wirtschaft + weiterbildung
11/12_2015
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mer zwölf lautet zum Beispiel: „Wer Spaß bei der Arbeit hat,
ist motivierter“. Die wichtigste Voraussetzung für langfristige
Motivation sei dagegen Erfolg, behauptet der Autor. Und der
sei nun einmal meist nicht mit Spaß, sondern mit Anstrengung
verbunden. Seine Motivation behalte man letztlich nur, weil
man etwas gut mache und nicht, weil man es „nur“ gern tue.
Lüge Nummer vier heißt: „Selbstbewusstsein ist Vorausset-
zung für Erfolg“. Aber das Märchen vom geborenen Siegertyp
führe in die Irre. Neun von zehn Athleten sind laut Kirchner
unsichere Menschen, die mit sich sehr unzufrieden sind. Des-
halb trainierten sie mehr als andere und siegten. Alles nur, um
andere „wenigstens“ mit Leistung zu überzeugen.
Lüge Nummer zwei klingt so: „Man kann sich nur selbst mo-
tivieren“. Kirchner glaubt, dass Menschen sehr gut auch von
außen motiviert werden könnten, wenn die extrinsische Mo-
tivation auf die Persönlichkeit abgestimmt sei. Extrinsische
Motivatoren sollten selten, überraschend und persönlichkeits-
bezogen sein. Lüge Nummer zehn wird wohl in der Weiterbil-
dungsszene am schärfsten kontrovers diskutiert werden. Sie
lautet: „Geld motiviert nicht“. Der Autor vertritt die Ansicht,
dass eine finanzielle Belohnung die Motivation durchaus po-
sitiv beeinflussen könne. Hirnforscher wüssten: Sobald mone-
täre Belohnungen versprochen würden, arbeite unser Gehirn
schneller. Was Geld so attraktiv mache: Mit Geld ließen sich
viele emotionale Grundbedürfnisse einfacher befriedigen. Mit
seinem Buch über „Motivationslügen“ könnte sich Kirchner
in der Szene der Managementberater als der „Anti-Sprenger“
positionieren. Er will es aber offenbar nicht, weil er den „Kolle-
gen“ Sprenger grundsätzlich schätzt (wie er schreibt) und weil
er wahrscheinlich weiß, dass gegen jemanden zu sein in der
Weiterbildungsszene nicht besonders honoriert wird.
Der „Anti-Sprenger“?
Gleichwohl ist Kirchner der Ansicht, dass einige Aussagen von
Sprenger „größtenteils schlicht und einfach falsch“ seien. Der
Berater Reinhard K. Sprenger behauptete in seinem legendären
Buch „Mythos Motivation“, das 1991 erschien, dass alles Mo-
tivieren Demotivieren sei. Alle Anreizsysteme und extrinsische
Motivierungsmaßnahmen würden nur die Eigenverantwortung
von Menschen zerstören. Der Mensch gelange ausschließlich
durch Selbstentfaltung zu mehr Leistung.
Kirchner geht im Gegensatz dazu (wie einige Verhaltensbiolo-
gen auch) davon aus, dass ein Mensch immer wieder danach
strebe, seine Bedürfnisse auf einem bestimmten Niveau zu be-
friedigen. Beim Bedürfnis „Anerkennung“ brauche er dazu nun
einmal unbedingt andere Menschen, die zum Beispiel regelmä-
ßig in einem bestimmten Umfang Lob oder Applaus spendeten.
„Motivierung von außen ist zusätzlich zur Selbstmotivation
sinnvoll“, schreibt Kirchner in seinem Buch. Extrinsische Moti-
vation dürfe nur nicht „überstrapaziert“ werden.
Martin Pichler
Fotos: www.steffenkirchner.de
Leistungsfreude.
Egal ob Handball oder Turnen (Foto unten mit
Thomas Taranu), Kirchner zeigt Wege zu mehr Leistung auf.