wirtschaft und weiterbildung 3/2017 - page 20

titelthema
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wirtschaft + weiterbildung
03_2017
den diese Schlacht nach sich zöge. Ein­
mal überwältigt worden zu sein, bewirkt
beim Narzissten keine Besserung.
Auch Sven Grüttefien aus Varel rät von
Machtkämpfen ab. Auf seiner informa­
kann fast jedem das Wort im Munde ver­
drehen, so dass keiner mehr schwarz von
weiß unterscheiden kann.“ Narzissten
gelänge es durch ihre Gesprächsprak­
tiken, den Gesprächspartner völlig zu ver­
wirren. Nachdem der gesunde Menschen­
verstand außer Kraft gesetzt worden sei,
glaube der Angreifer oft, er müsse anstatt
des Narzissten in psychologische Behand­
lung gehen. Machtkämpfe mit Narzissten
müssen „von oben“ geführt werden -
zum Beispiel indem der Aufsichtsrat den
Vorstand wegen Verschwendung oder
Fehlinvestitionen zur Rechenschaft zieht.
2.
Mit Lob und Beachtung füttern
Wenn man einem Narzissten nicht das
gibt, was er am nötigsten braucht, dann
wird man es als sein Mitarbeiter mit
ihm niemals lange aushalten können.
Der Narzisst will beachtet werden und
braucht die Bewunderung. „Sie müssen
ihm seine Nahrung geben“, empfiehlt
Sven Grüttefien. „Ein schlauer Mensch,
der die Wesensart des Narzissten durch­
schaut hat, weiß, dass er manchmal die­
nen muss, um zu führen“. „Man kann
sehr viel von einem Narzissten bekom­
men, wenn man ihm einfach zuhört“, hat
Dr. Christian Mayer beobachtet. Sein Rat:
Der Mitarbeiter sollte das Gehörte wohl­
wollend zurückspiegeln, die Erfolge des
Narzissten herausstellen, ihn bewundern
und ihm zu verstehen geben, wie wohl
er sich in „seinem“ Unternehmen fühle,
wieviel er bereits von „seinem“ Know-
how profitiert habe. „Diese Phase muss
durchlaufen werden. Erst wenn sich mein
Gegenüber wertgeschätzt fühlt, kann ich
als Angestellter mein Anliegen vorbrin­
gen“, so Mayer. Viele fänden leider die
Arroganz des Narzissten lächerlich und
reagierten (zumindest nonverbal) ab­
schätzig darauf. Viel besser sei es, wenn
man etwas an dem Narzissten fände, was
echte Wertschätzung verdiene.
Dr. Mayer macht allerdings auch auf eine
Vorbedingung aufmerksam: „Man kann
besonders gut mit Narzissten umgehen,
wenn man sich der eigenen Kränkbarkeit
und der eigenen Wünsche nach Anerken­
nung und Bewunderung kritisch bewusst
ist. Dann kann man dem Narzissten seine
Art lassen, konkurriert nicht mit ihm und
wertet ihn nicht vorschnell ab.“ Es hilft
also, wenn man die Ursachen der nar­
zisstischen Persönlichkeitsstörung ver­
steht. Dann sieht man nicht mehr eine
unangreifbare Person vor sich, sondern
ein kleines Kind, das aus Mangel an Liebe
nach Aufmerksamkeit schreit.
3.
Keine Abhängigkeit zulassen
Jeder, der für einen Narzissten arbeitet,
sollte etwas für seine eigene emotionale
Stabilität (Resilienz) tun. Dazu sollte
man regelmäßigen Kontakt zu anderen
Menschen pflegen, die einem echte An­
teilnahme, Vertrauen und Verständnis
schenken. Das Gefühl, von anderen an­
genommen und für wertvoll gehalten zu
werden, ist besonders wichtig, weil Ge­
spräche mit Narzissten früher oder spä­
ter zu einer Schwächung des Selbstwert­
gefühls führen. Noch ein Tipp von Sven
Grüttefien: Da der Narzisst gut Druck
aufbauen kann, sollte man seinen For­
derungen nie sofort nachgeben. Es macht
Sinn, bei Entscheidungen auf einer Be­
denkzeit zu bestehen.
„Narzissten haben auch gute Seiten“,
sagt der Psychoanalytiker Rolf Haubl,
stellvertretender Leiter des Sigmund-
Freud-Instituts. „Sie treten für Visionen
ein und reißen andere mit.“ Entschei­
dend sei, den Narzissten rechtzeitig wie­
der loszuwerden! Haubl: „Es gibt einen
relativ zynischen Spruch: Wir können
am Anfang einer Krise einen Narzissten
gut gebrauchen, weil er attraktive Bilder
von der Zukunft in die Welt setzt, hinter
denen sich alle wiederfinden.“
Aber leider ist der Narzisst unfähig, Kritik
anzunehmen. Alles Problematische wird
von ihm bagatellisiert und ignoriert. Bald
umgibt er sich nur noch mit einer Clique
von Ja-Sagern. Unter solchen Umständen
ist ein Scheitern des Chefs (Rausschmiss
durch die Anteilseigner) und die Pleite
des gesamten Unternehmens nie auszu­
schließen. In der „Zusammenarbeit mit
einem Narzissten sollte deshalb ein Not­
ausgang (zum Beispiel in Form eines Ar­
beitgeberwechsels) immer offen bleiben“,
rät Berschneider.
Martin Pichler
R
Foto: Keith Beaty/ZUMA Press/Corbis
Manfred Kets de Vries.
Narzissten
können hohen Schaden anrichten.
Kevin Dutton.
Der Oxford-Professor warnt: Trotz fehlender Empathie
beherrschen Narzissten alle zwischenmenschlichen Manipulationstechniken.
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