Wirtschaft und Weiterbildung 7-8/2017 - page 49

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wirtschaft + weiterbildung
07/08_2017
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che weiteren Optionen es für ihn gibt. Ein
Kontrakt über drei halbtägige Sitzungen
wird geschlossen. In der ersten Sitzung
geht es um eine umfassende berufliche
Standortbestimmung. Als Einstieg nutzt
die Beraterin das Leitfadeninterview zur
Werteklärung:
Frage:
„Was ist für Sie das Wichtigste
im Berufsleben?“ Antwort: „Meine Ar-
beit als Ingenieur ist mir wichtig. Ich
muss entdecken, entwickeln, etwas zur
Reife bringen können.“
Frage:
„Welche zentralen Werte leiten
Sie?“ Antwort: „Perfektion in der Arbeit
und ich will auf dem Stand der Ent-
wicklung in meinem Fach sein.“
Frage:
„Was ist für Sie ‚richtige’, pro-
duktive, sinnvolle Arbeit? Wann sind
Sie bei der Arbeit ganz im Einklang mit
sich selbst?“ Antwort: „Wenn ich allein
oder mit anderen zusammen innova-
tive Produkte entwickele, neue Lösun-
gen finde, wenn ich so arbeiten kann
wie damals in der Forschung und Ent-
wicklung und wenn die Arbeit einen
sinnvollen Zweck erfüllt - zum Beispiel
Energie sparen, die Umwelt schonen.“
Frage:
„Welche Arbeit ist nicht sinnvoll
und produktiv und erzeugt bei Ihnen
Langeweile, Unwillen oder andere ne-
gative Gefühle?“ Antwort: „Ständige
Meetings, Telefonkonferenzen. In der
Firma etwas durchsetzen müssen. Mit-
arbeiter führen, die keine Freude an der
Arbeit haben.“
Frage:
„Ihre momentane Situation:
Wie ist das prozentuale Verhältnis zwi-
schen sinnvoller, befriedigender und
nicht sinnvoller, unbefriedigender Ar-
beit? Was überwiegt?“ Antwort: „Die
nicht sinnvolle überwiegt. Ich komme
abends nach Hause und weiß nicht,
was ich geschafft habe.“
Frage:
„Wann möchten Sie am liebsten
kündigen?“ Antwort: „Jetzt. Ich halte
das nicht mehr lange aus, ich fühle
mich getrieben und sehe den Sinn nicht
mehr.“
Frage:
„Haben Sie selbst schon mal ge-
kündigt und warum?“ Antwort: „Nein,
ich bin nach dem Studium zu dieser
Firma gekommen, sie hat mir immer
gute Entwicklungsmöglichkeiten gege-
ben, dafür bin ich dankbar.“
Frage:
„Wie und womit kann man Sie
belohnen? Mit mehr Geld, mehr Au-
tonomie, mit Aufstieg, mit mehr Si-
cherheit oder mit anderem?“ Antwort:
„Man kann mich belohnen, wenn man
mir eine spannende neue Aufgabe
gibt, wo ich mein ganzes Know-how
einbringen kann, wo es um was geht,
um ein Problem, das noch keiner ge-
löst hat. Und dann mich machen lassen
und mir alles vom Leib halten.“
Frage:
„Wessen Lob und Wertschät-
zung ist Ihnen wichtig?“ Antwort: „Die
Anerkennung meiner Fachkollegen, die
am selben Problem arbeiten, ist mir
wichtig.“
Frage:
„Wie sollte Ihr Chef Sie führen?
Wie nicht?“ Antwort: „Wie ich es eben
beschrieben habe, lange Leine.“
Frage:
„Ihre momentane Situation: Zu
wie viel Prozent entspricht der Füh-
rungsstil Ihres Chefs Ihrem Ideal?“
Antwort: „Eigentlich kaum, wir reden
immer nur über Finanzen, dass alles zu
viel kostet, was meine Leute machen.
Das war mal anders.“
Frage:
„Wann sind Ihr Arbeitsleben
und Ihr Privatleben in einer für Sie
guten Balance?“ Antwort: „Ich bin zu
viel in der Firma, das ist nicht mehr in
der Balance. Meine Familie hält zu mir
und stützt mich. Aber ich will wieder
mehr Zeit für sie und auch für Freizeit-
beschäftigungen haben.“
Frage:
„Wenn Sie sich Ihre Antwor-
ten anschauen und vergegenwärtigen:
Können Sie Ihre Bedürfnisse, Wünsche,
Ideale und Werte an Ihrem derzeitigen
Arbeitsplatz verwirklichen, überwie-
gend verwirklichen oder müssen Sie
eine Negativbilanz ziehen?“ Antwort:
„Leider eher eine Negativbilanz, so
kann es nicht weitergehen, deshalb bin
ich ja hier. Aber das hilft schon mal,
so klar zu sehen, dass ich meine Werte
nicht mehr leben kann.“
Der nächste Schritt besteht in einer um-
fassenden und strukturierten Erhebung
des Ist-Zustands. In der Beratungspraxis
nutzt man das „Triadische Modell“ zur
systematischen Erhebung des Ist-Zu-
stands der Karriere, zur Ordnung der The-
men, zur Präzisierung der Fragestellung,
zur Analyse der Prämierungen und zur
Herausarbeitung der Zukunftsoptionen.
„Prämierung“ ist ein Fachbegriff aus dem
Definition.
Die Idee der Prämierung, die ein Teil der „Triadi-
schen Karriereberatung“ ist, gilt als ein wichtiges Element
des „Neuen Triadischen Denkens“ nach Professor Michael
Giesecke.
Prämierung meint nicht Priorisierung, sondern die Bevor-
zugung eines Faktors auf Kosten der anderen. Prämierun-
gen kann man nur bei einer begrenzten Anzahl von Fakto-
ren vornehmen. Hinter diesem Denken steht das aus der
Ökologie kommende Axiom der begrenzten Ressourcen.
Didaktisch vermittelt man diese Idee so, dass man ein End-
losseil in drei Schlaufen auf den Boden legt und einen Teil-
nehmer bittet, nacheinander in die Schlaufen zu treten, die
bestimmte Faktoren darstellen. Man bittet nun den Kun-
den, die Bedeutung seiner Faktoren durch die Größe der
Schlaufen auf dem Fußboden zu markieren und dies auch
ausführlich zu begründen. Sobald ein Kunde anfängt, eine
Schlaufe zu vergrößern, wird eine andere Schlaufe (oder
auch die beiden anderen Schlaufen) kleiner. Folgt man dem
Axiom der begrenzten Ressourcen, wird auf diese Weise
eindrücklich und leicht nachvollziehbar sichtbar, dass Prä-
mierungen immer auf Kosten eines anderen Faktors gehen.
Was ist „Prämierung“?
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