen und ausfüllen
als andere Menschen. Offenbar steht das Thema
bei der Qualifizierung und Auswahl von Führungs-
kräften nicht im Vordergrund. Das wirft die Frage
nach der Betrachtung von Verantwortungsbewusst-
sein in Auswahlverfahren auf.
Ein Diagnoseinstrument zur Messung der allgemei-
nen Verantwortung (Focus Verantwortung) und der
Führungsverantwortung (Leadership Excellence
Report) haben wir bereits entwickelt, getestet und
zur Marktreife gebracht. Einen kostenfreien Selbst-
test mit Schnellauswertung im Vergleich zum Durch-
schnitt der Bevölkerung finden Sie ab Ende Juni
auf
ssen Sie uns
gemeinsam die Verantwortungsqualität in Organisa-
tionen auf ein höheres Level bringen.
Paragraf 57
Betrachte
Verantwortung als
Lebensaufgabe
Boris Grundl ist Managementtrainer und Inhaber der Grundl Leadership Akademie, die Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden.
Grundl gilt bei Managern und Medien als „der Menschenentwickler“ (Süddeutsche Zeitung). Sein letztes Buch heißt: „Mach mich glücklich. Wie Sie das bekom-
men, was jeder haben will“ (Econ Verlag 2014, 246 Seiten, 18 Euro). Boris Grundl beweist, wie leicht und schnell das Verschieben von Verantwortung in eine
zerstörerische Sackgasse führt und die persönliche Weiterentwicklung und damit Glück verhindert.
Viele Berufstätige legen höhere
Verantwortungsmaßstäbe an ihre
Führungskräfte an als an sich selbst.
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